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Die Grenze

Die Grenze

Titel: Die Grenze Kostenlos Bücher Online Lesen
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einer Frau, und zuerst dachte Barrick, es müßte ein alter Mann sein, doch dann sah er einen Moment lang ein jugendliches Gesicht, dessen Haut sich über Knochen spannte, die scharfkantig genug waren, um Leder zu schneiden. Der Zwielichtler hieb auf einen von Tynes Soldaten ein, dann auf einen weiteren, drehte die Klinge in dessen Eingeweiden wie ein Bauer das Butterfaß. Einer der Edelleute sprengte mit eingelegter Lanze auf ihn zu, und der weißhaarige Elb, oder was er auch immer sein mochte, schlug die Lanze beiseite, ehe er es aus der Nähe mit dem Angreifer aufnahm. Ein Gebüsch versperrte Barrick den Blick auf die beiden, als er sich der Hügelkuppe näherte, dann war Wald um ihn und die Männer, mit denen er ritt, und Nebel wallte um die Hufe ihre Pferde.
    »Vorwärts!« rief jemand anders. »Aber bleibt zusammen!« Barrick erkannte mit Erstaunen, daß es Vansen war, daß der Mann durch den Wald und das ganze Getümmel zu ihnen gefunden hatte, aber ihm blieb nicht viel Zeit, darüber zu sinnieren. Plötzlich sprang eine Gestalt aus dem Unterholz — nein, zwei Gestalten, drei! und Barrick mußte eine Hand wegschlagen, die nach seinem Zügel griff. Unzählige Stimmen hallten jetzt durch den Wald, ebenso viele nichtmenschlich wie menschlich, und in dem nebeltrüben, flach einfallenden Licht dräuten tausend bizarre Gestalten zwischen den Bäumen — vielleicht nur Gaukelei von Licht und Schatten, aber da waren genügend reale Körper und genügend bleiche, haßerfüllte Gesichter, daß er keine Zeit für irgendeinen anderen Gedanken hatte als den, am Leben zu bleiben.
     
    Von dem Dutzend Männer, das Barricks Trupp ursprünglich umfaßt hatte, waren noch ein halbes Dutzend übrig, wenn auch einige der anderen nur im Wald versprengt waren. Vansen war da; er beugte sich dicht an Barrick heran und fragte leise: »Seid Ihr wohlauf, Hoheit?«
    Barrick konnte nur nicken. Er keuchte und hatte Schnitte und Kratzer an den Händen und zweifellos auch anderswo, aber er glaubte, mindestens eins von den Geisterwesen getötet zu haben — ein Gesicht, das sich von einem verschatteten Ast zu ihm herabgebeugt und das er mit einem erschrockenen Schwerthieb gespalten hatte —, und schien selbst keine ernsthafteren Wunden davongetragen zu haben. Hier war der Wald so gut wie leer, obwohl die schrecklichen Geräusche der Zwielichtler immer noch laut waren und nach wie vor unheimliche Schemen zwischen den Bäumen umherhuschten.
    »Ich glaube, ich habe Tyne dort drüben gehört«, sagte Vansen und galoppierte über die Lichtung. Barrick und die anderen folgten ihm, alle nach Luft ringend und alle mit einem Kribbeln im Nacken, weil sie nicht wußten, wann der nächste Angriff kommen würde. Barrick war, als ob er durch eins von Chavens optischen Rohren guckte, als ob alles um ihn herum verzerrt wäre, außer dem, was er direkt anstarrte. Sein ganzes Blut schien durch seinen Kopf zu sausen, während sein Körper kalt und taub war, so hart und fühllos wie Eisen. Es war ein seltsames Gefühl, schrecklich und berauschend.
    Ferras Vansen zügelte plötzlich sein Pferd neben einem dichten Gestrüpp, hieb mit seinem Schwert zu, schwang sich dann aus dem Sattel und begann, auf etwas Unsichtbares einzuhacken. Er schrie irgend etwas, und obwohl die Worte des Wachhauptmanns bei dem schrillen Geheul der Elbenstimmen nicht zu verstehen waren, war sein Gesicht eine wilde Grimasse des Ekels und der Angst, und der Anblick drang durch Barricks Taubheit und fuhr ihm in die Magengrube wie eine Faust. Er preschte mit den anderen los, just in dem Moment, da ein Großteil der Geisterstimmen auf einen Schlag verstummten. Es waren zwar immer noch unheimliche Laute zu hören, aber nur von jenseits der Hügelkuppe.
    Vansen stand jetzt aufrecht da, und von seiner Klinge tropften Blut und etwas anderes, das so durchscheinend war wie frisches Harz. Sein Gesicht war eine Maske des Entsetzens. Barrick saß schwerfällig ab und ging zu dem Hauptmann hinüber.
    Er stand inmitten von etwas, das beinahe aussah wie ein riesiges Nest, das sich im Gestrüpp verborgen hatte, jetzt aber freigelegt und zertrampelt war. Um Vansens Füße häuften sich Leiber und Körperteile, glänzend von Blut und anderen Flüssigkeiten. Die Wesen, die da lagen, waren, wie Barrick nach kurzer Verwirrung erkannte, nackt und im großen und ganzen menschenähnlich, aber so bleich wie Maden. Die, deren Köpfe er sehen konnte, hatten riesige Kehlsäcke, wie Frösche. Die Augen waren von

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