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Die Grenze

Die Grenze

Titel: Die Grenze Kostenlos Bücher Online Lesen
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denken. »Was ist passiert? Wer hat ihn gefunden?«
    »Eins der letzten Truppenaufgebote aus dem Süden von Marrinswalk, vier oder fünf Fünfzigschaften, ich weiß es nicht mehr. Sie kamen noch spät in der Nacht hier an, etwa eine Stunde nach dem letzten Läuten, weil sie es eilig hatten, ihre Nachricht zu überbringen. Sie waren auf der Silverhaldenerstraße, in der Nähe von Bokeburg, und sahen einen großen Schwarm Raben und andere Vögel auf einem Feld. Als der Anführer sie näher heranführte, sahen sie etwas glänzen. Es war eine Gürtelschließe.«
    Brionys Knie wurden plötzlich weich; sie mußte einen Schritt tun, um sich zu fangen. Brone erhob sich rasch und führte sie zum Stuhl. »Aber ... wie?« fragte sie. »Wer hat das getan? Räuber? Die Zwielichtler sind ja wohl nicht schon so weit südlich?« Gailon Tolly, tot. Der gutaussehende, selbstgefällige Gailon. Sie hatte ihn nie gemocht, aber sie hatte doch nie gewollt ... nie gedacht ...
    »Ich weiß es nicht, Prinzessin. Räuber scheinen die plausibelste Erklärung — Geld und Schmuck sind verschwunden. Die Pferde auch. Es gibt mehr als eine Räuberhorde, die an der Grenze zwischen Silverhalden und Marrinswalk ihr Unwesen treibt und den Blankenwald ihr Zuhause nennt. Doch eine Brosche ist den Räubern entgangen, und die Marrinswalker haben sie mitgebracht. Das ist unser einziger Vorteil — die Entdecker der Leichen wissen noch nicht, wen sie da gefunden haben, was mir die Zeit gab, es Euch zu sagen, ehe es in der ganzen Festung herumgeht.« Er streckte ihr seine mächtige Faust hin und öffnete sie. Eine runde Brosche mit einer dicken Nadel bedeckte fast seinen gesamten Handteller, die Art Brosche, mit der man einen Reitmantel am Hals zusammenhielt. Das Silber war immer noch dreckverkrustet, aber die Schulterbuckel und der gehörnte Kopf des Stiers waren unverkennbar.
    Briony zwang sich zu schlucken. Sie fühlte sich, als würde ihr gleich schlecht werden. »Das ist seine. Die habe ich schon an ihm gesehen.«
    »Oder jedenfalls ist es eine Brosche des Hauses Tolly. Aber ich denke, wir müssen davon ausgehen, daß eine der Leichen Gailon ist.«
    »Wo sind sie?« fragte sie schließlich und starrte auf das dreckige Silberrund, als wäre es ein Stück Knochen. »Die Leichen?«
    »Sie wurden in einen Tempel in Bokeburg gebracht. Bis die Soldaten dorthin kamen, dachten sie, die Toten wären Männer aus der Gegend, aber in Bokeburg hatte niemand eine Ahnung, wer sie sein könnten. Der Priester dort glaubte allerdings, in einer der Leichen Gailon Tolly zu erkennen, und da er ein kluger Mann ist, legte er seine Befürchtung schriftlich nieder und vertraute den Brief dem Hauptmann der Marrinswalker an, damit er ihn niemand anderem gäbe als mir. Dennoch, die restlichen Männer des Truppenkontingents erzählen die Geschichte bereits jedem hier in der Festung, der sein Ohr hinhält. Es ist höchstens eine Frage von Stunden, bis sie bei Hendon Tolly anlangt, und der wird sehr schnell erraten, wer diese mysteriösen Toten sind.«
    »Barmherzige Zoria! Er hat uns doch ohnehin schon mehr oder minder beschuldigt, Gailon ermordet zu haben — jetzt wird er es von den Mauern trompeten!«
    »Ja, und Ihr habt es durch Euren törichten Auftritt gestern beim Essen nicht besser gemacht. Werft mich meinetwegen in den Kerker, aber das mußte gesagt werden.«
    Sie winkte ab. Der saure Geschmack in ihrem Mund war noch schlimmer geworden. »Ja, ja, ich bin ganz Eurer Meinung, und jetzt habt Ihr es gesagt. Aber was machen wir? Was machen wir, wenn Hendon wieder anfängt und behauptet, ich hätte seinen Bruder töten lassen?«
    »Vielleicht wird er's ja nicht tun.«
    »Wie meint Ihr das?«
    »Vielleicht wird er sich hüten. Vielleicht waren es ja keine Räuber und auch nicht die Zwielichtler. Vielleicht waren es ja die Freunde der Tollys aus dem Süden.«
    Es dauerte einen Moment, bis sie verstand. »Der Autarch? Wollt Ihr sagen, der Autarch würde seine Hand bis in die Markenlande hineinstrecken, um einen seiner Verbündeten zu ermorden — seinen einzigen Verbündeten, soweit wir wissen?
    »Vielleicht ist das Bündnis ja nicht zustande gekommen. Vielleicht haben die Tollys ihn ja abgewiesen.«
    Wenn das, was Brone mir darüber erzählt hat, überhaupt stimmt, machte sie sich klar. Briony schlug die Hände vors Gesicht. »Was für ein schrecklicher Wirrwarr! Ich verstehe überhaupt nichts — ich muß nachdenken. Vielleicht habt Ihr ja recht, aber das hilft uns auch nicht. Es

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