Die große Volksverarsche
weil es sicher und unkompliziert erscheint, in diversen klassischen Fonds an, Marke Templeton, Fidelity & Co. Nach zehn Jahren guckt sie im Zuge des alljährlichen Vergnügens der Einkommensteuererklärung aus Neugier auf den Kontostand ihrer Fonds-Anlagen und stellt erstaunt fest, dass sie ihr Geld genauso gut unter der Matratze ihres Bettes hätte bunkern können. Rendite oder Zuwachs zwecks Vorsorge für sich und die Kinder? Nichts als heiße Luft. Ein klassisches Verlustgeschäft. Sicher, unkompliziert und prächtig haben nur ihre Bank und die Fondsmanager verdient.
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Wem es keinen Spaß macht, zu zocken oder zu spekulieren, sondern tatsächlich um Sicherheit und Vorsorge geht, der sollte ...
- sich lieber mit bescheidenen, aber fest garantierten Renditen zufriedengeben
- in Sachwerte investieren
- regelmäßig seine Geldanlage überprüfen (Wertentwicklung und Kosten in Relation zum Ertrag)
- immer wieder die eigene Risikobereitschaft hinterfragen.
Bis die Abgründe des Neuen Markts spürbar wurden, also bis Ende der 1990er Jahre genoss der sogenannte Bankbeamte einen Leumund als seriöser, konservativer Kerl in Anzug und Krawatte. Und auch danach hielt sich die Skepsis der Öffentlichkeit noch in Grenzen. Das bisherige, fast blinde Vertrauen war zwar leicht angeknackst, konnte der positiven Einstellung des Einzelnen gegenüber Hausbank und persönlichem Berater, »den man schon sein Leben lang kennt und dem man schon immer vertraut hat«, nichts anhaben. Gleichzeitig aber wachsen bei den international agierenden Finanzdienstleistern, Banken und Kreditinstituten Skrupellosigkeit, Gier und Erfolgsdruck. Immer neue, immer komplexere Finanzprodukte werden von höchst spezialisierten Tüftlern kreiert. Zertifikate an Menschen verkauft, die bis dato nur ein Sparbuch hatten. Rating-Agenturen entwickeln Produkte, die von den Banken an den Mann gebracht werden müssen, um als Gegenleistung positiv bewertet zu werden. Ethische Grundsätze werden sportlich über Bord geworfen. Anleihen, kapitalbildende Lebensversicherung, Aktien, Optionen, Investmentfonds,
Derivate, Zinsswaps ... Der Bankberater mutiert seinerseits zum Verkäufer mit einem bunten Allerlei in seinem Bauchladen, von dem er selbst nur noch einen Bruchteil versteht. Ein Zinsswap zum Beispiel ist ein synthetisches Produkt, das auf höchst komplizierten mathematischen Formeln wie
basiert. Ob nun Versicherung, Zertifikat oder neues Anlageprodukt, der Bankberater muss alles verkaufen – aber längst nicht alles verstehen. Als müsste ein Zahnarzt eine Herz-OP durchführen oder ein Sebastian Vettel die Tour de France gewinnen. Und wie, bitte schön, sollen nun diese zwei Ahnungslosen, die da am Bankschalter aufeinandertreffen, das tatsächliche Risiko eines Bankprodukts definieren? Da helfen auch die von Verbraucherschutzministerin Aigner zum Schutz der Bankkunden entwickelten Beratungsprotokolle herzlich wenig. Im Gegenteil. Der Berater notiert hier zwar, warum er dem Kunden dieses oder jenes Produkt verkauft, lässt aber weg, warum er dem Kunden ein anderes, möglicherweise passenderes Produkt nicht verkauft. Diese Protokolle suggerieren dem Kunden, die Politik würde sich um ihn kümmern und es gäbe mehr Transparenz. Das Einzige aber, was die Beratungsprotokolle tatsächlich schaffen, sind unnötige Papierberge sowie die perfekte Absicherung der Bank im Prozessfall. Und so hat der Kunde nach einem Gespräch bei Kaffee und Keksen schließlich trotzdem ein Produkt mehr und der Berater seine Provision.
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Finanzprodukte sind Wetten. Und wie bei Roulette oder Blackjack ist die Wahrscheinlichkeit, dass die Bank gewinnt, immer deutlich höher.
Unwissenheit und Gewinnstreben gibt es bekanntlich auf beiden Seiten des Bankschalters. Was jedoch bei vielen Bankberatern, vor allem im Privatkundengeschäft, hinzukommt, ist ein immenser Leistungs- und Erfolgsdruck. Wenn auch mit gewissen Unterschieden: Was zum Beispiel eine mittelgroße Sparkassen-Filiale mit zwölf Mitarbeitern leisten muss, müssen bei der Deutschen Bank zwei, maximal drei Mitarbeiter leisten, die nicht selten gerade erst ausgelernt haben. »Ich kenne nicht nur einen Kundenberater im Filialgeschäft der Deutschen Bank«, so ein ehemaliger Berater der Deutschen Bank, »der am Sonntagabend mit zitternden Händen vorm ›Tatort‹ sitzt, weil er weiß, dass er am nächsten Morgen wieder die Ampel auf seinem PC sieht«. 9 Die Ampel (GRÜN-GELB-ORANGE-ROT), das
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