Die Grauen Herrscher
Standes nun wieder offen am Handgelenk trug, um eine Unterredung mit Admiral Haynes.
»Selbstverständlich – schicken Sie ihn herein – schicken Sie ihn herein!« tönte es aus dem Lautsprecher, und die Sekretärin öffnete ihm die Tür. Kinnison blieb überrascht auf der Schwelle stehen, als er Dr. Lacy und einen Posenianer erblickte, die sich offenbar angeregt mit dem Admiral unterhalten hatten.
»Kommen Sie herein, Kinnison«, sagte Haynes. »Lacy möchte Sie mal kurz untersuchen. Darf ich vorstellen: Dr. Phillips – Freier Lens-Träger Kinnison. Phillips ist natürlich nicht der richtige Name unseres Freundes – wir haben nur keine Lust, uns an dem Original die Zunge abzubrechen.«
Der Posenianer Phillips war etwa so groß wie Kinnison und erheblich schwerer. Seine Figur hatte etwas entfernt Menschenähnliches, wenn er auch vier Arme mit jeweils zwei Händen hatte. Er besaß zwei breite, flache Nasen, zwei mit spitzen Zähnen bewehrte Münder und einen schimmernden, haarlosen Kopf, von dessen Seiten zwei große, bewegliche Ohren abstanden. Er hatte keine Augen, und wie die meisten Rassen, die mit dem gewissen Wahrnehmungssinn ausgestattet waren, saß sein Kopf ziemlich unbeweglich auf einem kurzen und massiven Hals.
»Sie sehen gut aus – ausgezeichnet!« verkündete Lacy, als er den Lens-Träger kurz untersucht hatte. »Werde natürlich eine Aufnahme machen müssen, ehe ich etwas Endgültiges sagen kann. Nein, jetzt noch nicht. Phillips, schauen Sie sich das einmal an, und vor allen Dingen die ...« Und es folgte ein Schwall medizinischer Ausdrücke. »Sie werden sicher feststellen können, daß er sich seit damals außerordentlich gut erholt hat«, schloß Lacy, und der Posenianer machte sich an die Untersuchung des Freien Lens-Trägers.
»Die Posenianer sind ausgezeichnete Diagnostiker und Chirurgen – sie können zum Beispiel in einen Patienten hineinsehen, ohne ihn aufschneiden zu müssen. Es dauert nicht mehr lange, dann wird ein Arzt ohne Wahrnehmungssinn gar nicht mehr praktizieren können. Phillips beschäftigt sich im Augenblick mit einigen speziell neurologischen Problemen, insbesondere mit der neuralen Synapse und der Proliferkation neuraler Dendriten ...«
»Lacy«, sagte Haynes warnend. »Ich habe dir schon tausendmal gesagt, daß du englisch sprechen sollst, wenn du dich mit mir unterhältst. Sie stimmen mir doch zu, Kinnison?«
»Ich fürchte, dagegen läßt sich nichts machen«, erwiderte der Freie Lens-Träger lächelnd. »Spezialisten können sich nun einmal nicht einfach ausdrücken.«
»Vielen Dank, mein Junge!« rief Lacy. »Das ist ein wahres Wort! Warum kannst du nicht auch so denken, Haynes, und dir endlich ein Vokabular anschaffen, das für eine Unterhaltung zwischen Männern ausreicht! Aber um es ganz simpel auszudrücken – Phillips beschäftigt sich mit einem Phänomen, das den Wissenschaftlern schon seit mehreren tausend Jahren Rätsel aufgibt. Die niederen Zellformen sind in der Lage, sich selbst zu regenerieren – zum Beispiel verheilen Wunden, und Knochen wachsen wieder zusammen. Höherentwickelte Zellen wie beispielsweise Nervenzellen regenerieren sich, wenn überhaupt, nur unvollständig, während bei den höchstentwickelten Lebensträgern, den Gehirnzellen, eine Regeneration überhaupt unmöglich ist. Was ich sagen will, ist ...«
»Ja«, unterbrach ihn sein alter Freund Haynes, »die entscheidende Frage ist, warum ein menschliches Wesen nicht in der Lage ist, sich neue Nerven oder eine neue Wirbelsäule zuzulegen. Wenn sich ein Tier wie der Seestern einen völlig neuen Körper einschließlich eines Gehirns – sofern vorhanden – wachsen lassen kann, warum kann dann bei einem menschlichen Kindergelähmten ein normal gewachsenes Bein nicht wieder in Ordnung kommen?«
»Das habe ich etwa sagen wollen«, grunzte Lacy verstimmt. »Kommen Sie, Phillips, wir gehen und lassen die beiden Kriegsexperten in Ruhe.«
»Hier ist mein Bericht«, sagte Kinnison, als er mit Haynes allein war, und deponierte einen dicken Umschlag auf dem Schreibtisch des Admirals. »Ich habe Ihnen ja schon direkt berichtet – das hier ist für die Unterlagen.«
»Natürlich. Es freut mich im übrigen sehr, daß wir auf Medon gestoßen sind. Diese Begegnung ist für beide Seiten von Vorteil. Die Medonier sind ausgezeichnete Techniker, von denen wir nur profitieren können.«
»Wo ist Medon abgeblieben? Ich hatte vorgeschlagen, den Planeten in einem Sonnensystem in der Nähe von Sol
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