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Die Grenze

Die Grenze

Titel: Die Grenze Kostenlos Bücher Online Lesen
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Eid geschworen!« Sie schüttelte den Kopf, entrüstet, daß Qinnitan überhaupt auf einen so törichten Gedanken kam. »Nein, er wollte den Scotarchen töten, Prusus, den Krüppel. Dann würde der Autarch stürzen, und ... und irgendwie hat Jeddin geglaubt, daß er dich dann haben könnte.«
    Qinnitan wich zurück und wedelte mit den Armen, als gelte es, eine Bestie fernzuhalten. »Dieser Narr! Dieser verdammte Narr!«
    »Aber er wird nichts sagen — kein Wort wird er sagen!« Luian kniete jetzt da, die Arme wieder ausgebreitet, als flehte sie Qinnitan an, zurückzukommen und sich umarmen zu lassen. »Er ist so tapfer, unser Jin, so tapfer ...!«
    »Warum habt Ihr ihm geholfen? Warum habt Ihr zugelassen, daß er Euer Leben aufs Spiel setzt ... und meins auch?« Qinnitan zitterte jetzt vor Wut und Angst. Sie wollte sich auf Luian stürzen und dieses nasse, teigige Gesicht mit den Fäusten bearbeiten. »Wie konntet Ihr das tun?«
    »Weil ich ihn geliebt habe.« Luian sank in die Kissen zurück. »Meinen Jin. Ich war sogar bereit, ihm zu helfen, dich zu bekommen. Ich hätte alles getan, was er wollte.« Sie sah auf. Ihre Augen waren ganz rot, aber sie lächelte. »Du verstehst doch, was Liebe ist. Du bist eine Frau. Du bist als Frau
geboren.
Du verstehst das doch.«
    Qinnitan drehte sich um und rannte hinaus.
    Luian rief ihr nach: »Sag nichts! Er wird kein Wort sagen, unser Jin, niemals ...«
    Qinnitan war jetzt auf dem Gang, und in ihrem Kopf prasselten Gedanken wild durcheinander wie Perlen von einer zerrissenen Halskette. Hatte Luian recht? Würde Jeddins Kriegerkodex ihn auch unter der Folter noch schweigen lassen?
    Aber das ist ungerecht! Ich hab doch nichts getan! Ich hab ihn doch weggeschickt.
    Sie hörte Schritte — nicht die stampfenden Sandalen der bulligen Wächter, aber auch nicht das leise Huschen bloßer Frauenfüße. Sie zögerte, befand, daß sie auf keinen Fall so nah bei Luians Gemächern gesehen werden wollte. Daß sie sich unmittelbar nach Jeddins Verhaftung trafen, wirkte doch, als hätten sie etwas zu verbergen. Wenn Luian recht hatte und Jeddin auch unter der Folter nichts verraten würde, dann war es wohl das beste, keinerlei Verdacht zu erregen.
    Qinnitan wich gerade noch in einen dunklen Seitengang zurück, ehe die nahende Person in den Hauptflur einbog; sie dankte im stillen den Göttern, daß in der Wandnische keine Lampe war. Sie sah sich nach irgendeinem Versteck um, aber ihr blieb nichts, als sich an einen Wandteppich zu pressen. Wenn die Person im Vorbeigehen auch nur einen flüchtigen Blick in den Seitengang warf, mußte sie sie entdecken.
    Sie machte sich ganz flach und drehte den Kopf weg, weil sie wohl wußte, wie die Magie der Augen unweigerlich den Blick anderer anzog, vor allem, wenn man es nicht wollte. Die Person ging vorbei, ohne ihren Schritt zu verlangsamen. Qinnitan seufzte erleichtert auf, schlich wieder zum Hauptflur und linste um die Ecke. Eine kleine, untersetzte Gestalt verschwand gerade in Luians Gemächern. Es dauerte einen Moment, bis ihr aufging, wer das gewesen war.
    Aus Luians Zimmer drang ein erschrockener Aufschrei. Unwillkürlich lief Qinnitan ein paar Schritte auf den Raum zu, wo ihre einstige Freundin in Gefahr war, besann sich dann erst eines Besseren.
    Tanyssas Stimme klang heiser, als ob die Gärtnerin ebenfalls Angst hätte, aber es schwang auch Triumph darin.
»Begünstigte Luian aus dem Königlichen Frauenpalast, ich bin hier als die Hand Gottes. Du hast gegen deine heiligen Pflichten verstoßen. Du hast den Herrn des Großen Zeltes betrogen.«
    »W-wovon sprecht Ihr?«
    »Keine Diskussion«,
sagte die Gärtnerin.
»Der Goldene hat es besiegelt.«
    Luians Angstschrei wurde abrupt zu einem lauten Grunzen. Qinnitan konnte sich gar nicht vorstellen, daß ein so gräßliches Geräusch von einem Menschen kommen konnte.
    »Du bist ... Fraß ... für die Würmer.«
Tanyssa atmete schwer, und ihre Stimme war jetzt fast normal — Qinnitan konnte sie kaum verstehen, obwohl sie nur ein, zwei Schritte von Luians Tür entfernt stand —, aber es lag eindeutig Haß darin.
»Du lästiges, fettes Miststück.«
Das Grunzen wurde zu einem leisen Röcheln, dann hörte Qinnitan nur noch das weiche Bummern von Fleisch auf Stein, Hände oder Fersen, die hilflos auf den Boden einhieben, bis auch sie verstummten.
    Qinnitan war vor Entsetzen wie versteinert, konnte sich nur mit Mühe rühren. Sie stolperte zu dem dunklen Seitengang, blickte zurück und sah, wie sich Luians

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