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Die Grenze

Die Grenze

Titel: Die Grenze Kostenlos Bücher Online Lesen
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immer noch einen bedrückenden Ort.
    »Bei den Göttern«, sagte Collum, »ist die riesig — da passen ja drei Ochsenwagen nebeneinander.«
    »Sie ist auch nicht viel breiter als die nach Settland«, sagte Ferras, der sich bemüßigt fühlte, jene weniger sagenumwobene Straße zu verteidigen, die ihn in seiner Kindheit so fasziniert und schließlich nach Südmark in sein jetziges Leben geführt hatte.
    »Aber schaut doch, Hauptmann«, sagte einer der Fußsoldaten und zeigte auf das letzte klare Stück der riesigen und bestürzend leeren Nordmärkerstraße, ehe sie vom Nebel verschluckt wurde. »Auf beiden Seiten fällt der Boden ab, aber die Straße liegt immer noch hoch.«
    »Sie haben sie eigens so gebaut«, erklärte Vansen. »Weil es im Norden im Winter noch nasser wird. Sie haben das Straßenbett mit Steinen und Holz erhöht, damit es über dem Morast liegt. Damals haben sie die Sachen noch richtig gemacht. Früher zogen hier täglich Wagen und Reiter zwischen Nordmark und Südmark hin und her, und die Westmärkerstraße zweigt auch gleich hinter den Hügeln dort ab.« Er zeigte mit dem Finger, aber die Hügel waren nur in seiner Erinnerung sichtbar: Jetzt war der Nebel so dicht, als hätte jemand ein Federbett über das waldige Land gebreitet. Es war eine seltsame Vorstellung, daß hier einmal so viel Leben geherrscht haben sollte: Kaufleute, Fürsten mit ihrem Gefolge, Reisende aller Art, in dieser Gegend, die jetzt so trostlos war.
    Ein Gedanke huschte ihm durch den Kopf, so schnell und so erschreckend wie eine Fledermaus.
Bei Perins Hammer, und wenn wir nun in diesen Nebel reiten müssen? Wenn wir die Räuber über die Schattengrenze verfolgen müssen, mitten in dieses ... Nichts?
Er hatte in seinem Leben ein halbes Dutzend Leute behaupten hören, sie seien von jenseits dieser Grenze zurückgekehrt, aber geglaubt hatte er keinem von ihnen. Der eine alte Mann in seinem Dorf, von dem jeder wußte, daß er wirklich die Schattengrenze überquert hatte und wieder zurückgekehrt war, hatte gar nichts behauptet. Er hatte nach seiner Rückkehr überhaupt nicht mehr gesprochen, war nur am Dorfrand herumgestreunt wie ein Hund auf der Suche nach Abfällen, bis ihn der Winter umgebracht hatte. Als Kind hatte Ferras Vansen das Gesicht dieses Mannes gesehen, diese Miene ständigen Entsetzens, die besagte, daß ihm das, was ihm jenseits der Schattengrenze widerfahren war, noch immer widerfuhr und immer weiter widerfahren würde, in jedem einzelnen Augenblick eines jeden Tages. Obwohl niemand etwas anderes gesagt hatte als das, was sich frommte, war doch jeder im Dorf erleichtert gewesen, als der verrückte Alte starb.
    Collums Frage riß Ferras Vansen ins Hier und Jetzt zurück. »Wie weit geht die Straße?«
    Ferras schüttelte den Kopf. »Die Nordmarksfeste war vier oder fünf Tagesritte von hier. Das haben jedenfalls die Alten in meinem Dorf gesagt, obwohl es mindestens hundert Jahre vor ihrer Zeit war, daß dort noch jemand hinkonnte. Und die Ländereien und kleineren Ortschaften dürften sich noch ein ganzes Stück weiter nach Norden erstrecken.«
    Collum Saddler sog Luft durch die Zähne. »Bei Mesiyas Titten! Und wenn man bedenkt — jetzt ist das alles leer und verlassen.«
    Vansen starrte auf die breite Straße, die sich schnurgerade durch das Hügelland zog, dorthin, wo sie der Nebel verschluckte. »Das hofft Ihr. Das hoffen wir alle. Aber ich will jetzt, ehrlich gesagt, nicht darüber nachdenken. Ich kann diesen Ort nicht leiden.«
    Collum drehte sich um und deutete mit dem Kinn zu Raemon Beck hinüber, der am anderen Ende des Trupps auf seinem Pferd saß und stur nach Süden starrte, so bleich wie ein Fischbauch. »Der da auch nicht.«
    Ferras Vansen verspürte ein leises Ziehen, als sie die Settländerstraße entlangritten, vorbei an den Dörfern und Städtchen von Dalerstroy — Littelstell, Milnersford und Dalenhall, dem Sitz von Graf Rorick Longarren, der das Mädchen, das Raemon Becks Handelszug geraubt worden war, hätte heiraten sollen. Vansen war nicht mehr in seine hügelige Heimat zurückgekehrt, seit er ein frischgebackener junger Gardesoldat gewesen war, und es war schwer, nicht daran zu denken, wie einige von den Männern im
Kühlen Krug
in Oldestell staunen würden, wenn sie ihn jetzt so sähen, an der Spitze eines ganzen Trupps, in einer Mission auf direkten Befehl der Prinzregentin hin.
    Ja, einer Mission, die nicht viel besser ist als Verbannung,
rief er sich ins Gedächtnis.
    Aber der

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