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Die Graefin Charny

Die Graefin Charny

Titel: Die Graefin Charny Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandre Dumas
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wenigen Getreuen in den Wagen. Die beiden Leibgardisten nahmen ihre Plätze auf dem Bock wieder ein. Der Herzog von Choiseul schloß die Wagentür.
    »Meine Herren,« sagte der König, »ich befehle ausdrücklich, daß man mich nach Montmédy führe ...«
    Aber eine einzige, gewaltige Stimme rief:
    »Nach Paris! nach Paris!«
    Tiefe Stille folgte. Billot zeigte mit dem Säbel die Richtung an, in der die Postillione fahren sollten. »Die Straße nach Clermont!« sagte er mit gebieterischem Tone. Die Postknechte gehorchten, der Wagen rollte davon. »Ich nehme Sie alle zu Zeugen, daß man mir Gewalt antut!« sagte Ludwig XVI.
    Der unglückliche König, durch diese bei ihm ganz ungewöhnliche Anstrengung der Willenskraft erschöpft, sank auf den Sitz zurück. – Er saß zwischen der Königin und Madame Elisabeth.
    Kaum hatte der Wagen, der in dem Gedränge nur langsam fahren konnte, einige hundert Schritte zurückgelegt, so hörte man lautes Geschrei und Getümmel.
    Die Königin steckte sogleich den Kopf zum Wagen hinaus; aber sie fuhr entsetzt zurück und hielt die Hand auf die Augen.
    »Wehe uns!« sagte sie. »Der Herzog von Choiseul wird ermordet!«
    Der König fuhr auf, aber die Königin und Madame Elisabeth hielten ihn zurück.
    Das Volk hatte den Herzog erkannt und gerufen:
    »Das ist der Graf von Choiseul, einer von denen, die den König entführen wollten ... Nieder mit dem Aristokraten! nieder mit dem Verräter!«
    Choiseul wurde vom Pferde gerissen und verschwand in dem furchtbaren Abgrunde, den man die Menge nennt, und den in jener Zeit der wütenden Leidenschaften kein Mensch lebend verließ.
    Aber während er stürzte, eilten ihm fünf Personen zu Hilfe, darunter Romeuf. Es entstand ein furchtbares Handgemenge; trotzdem wurde der Herzog nur leicht verletzt; ein Gendarm fing mit seinem Gewehrlauf einen Sensenhieb auf; James Brisack wehrte mit einem Stock, den er einem der Angreifer entrissen hatte, einen gegen das Haupt seines Herrn gerichteten Säbelhieb ab.
    Romeuf trat nun vor. »Ich bin hier im Auftrage der Nationalversammlung und des Generals Lafayette«, rief er dem Volke zu. »Jedermann hat meinen Anordnungen Folge zu leisten ...« Man führe diese Herren auf das Rathaus!«
    »Auf das Rathaus! auf das Rathaus!« riefen viele Stimmen.
    Der Herzog von Choiseul und seine Begleiter wurden in das Gemeindehaus gedrängt. Ein einziger Gemeindebeamter war da. Um sich der auf ihm lastenden Verantwortung zu entledigen, befahl er, den Herzog von Choiseul, den Grafen von Damas und Herrn von Floirac ins Gefängnis zu bringen und von der Nationalgarde bewachen zu lassen. Romeuf erklärte, daß er den Herzog nicht verlassen wolle. Der Beamte ließ daher Herrn von Romeuf mit den übrigen in den Kerker abführen.
    Choiseul gab seinem Diener einen Wink. James, der zu unbedeutend war, um beachtet zu werden, machte sich aus dem Staube. Seine erste Sorge war, sich nach den Pferden zu erkundigen. Er erfuhr, daß die Pferde in einem Gasthofe von mehreren Bürgersoldaten bewacht wurden.
    Choiseul wurde allerdings von der Stadtmiliz bewacht, aber man hatte vergessen, Schildwachen vor die Kellerlöcher des Kerkers zu stellen, und das Volk schoß von draußen herein.
    Diese mißliche Lage dauerte vierundzwanzig Stunden.
    Endlich, am 23. Juni, als die Nationalgarde von Verdun eingetroffen war, gelang es den Bemühungen Romeufs, daß ihr die Gefangenen übergeben wurden, und er verließ die letzteren erst, nachdem er den Offizieren das Ehrenwort abgenommen, sie in Schutz zu nehmen.
    Der Leichnam des armen Isidor von Charny war in das Haus eines Leinenwebers geschleppt worden, wo ihn fremde Hände bestatteten
     

32. Kapitel
     
    Inzwischen setzte die königliche Familie ihren Schmerzensweg nach Paris fort.
    Die Reise ging langsam vonstatten, denn die Pferde mußten mit der Eskorte gleichen Schritt halten, und diese bestand zwar größtenteils aus Männern mit Gewehren, Heugabeln, Sensen, Säbeln, Piken und Dreschflegeln, aber es fehlte auch keineswegs an Weibern und Kindern. Die Weiber hoben ihre Kinder hoch auf, um ihnen den König zu zeigen, der mit Gewalt nach seiner Hauptstadt zurückgebracht wurde.
    Man kam nach Clermont, ohne daß sich die fürchterliche Geleitschar verminderte. Unter den Gefangenen waren zwei den Drohungen und Angriffen ganz besonders ausgesetzt: dies waren die beiden unglücklichen Leibgardisten, die auf dem breiten Bocke des Reisewagens saßen. Die königliche Familie war laut Befehl der

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