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Die Grenze

Die Grenze

Titel: Die Grenze Kostenlos Bücher Online Lesen
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ihren Zorn, sondern noch etwas Tieferes, Seltsameres in ihrem Gesicht, als ob ein verängstigter Gefangener darunter hervorlugte.
Sie hat Angst!
Es erfüllte ihn mit lächerlichen Gedanken, mit dem wilden Drang, ihre Hand zu küssen, ihr seine schmerzliche Liebe zu gestehen. Da ihr der natürliche Ausweg verstellt war und sie einen anderen Auslaß finden mußte, wie Dampf, der unter einem Topfdeckel hervorzischt, warf ihn die jähe Tollheit auf die Knie.
    »Ich werde Euch nicht noch einmal enttäuschen, Prinzessin Briony«, erklärte er. »Ich werde tun, was Ihr mir aufgetragen habt, oder aber bei dem Versuch den Tod finden.«
    Er hatte zwar den Kopf gesenkt, hörte aber das überraschte Aufmerken, das durch die Männer ging, hörte Avin Brones scharfes Einatmen.
    »Steht auf, Vansen.« Ihre Stimme klang sonderbar. Als er sich erhoben hatte, war da in ihren Augen wieder der Zorn und dazu ein Glitzern, das von Tränen hätte herrühren können. »Ich habe genug Tod um mich gehabt, genug Schwüre, genug Männergerede von Ehre und Pflicht — ich habe das alles geschluckt, bis ich nur noch schreien möchte.
    Ihr glaubt vielleicht, ich gebe Euch die Schuld am Tod meines Bruders. Und zum Teil mache ich Euch tatsächlich dafür verantwortlich und nicht nur Euch, aber ich bin nicht so dumm zu glauben, ein anderer Gardehauptmann hätte ihn retten können. Ihr glaubt vielleicht, ich hätte Euch mit diesem Unternehmen betraut, um Euch zu bestrafen. Da mag ein Körnchen Wahrheit dran sein, aber ich kenne Euch auch als einen Mann, der andere Dinge gut gemacht hat und der das Vertrauen seiner Männer besitzt. Und man hat mir gesagt, Ihr wart ein klardenkender Mensch.« Sie trat auf ihn zu, bis nur das weite Rund ihrer Röcke sie noch trennte. Vansen hielt unwillkürlich den Atem an. »Wenn Ihr sterbt, ohne dieses Rätsel gelöst zu haben, vollbringt Ihr gar nichts. Lebt Ihr aber, selbst wenn Ihr Eure Aufgabe nicht erfüllt habt, könnt Ihr immer noch Gutes für dieses Land tun.«
    Sie hielt inne, und einen Moment hatte Vansen das Gefühl, daß als nächstes
alles
aus ihrem Mund kommen konnte.
    »Aber falls noch einmal die Sicherheit irgendeines Mitglieds meiner Familie auf Euren Schultern ruhen sollte«, erklärte sie schließlich mit einem Lächeln, das man grausam hätte nennen können, wäre es nicht so müde gewesen, »dann habt Ihr in der Tat meine Erlaubnis, dafür zu sterben.«
    Sie wandte sich an seine Männer und rief ihnen zu: »Mögen alle Götter Euch schützen. Möge Perin selbst Euch die Wege ebnen und glätten.« Gleich darauf entschwand sie schon wieder mit Brone über den Appellplatz, und ihre beiden Jungfern eilten hinterher.
    »Einen Günstling kann man Euch nicht gerade nennen, was, Hauptmann?« sagte Collum Saddler lachend.
    »Aufsitzen.« Ferras Vansen verstand nicht, was da eben passiert war, aber vor ihm lagen endlose Meilen, Tage im Sattel, und er würde jede Menge Zeit haben, darüber nachzudenken.

    Sie, die bekannt war als die Geißel der zitternden Ebene, ritt auf ihrem mächtigen schwarzen Pferd von Shehen herab, ließ das Tier am langen Zügel den Weg über die schmalen Pfade selbst wählen, obwohl der Fels stellenweise so steil abfiel, daß sie nicht einmal die unter ihr fliegenden Vögel sehen konnte. Yasammez hatte keine Eile. Ihre Gedanken reisten ihr voraus, geflügelte Boten, schneller als jeder Vogel, schneller noch als der Wind.
    Sie kam von den Höhen herab und wandte sich in Richtung der ältesten Lande und der größten aller Städte, die am Ufer des schwarzen Meeres stand, fast an jenem riesigen nördlichen Rund des Frostes und des Eises. Es gab sogar Qar, die in den nördlichsten Gefilden jenseits von Qul-na-Qar lebten, seltsame Gesellen, die im ewigen Dunkel umherwanderten und mit den Fingern und ihrer kalten Haut Gesänge hervorbrachten, aber sie lebten schon so lange für sich, daß sie kaum noch etwas mit dem Rest ihres Volkes gemein hatten. Sie dachten kaum je an die verlorenen südlichen Lande, da sie nie dort gelebt und daher von allen Zwielichtlern am wenigsten unter dem sterblichen Feind gelitten hatten. Diese kalten Gesellen wollten der Fürstin Stachelschwein nicht dienen; Sie würde ihr Heer in Qul-na-Qar rekrutieren müssen und auf dem Weg nach Süden, bis hinab zu jenem dreimal gesegneten Bollwerk, das die Sterblichen Schattengrenze nannten und die Qar selbst
A'sish-Yarrit-Sa,
was soviel hieß wie »Sturm der Stille« oder, mit einer etwas anderen Betonung oder

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