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Die Grenze

Die Grenze

Titel: Die Grenze Kostenlos Bücher Online Lesen
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hauptsächlich so genannt hatte, um Kendrick zu ärgern, weil dieser der Meinung gewesen war, noble Reittiere müßten auch noble Namen haben — wieherte gereizt.
    Barrick beobachtete, wie Ferras Vansen, der Gardehauptmann, von einem schwelenden Feuer zum anderen ging und mit den Männern redete, und plötzlich ärgerte ihn die ruhige Pflichtbewußtheit dieses Kerls.
Er hat bestimmt geschlafen wie ein unschuldiges Kind.
Er wußte nicht genau, was er von Vansen halten sollte, aber trauen wollte er ihm nicht. Niemand konnte wirklich so aufrecht und anständig sein — soviel hatte Barrick am Hof von Südmark gelernt. Der Gardehauptmann spielte irgendein verdecktes Spiel — vielleicht nur das Allerweltsspiel, nach Beförderung zu streben, vielleicht auch etwas Raffinierteres. Warum sonst sollte er Barrick so genau beobachten? Denn das tat er ganz ohne Zweifel; jedesmal, wenn Barrick sich umdrehte, ruhte Vansens Blick auf ihm. Wie auch immer, den Mann galt es im Auge zu behalten. Briony mochte ihm seine Versäumnisse ja verziehen haben, aber der Zorn seiner Schwester verrauchte immer ziemlich schnell. Barrick Eddon war nicht so leicht zu besänftigen.
    Eine Hand legte sich auf seine Schulter, und er fuhr so heftig zusammen, daß Kessel zu tänzeln und nervös zu schnauben begann.
    »Tut mir leid, Junge«, sagte Tyne Aldritch. »Ich meine, verzeiht, Hoheit. Ich wollte Euch nicht erschrecken.«
    »Ihr habt mich nicht ... Ich war nur ...«
    Der Graf von Wildeklyff trat einen Schritt zurück. Sein Atem roch nach Wein, obwohl er ansonsten nicht so wirkte, als hätte er in der Nacht übermäßig viel getrunken. Barrick dachte an den Bach, der sich durch die dornigen schwarzen Schlinggewächse wand, und konnte es dem Grafen nicht verdenken, daß er daraus nicht hatte trinken wollen. »Natürlich«, sagte Tyne. »Ich habe nur an die Nacht vor meiner ersten Schlacht gedacht. Habt Ihr geschlafen?«
    »Ja«, log Barrick. Was er jetzt dringend mußte, merkte er, war pissen. Vor Schreck wäre ihm beinah ein Mißgeschick passiert.
    »Ich mußte dran denken, wie ich als Knappe meines Onkels mit am Alten Hohlweg war. Dimakos Schwerhand war einer der letzten Anführer der Grauen Scharen, und er und seine Männer waren plündernd und brandschatzend in Marrinswalk eingefallen. Euer Vater war drunten in Hierosol und mit ihm die meisten erfahrenen Krieger von Südmark. Aber die, die noch da waren, eilten den Marrinswalkern zu Hilfe. Sie sammelten, was sie noch an Männern auftreiben konnten, und trafen schließlich bei jenem alten Hohlweg auf die räuberischen Horden. Dimakos war zuerst dort gewesen und hatte den Geländevorteil, wir aber die größere Streitmacht.« Tyne lächelte grimmig. »Mein Onkel Laylin sah, daß ich Angst vor der bevorstehenden Schlacht hatte, und ging mit mir zu einem Gefangenen, einem Kundschafter aus Schwerhands Trupp. Eins muß man dem Mann lassen, er wollte nichts Brauchbares sagen, ganz gleich, welche Überredungskünste wir anwandten, und als klar wurde, daß nichts mehr aus ihm herauszuholen war, schnitt ihm mein Onkel die Kehle durch und schmierte mir das warme Blut ins Gesicht. ›So‹, sagte er. ›Ein blutiger Anfang ist der beste Anfang.‹ Er ließ mich das Blut nicht abwaschen, ehe wir losritten. Es juckte so sehr, daß ich kaum an etwas anderes denken konnte, bis ich schließlich vor lauter Wut meinen ersten Streich führte.« Tyne lachte leise. »Rauhe Sitten, aber mein Onkel war noch vom alten Schlag, einer dieser harten Männer, und die hielten es nun mal so. Seid froh, daß wir nicht mehr in solchen Zeiten leben ... obwohl wir vielleicht Männer wie ihn schon bald vermissen werden, wenn es die Götter schlecht mit uns meinen.« Er machte das Zeichen der Drei und klopfte dann Barrick so fest auf den Rücken, daß der Prinz wieder fast die Herrschaft über seine Blase verloren hätte. »Keine Angst, Junge. Ihr werdet Euren Vater stolz machen. Wir werden dieses Zwielichtlergesindel in seine Geisterhügel zurückscheuchen und ihm einen Denkzettel erteilen.«
    Sollte mich das aufmuntern?
fragte sich Barrick, als Tyne davonging.
     
    Da kaum damit zu rechnen war, daß sie den Feind belagern würden, hatten sie nur ein kleines Kontingent Funderlingsmineure mitgenommen, die zugleich als Kanoniere dienten. Barrick bemühte sich, ruhig im Sattel zu sitzen, während die kleinen Gesellen mit den ledernen Kapuzenmänteln und riesigen, wie Insektenaugen wirkenden Schutzbrillen aus rußgeschwärztem Kristall

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