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Die Grenze

Die Grenze

Titel: Die Grenze Kostenlos Bücher Online Lesen
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hatte gehofft, Ihr hättet vielleicht einen Vorschlag. Ich habe an allen mir bekannten Orten gesucht — die ganze Funderlingsstadt weiß inzwischen, daß er weg ist —, konnte aber keine Spur von ihm entdecken. Ich dachte, Ihr hättet vielleicht eine Idee, wo er sein könnte, oder hättet ihn vielleicht sogar gesehen.«
    Die Königin drehte sich um. »Hat irgend jemand von unserem Volk den Jungen gesehen, getreuer Giebelgaup?«
    »Nicht Haar noch Haut, Majestät«, erklärte der Winzling ernst. »Hab manches Schlupfloch abgeklappert und überall gefragt, war überall in der Verborgnen Halle, wahrlich, doch nicht die Spur von einer Spur.«
    Die Königin hob bedauernd die Hände. »Wie es scheint, können wir Euch nichts sagen«, erklärte sie Chert betrübt. »Auch wir sind tief betroffen, denn wir glauben die Hand des Himmels auf diesem Jungen, weshalb er auch für unser Volk, die
Sni'sni'snik-soonah,
wichtig ist.«
    Chert sank in sich zusammen. Er hatte nicht wirklich geglaubt, daß die Dachlinge das Rätsel lösen könnten, aber es war die einzige ihm noch verbliebene Hoffnung gewesen. Jetzt konnte er nur noch warten, und das Warten würde schrecklich sein. »Trotzdem vielen Dank, Majestät. Ich danke Euch, daß Ihr gekommen seid. Das war sehr nett von Euch.«
    Sie sah zu, wie er sich in den Stand mühte. »Wartet noch. Habt Ihr nach ihm geschnuppert?«
    »Was?«
    »Habt Ihr nach seiner Fährte geschnuppert?« Als sie Cherts Gesichtsausdruck sah, hob sie eine Augenbraue, feiner als ein Strang von Spinnenfäden. »Weiß Euereins denn nichts davon?«
    »Doch, ich glaube schon. Es gibt Tiere für die Jagd und die Suche nach anderen eßbaren Sachen. Aber ich wüßte nicht, wie ich versuchen sollte, den Jungen auf diese Art zu finden.«
    »Bleibt noch einen Moment.« Sie faltete die winzigen Hände. »Es ist ein Jammer, aber dem Hochedlen Riecher geht es nicht gut — eine Art Schüttelfieber. Das passiert oft, wenn die Sonne erstmals wieder scheint, nachdem der Winterregen eingesetzt hat. Ein jämmerlicher Anblick, den er bietet, die Augen rot und auch die prächtige Nase ganz rot. Sonst würde ich ihn mit Euch schicken. Vielleicht in ein paar Tagen, wenn die Unpäßlichkeit sich wieder gelegt hat ...«
    Chert fand es nicht gerade einen ermutigenden Gedanken, daß seine Hoffnung, den Jungen wiederzufinden, auf dem fetten, pompösen Riecher ruhen sollte, aber es war immerhin etwas. Er versuchte, ein dankbares Gesicht zu machen.
    »Eure Majestät, wenn ein bescheidner Dachrinnenkundschafter ein Wörtchen dazu sagen dürfte ...«, sagte Giebelgaup.
    Die Königin war belustigt. »Bescheiden? Ich glaube nicht, daß dieses Wort die rechte Beschreibung für Euch ist, mein braver Diener.«
    Chert meinte zu sehen, wie der kleine Mann errötete, aber das Gesicht war zu klein und zu weit weg, um es genau sagen zu können. »Mein einzger Wunsch ist, Euch zu dienen, Majestät, der Himmel sei mein Zeuge. Manchmal, ja, zugegeben, fällt's mir schwer, mir schweigend anzuhören, wie irgendwelche Schwätzer oder Gaukler, die's nicht wert sind, Euch zu dienen, sich vor Euch wichtig machen. Und vielleicht haltet Ihr mich wieder für ein Großmaul, wenn ich sage, daß manch einer meint, die feinste Nase Hohensüdmarks habe, nächst dem Riecher, kein anderer als Giebelgaup, der Bogenschütz.«
    »Das ist mir schon zu Ohren gekommen, ja«, sagte die Königin lächelnd. Giebelgaup schien schwer an sich halten zu müssen, um keine Freudensprünge zu machen. »Heißt das, Ihr bietet Chert von Blauquarz Eure Dienste an?«
    »Das scheint nur recht und billig, Majestät. Der Junge hat in fairem Kampfe mich besiegt und edelmütig mir Pardon gegeben. Ich schätze, ich bin in selbgens Schuld. Vielleicht kann Giebelgaup ja helfen, ihn unversehrt herbeizubringen.«
    »Nun gut. Ich betraue Euch mit dieser Mission. Geht mit Chert Blauquarz und tut Eure Pflicht. Lebt wohl, guter Funderling.« Sie schlug mit ihrem Stöckchen gegen die Rippen der weißen Ratte; das Tier piepste, machte dann auf der Hinterhand kehrt und trippelte wieder das Dach hinauf. Die Wachen eilten hinterher.
    »Habt Dank, Königin Altania!« rief Chert, obwohl er nicht recht wußte, welche Hilfe ihm ein Männlein von der Größe einer Erbsenschote sein sollte. Sie hob die Hand, als die Ratte über den Firstbalken verschwand, aber auch kleine Königinnen winkten nicht einfach zum Abschied, deshalb sagte er sich, daß es wohl die Entgegennahme seines Dankes gewesen sein mußte. Er

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