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Die Grenze

Die Grenze

Titel: Die Grenze Kostenlos Bücher Online Lesen
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smaragdenen Feuers, denn das schwache Leuchten seines Stammes war noch durch Robe und Maske erkennbar —: »Draußen vor dem Tor sind Tausende unseres Volkes, die mir aus den Dörfern hierher gefolgt sind. Sorgt dafür, daß sie gut behandelt werden. Bald werde ich zu ihnen sprechen.«
    Die maskierte Gestalt antwortete nicht, verbeugte sich aber. Yasammez kehrte der Spiegelhalle den Rücken — es war noch nicht soweit, den Pakt des Spiegelglases zu besiegeln, wenn auch der Zeitpunkt kommen würde, ehe sie Qul-na-Qar verließ — und machte sich auf den Weg in ihre alten Gemächer, die aufs Meer und den dunklen Dämmerhimmel hinausgingen. Denen, die sich in der riesigen Festung zusammengeschart hatten und ihr durch die Hallen gefolgt waren wie Ameisen durch einen verrottenden Baum, blieb nichts, als stehenzubleiben, zu warten, Blicke der Häme, Scham oder wilden Wut zu wechseln und sich allmählich zu zerstreuen.
    Das machte nichts. Ihrer aller Zeit würde kommen, das wußte Yasammez.
     
    Sie hatte die Rüstung angelegt, die in den Zeiten vor dem Buch in Große Tiefen geschmiedet und über Jahrhunderte in einem namenlosen Berg aus Eis gehärtet worden war. Die schwarzen Dornen umhüllten sie wie die Stacheln das Tier, das ihr Namenspatron war, verschleiert, aber nicht verdeckt von dem Mantel, der so wenig stofflich schien wie eine Gewitterwolke. Sie war barhäuptig: Den glatten Helm hatte sie neben sich auf den Tisch gestellt, als sollte er wie ein verhätscheltes Schoßtier dem Geschehen folgen können.
    Sieben weitere Gestalten saßen an dem runden Tisch in Fürstin Stachelschweins Gemach. Es war dunkel im Raum, nur eine einzige Kerzenflamme zitterte vor den offenen Fenstern, aber Yasammez und ihre Verbündeten brauchten sich nicht zu sehen.
    Manches wurde laut gesagt, anderes nur in Gedanken übermittelt.
    »Ißt-den-Mond, was ist mit dem Stamm der Wandlungsfähigen?«
    »Viele sind mit uns. Ich rieche Zorn. Ich rieche Bereitschaft. Die unseren waren oft die ersten des Volkes, die den Steinaffen gegenübertraten, in der Welt vor der Niederlage, und auch die ersten, die litten. Nicht alle sind Kämpfer, aber die, die es sind, werden die Augen und Ohren der übrigen sein, schnelle Flieger, lautlose Krabbler.«
    »Viele? Wie viele sind das?«
    Ein Knurren.
»Viele. Mehr, als ich zählen kann.«
    »Und Grünhäher? Wie steht es mit den Trickstern?«
    »Vorsichtig, aber bereit zuzuhören, wie zu erwarten. Unser Stamm pflegt gern abzuschätzen, welche Seite gewinnt, und sich dann im geeigneten Moment auf diese Seite zu schlagen — nicht zu spät, aber auf keinen Fall zu früh.«
    »Eure Ehrlichkeit ist löblich.«
    »Kann man einen Frosch das Fliegen lehren? Ich sage nur, was ist.«
    »In diesem Kampf wird es keine Gewinner geben, auch wenn wir siegen. Dies ist nur ein Moment der großen Niederlage. Aber die Sterblichen werden leiden, und unser Leiden wird gemildert werden. Was die Steinaffen erben werden, wird ihnen nicht süß schmecken — wird nie wieder süß schmecken. Täuscht Euch nicht, für die Trickster — und auch für alle anderen — ist der Zeitpunkt da, zu bestimmen, wie sie dahingehen werden — nicht als einzelne, sondern als Familien des Volkes.«
    »Aber warum, Herrin? Warum müssen wir die Niederlage hinnehmen? Wir sind doch immer noch stark und die alten Traditionen ebenfalls. Es hat uns nur an Entschlossenheit gefehlt.«
    »Bei Euch bin ich noch nicht, Stein der Unwilligen. Bald werde ich Euch fragen, was die Garde der Elementargeister denkt ...«
    »Fragt mich jetzt.«
    Kurzes Schweigen.
»Sprecht.«
    »Sie denken, was ich denke. Daß wir nicht länger als Geschlagene und Vertriebene leben können. Wir müssen sie von unserem Land jagen. Wir müssen Feuer an ihre Häuser legen und Krankheiten in ihre Betten tragen. Wir müssen ihre Tempel niederreißen und ihr grausames Eisen im Boden begraben, wo wieder etwas Reines daraus werden kann. Wir müssen die Alte Nacht bringen.«
    »Ich habe Euch gehört. Aber egal, was sie selbst wollen, werden die Euren mir folgen, dem Weg, den ich wähle? Denn hierbei kann nur einer führen.«
    »Könnt Ihr denn führen, Mylady? Was ist mit dem Pakt?«
    »Der Pakt des Spiegelglases ist bedeutungslos, ein leeres Versprechen. Aber die alten Regeln dürfen nicht mißachtet werden, also habe ich mich darauf eingelassen. Er ist unterzeichnet. Vor einer Stunde erst, mit meinem Blut.«
    »Ihr habt den Pakt unterzeichnet? Dann haben sie Euch das Siegel des Krieges

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