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Die Graefin Charny

Die Graefin Charny

Titel: Die Graefin Charny Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandre Dumas
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Augenblick verlorene Energie zurück, und das Zimmer war schnell geräumt.
    In diesem Augenblick erschien der Herzog von Choiseul, er hatte einige in ein blutiges Tuch gewickelte Papiere und übergab sie Charny, der ahnte, daß sie von seinem Bruder waren. Doch jetzt war keine Zeit.
    Charny entwickelte einen neuen und letzten Plan zur Rettung, der die Zustimmung aller Beteiligten fand, aber von dem Eintreffen des Marquis von Bouillé abhängig gemacht werden mußte. Er wandte, sich noch einmal zur Königin.
    »Madame,« sagte er, »in einer Stunde sind Eure Majestät frei, oder ich bin tot.«
    Als er eben das Zimmer verlassen wollte, ging die Tür auf und eine neue Person erschien; es war ein Mann von vierzig bis zweiundvierzig Jahren, ernst und düster von Angesicht. Er trug im Gürtel ein Paar Pistolen, an seiner Seite hing ein Säbel.
    Atemlos stürzte er ins Zimmer und schien sich erst zu beruhigen, als er den König und die Königin erkannte. Ein Lächeln befriedigter Rache spielte um seinen Mund. Er streckte die Hand aus und sagte:
    »Im Namen der Nationalversammlung verhafte ich Sie alle! Sie sind meine Gefangenen!«
    Der Herzog von Choiseul zog schnell eine Pistole hervor und trat heran, um den Verwegenen niederzuschießen. Aber die Königin kam ihm zuvor; sie faßte schnell seinen Arm und sagte leise zu ihm:
    »Sie stützen uns ins Verderben, Herr von Choiseul ... der Marquis von Bouillé kann nicht mehr weit von hier sein.«
    »Sie haben recht«, antwortete der Herzog und steckte seine Pistole wieder in die Brusttasche.
    Die Königin warf einen Blick auf den Grafen von Charny; er hatte sich, wahrscheinlich, um nicht bemerkt zu werden, in den dunkelsten Winkel des Zimmers zurückgezogen.
    Doch die Königin kannte den Grafen: sie wußte wohl, daß er im entscheidenden Augenblick aus diesem Dunkel heraustreten werde.
     

31. Kapitel
     
    Die Worte: »Sie sind meine Gefangenen« hatten den König aus seiner Erstarrung geweckt.
    »Gefangene ... im Namen der Nationalversammlung! Was wollen Sie damit sagen?«
    »Es ist sehr leicht, zu verstehen«, antwortete der Fremde. »Sie hatten geschworen, Frankreich nicht zu verlassen, und dennoch sind Sie in der Nacht entflohen, Sie sind zum Verräter geworden an Ihrem Wort, an der Nation, an dem französischen Volke!«
    Die Hand Charnys, der hinter dem Herzog stand, berührte den Arm der Königin. Marie Antoinette sah sich um.
    »Lassen Sie den Mann gewähren,« sagte der Graf leise, »er hat es mit mir zu tun.«
    Der König sah den ernsten, düsteren Mann, der im Namen der Nation eine so nachdrückliche Sprache führte, mit Erstaunen an.
    »Was wollen Sie von mir?« sagte er; »reden Sie.«
    »Sire, ich will, daß Sie nicht weiterreisen.«
    »Sie kommen wahrscheinlich mit Tausenden von Bewaffneten, um sich meiner Weiterreise zu widersetzen?« sagte der König.
    »Nein, Sire, ich bin allein, oder vielmehr wir sind nur zwei: der Adjutant des Generals Lafayette und ich, ein schlichter Landmann. Aber die Nationalversammlung hat einen Beschluß gefaßt.
    »Zeigen Sie den Beschluß«, sagte der König.
    »Ich habe ihn nicht, er ist meinem Begleiter übergeben worden.«
    »Wo ist Ihr Begleiter?« fragte der König.
    »Dort, hinter mir«, war die Antwort.
    Es war Romeuf, Lafayettes Adjutant.
    Marie Antoinette war sehr schmerzlich überrascht, als sie ihn bemerkte. »Sie sind's, Herr von Romeuf!« rief sie mit Wehmut. »Das hätte ich nie geglaubt!«
    Romeuf trat langsam, mit gesenkten Blicken, vor; er hielt das Papier in der Hand.
    Als der König es gelesen hatte, sagte er:
    »Es gibt keinen König von Frankreich mehr!«
    Bei diesen Worten des Königs sah ihn Marie Antoinette fragend an.
    »Lesen Sie, Madame,« sagte er entrüstet, »was die Nationalversammlung für einen Aufruf erlassen hat.«
    »Wer hat es gewagt, ein solches Dekret zu unterzeichnen?« rief die Königin.
    »Ein Edelmann,« antwortete der König, »der Marquis von Beauharnais!«
    Die Königin las das Schriftstück mit dem Ausdruck der tiefsten Entrüstung.
    Sie vermochte sich nicht länger zu halten, stürzte auf das Bett zu, ergriff das Papier, zerknitterte es in ihrer bebenden Hand und warf es weg.
    »Nein, Sire,« sagte sie, »ich will nicht, daß dieses Papier meine Kinder besudele!«
    Im Nebenzimmer entstand ein ungeheurer Lärm. Der Adjutant Lafayettes stieß einen Schrei aus; sein Begleiter rief wütend in den Tumult hinein:
    »Ha! man beschimpft die Nationalversammlung! man beschimpft die Nation, das

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