Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Grenze

Die Grenze

Titel: Die Grenze Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: authors_sort
Vom Netzwerk:
Rorick Longarren. Der Feind schien unmittelbar an der Grenze seiner Grafschaft Dalerstroy zu stehen, also Grund genug, ihn von seinem Wein und seinen Würfeln loszueisen. Er nahm seinen Platz am Tisch ein und gähnte hinter vorgehaltener Hand.
    »Tolly und sein kleines Häuflein von Querulanten erschienen, kaum daß Ihr den Thronsaal verlassen hattet«, berichtete Tyne Aldritch, »und er erging sich lautstark darüber, wie manche Leute denjenigen aus dem Weg gehen, denen sie etwas angetan haben.«
    Briony holte tief Luft. »Ich danke Euch, Graf Tyne. Es würde mich überraschen, wenn er
nicht
über mich herziehen würde — über uns, meine ich natürlich, Prinz Barrick und mich. Die Tollys sind in Kriegszeiten großartige Verbündete, aber in Friedenszeiten verdammt schwierig.«
    »Haben wir denn noch Friedenszeiten?« fragte der Graf von Wildeklyff bedeutungsvoll.
    Sie seufzte. »Das hoffen wir ja gerade herauszufinden. Graf Brone, wo bleibt denn Euer Gardehauptmann?«
    »Er bestand darauf, ein Bad zu nehmen, ehe er vor Euch träte.«
    Briony schnaubte verächtlich. »Ich hatte ja Zweifel an seiner Tauglichkeit als Soldat, aber für einen Gecken habe ich ihn bislang nicht gehalten. Ist denn ein Bad wichtiger als die Kunde von einem Angriff auf Südmark?«
    »Um gerecht zu sein, Hoheit«, sagte Brone, »sie sind fast drei Tage ohne Pause geritten, um möglichst schnell hier anzukommen, und er hat bereits alles schriftlich niedergelegt, während er darauf wartete, daß ich aus dem Thronsaal zu ihm kam.« Brone wedelte mit einer Handvoll Pergamentblätter. »Er hielt es für unhöflich, in zerrissenen und dreckigen Kleidern vor Euch zu erscheinen.«
    Briony starrte die säuberlich beschriebenen Blätter an. »Er kann schreiben?«
    »Ja, Hoheit.«
    »Man sagte mir, er sei vom Lande — ein Kätnerssohn oder so etwas. Wo hat er da schreiben gelernt?« Aus irgendeinem Grund paßte das nicht in ihr Bild von Ferras Vansen, dem Gardehauptmann, dem Mann, der schweigend und ungerührt dabeigestanden hatte, als ihr Bruder nur wenige Schritt weiter in seinem Blute lag, dem Burschen, der sich von ihr hatte schlagen lassen wie eine Statue aus fühllosem Stein. »Kann er auch lesen?«
    »Ich nehme es an, Hoheit«, sagte Brone. »Da kommt er. Ihr könnt ihn selbst fragen.«
    Sein Haar war noch naß, und er war nicht in Prunkwaffenrock und Rüstung, sondern in einfachen Kleidern, die dem Sitz nach nicht seine eigenen zu sein schienen, aber sie war dennoch gereizt. »Hauptmann Vansen. Eure Kunde muß ja wahrhaft schrecklich sein, wenn Ihr die Prinzregentin darauf warten laßt.«
    Er schien überrascht, ja, regelrecht erschrocken. »Es tut mir leid, Hoheit. Man sagte mir, Ihr würdet bis nach Mittag im Thronsaal sein und könntet mich erst anschließend empfangen. Also habe ich Graf Brones Mann Bericht erstattet und dann ...« Plötzlich schien ihm klar zu werden, daß er gefährlich nah dran war, seiner Herrscherin zu widersprechen: Er fiel aufs Knie. »Ich bitte um Verzeihung, Hoheit. Es war eindeutig mein Fehler. Bitte, übertragt Euren Ärger auf mich nicht auf meine Männer, die so vieles durchlitten und sich so tapfer geschlagen haben, um diese Nachricht hierher nach Südmark zu bringen.«
    Er ist viel zu ehrenhaft und anständig,
dachte sie. Doch er hatte ein gutes Kinn, das mußte sie zugeben — ein stolzes Kinn. Vielleicht war er ja einer von jenen Männern, die wie der berühmte König Brenn so in die Ehre vernarrt waren, daß sie der Stolz auffraß. Es gefiel ihr nicht, daß er redete, als bräuchte sie irgendeine Erlaubnis, um ärgerlich auf jemanden zu sein, noch dazu die Erlaubnis des Betreffenden. Sie beschloß, diesem neunmalklugen — und zweifellos ehrgeizigen — jungen Soldaten eine Lehre zu erteilen, indem sie überhaupt nicht ärgerlich war.
    Und außerdem,
dachte sie,
wenn es so ist, wie Brone sagt, dann haben wir Wichtigeres zu bereden,
»Darüber sprechen wir ein andermal, Hauptmann Vansen«, sagte sie. »Jetzt zu Eurer Neuigkeit.«
     
    Als er fertig war, fühlte sich Briony, als sei sie plötzlich mitten in einer der Geschichten gelandet, die ihr die Dienerinnen erzählt hatten, als sie klein war.
    »Ihr habt es
gesehen,
dieses ... dieses Elbenheer?«
    Vansen nickte. »Ja, Hoheit. Nicht sehr deutlich, wie ich schon sagte. Es war ...« Er zögerte. »Es war sehr seltsam dort.«
    »Bei den Göttern!« rief Rorick, dem soeben dämmerte, weshalb er hier war. »Sie ziehen genau auf meine Grafschaft zu! Sie

Weitere Kostenlose Bücher