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Die Graefin Charny

Die Graefin Charny

Titel: Die Graefin Charny Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandre Dumas
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wußte, mit wem er es zu tun hatte und was vorgefallen war, wollte sich vor allem über die Lage unterrichten. Plötzlich glaubte er mitten in der Dunkelheit eine kleine Reiterschar ausrücken zu sehen, und zugleich hörte er »Wer da?« rufen.
    »Frankreich!« antwortete eine Stimme.
    »Welches Regiment?«
    »Monsieur-Dragoner.«
    »Gut!« sagte Choiseul zu dem Unteroffizier, der neben ihm hielt, »da ist der Graf von Damas mit seinen Dragonern!«
    Und ohne länger zu warten, entledigte er sich zweier Leute, die ihm in den Zügel gefallen waren und sprengte mit seinen Leuten in die erleuchteten und von Menschen wimmelnden Straßen. Vor dem Hause des Gemeindevorstehers bemerkte er den Wagen des Königs und eine starke Wache.
    Um seine Truppe mit den Einwohnern nicht in Berührung zu bringen, wandte er sich zu der Husarenkaserne, deren Lage er kannte. Die Kaserne war leer; er ließ seine vierzig Husaren einrücken. Mannschaft und Pferde waren todmüde. Choiseul ließ ihnen keine Zeit; er befahl ihnen, mit gezogenem Säbel auszurücken, und eilte in starkem Trab zu dem Hause, wo er vermutete, daß der König gefangengehalten werde.
    Ohne sich um die Schmähungen der Nationalgardisten zu kümmern, stellte er an der Tür eine Wache auf. Als er eben in die Tür treten wollte, empfing der König eine von Sausse geführte Deputation der Gemeinde, deren Sprecher sagte:
    »Da die Einwohner von Varennes nicht mehr zweifeln können, daß sie das Glück haben, den König in ihrer Mitte zu besitzen, so wünschen sie seine Befehle in Empfang zu nehmen.«
    »Meine Befehle?« antwortete der König. »Dann lassen Sie meinen Wagen bereithalten, damit ich abreisen kann.«
    Die Gemeindedeputation war im Begriff, diese Frage zu beantworten, als man die Husaren Choiseuls heransprengen hörte. Man sah durch das Fenster, wie sie sich mit gezogenem Säbel auf dem Platze aufstellten.
    Die Königin konnte ihre freudige Überraschung nicht verbergen.
    »Wir sind gerettet!« flüsterte sie Madame Elisabeth ins Ohr.
    In diesem Augenblick entstand in dem bewachten Vorzimmer ein großer Lärm. Der Herzog von Choiseul erschien ohne Hut mit entblößtem Degen in der Tür. Hinter ihm sah man das blasse, aber entschlossene Gesicht des Grafen von Damas.
    Die Königin trat auf den Herzog von Choiseul zu und faßte seine Hand. »Ah! Sie sind's, Herr von Choiseul!« sagte sie. »Seien Sie willkommen!«
    »Ach! Madame,« erwiderte der Herzog, »ich komme sehr spät, wie es scheint.«
    »Nun, wenn Sie in guter Begleitung kommen, so läßt sich das Versäumte nachholen.«
    »Leider sind wir fast allein, Madame. Der Marquis Dandoins ist mit seinen Dragonern zu Saint-Menehould festgehalten worden, und der Graf von Damas ist von den Seinen verlassen. Aber wo ist der Chevalier von Bouillé? Und warum ist Herr von Raigecourt nicht hier?«
    Unterdessen hatte sich der König genähert.
    »Ich habe die Herren gar nicht gesehen«, sagte er. »Was bleibt uns noch?«
    »Wir müssen Sie retten, Sire«, sagte Damas. »Erteilen Sie Ihre Befehle.«
    »Hören Sie, Sire«, sagte Choiseul. »Ich habe vierzig Husaren; sieben von ihnen müssen die Pferde hergeben; Eure Majestät setzen sich auf ein Pferd und halten den Dauphin in Ihren Armen; die Königin setzt sich auf das zweite Pferd, Madame Elisabeth auf das dritte, Madame Royale auf das vierte, und ebenso die drei Damen, die Sie nicht verlassen wollen. Wir umzingeln Sie mit den dreiunddreißig Husaren, die beritten bleiben; wir hauen uns mit dem Säbel durch, und so bleibt uns noch Aussicht auf Rettung! Aber bedenken Sie wohl, Sire, daß Sie sich schnell entschließen müssen, denn in einer Stunde, in einer halben, in einer Viertelstunde vielleicht sind meine Husaren von unsern Gegnern gewonnen.«
    Der König erwiderte:
    »Ich weiß wohl, daß dieses Rettungsmittel vielleicht das einzige ist. Aber können Sie verbürgen, daß in dem Handgemenge mein Sohn oder meine Tochter, die Königin oder meine Schwester nicht von einer Kugel getroffen werden?«
    »Sire,« antwortete Choiseul, »wenn das sich ereignete, würde mir nichts übrig bleiben, als mir vor den Augen Eurer Majestät den Tod zu geben.«
    »Nun, dann wollen wir auf alle solche Gewaltmittel verzichten«, sagte der König; »es ist besser, die Sache ruhig zu überlegen.«
    Die Königin trat einige Schritte zurück und sah Isidor von Charny. Sie wechselte einige Worte mit ihm und Isidor eilte zum Zimmer hinaus.
    Der König, der dies nicht beachtete, fuhr fort:
    »Die

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