Die große Volksverarsche
bei knapp 5.500 Euro wären. Plus 1.300 Euro Restschuldversicherung. Zuzüglich drei Prozent Abschlussgebühr. Macht 7.000 Euro. Das Doppelte von dem, was Frau M. ursprünglich wollte ... Und was sagt die Bankberaterin dazu? »Eine Win-win-Situation: Sie hat ihren Mann unter der Erde, und ich habe meine Ziele für Provinzial, Bausparen und Deka erreicht.«
So kommt es, dass manch 28-Jähriger bereits 13 Bausparverträge abgeschlossen und wieder gekündigt hat. Denn solange der Kunde einen Privatkredit bei der Bank laufen hat, unterschreibt er fast alles aus Angst, der Kredit könnte ihm gekündigt werden. »Sie müssen uns doch zeigen, dass Sie sparen können.«
Oder die Bank hat ein neues Produkt in ihrem Portfolio. Prompt bereitet der Filialleiter passende »Liquiditätsquellen« [Bankerjargon] vor, zum Beispiel »alte Leute, die man schon lange kennt und die fette Sparbriefe haben«. Festzins: 0,5 Prozent. »Rufen Sie die mal an und verkaufen Sie denen unser neues Baby«, werden die Mitarbeiter aufgefordert. In der Mittagspause: 15 Minuten Schnelllehrgang zum Neuzugang: Wie ruft man an? Was sagt man? Shortfacts werden verteilt: Gebühren, ein, zwei Risikohinweise, aber vor allem die Vorteile.
Doch dieses »Baby« ist immer genau so produziert, dass es nicht funktionieren kann. Zumindest nicht für den Kunden. Beispiel:
Topf mit 25 Aktien. Laufzeit sechs Jahre. Versprochene Rendite von durchschnittlich fünf Prozent, »wenn’s mal gaaanz schlecht läuft ein Prozent – aber das kommt so gut wie niiie vor und wäre ja auch immer noch mehr, als Sie jetzt bekommen«. Der Lockvogel im Beratungsgespräch ist natürlich ein ausgewähltes Portfolio, das in den letzten Jahren kontinuierlich besonders gut lief. Bei 25 breit gestreuten Aktien liegt es in der Natur des Bankprodukts, dass sich bestimmte Aktien gegenläufig verhalten: Läuft’s in der Konsumgüterbranche zum Beispiel gut, geht’s mit der Chemie bergab und umgekehrt ... Wunderlicherweise sind eben diese 25 Aktien so verteilt, dass immer mindestens ein solches Pärchen vorhanden ist. Fazit: Die Bank zahlt sechs Jahre lang ein Prozent auf das Geld, das die »Liquiditätsquellen« in den Topf eingezahlt haben. Ein Billigkredit für die Bank, die zudem sämtliche Dividenden der im Topf befindlichen Aktien kassiert, und zwar deutlich mehr als das eine Prozent Verzinsung für den Kunden. Der Deal lautet: Wenn nur eine Aktie die Benchmark von zum Beispiel 20 Prozent Verlust reißt, gilt die Mindestverzinsung von einem Prozent – und die gesamten Gewinne der 24 anderen Aktien gehören der Bank.
Warum Kunden sich auf so etwas einlassen? Weil sie ihrem Bankberater glauben (möchten) und auf edle, teuer gedruckte Hochglanzbroschüren hereinfallen. Der freundliche Berater hat schließlich schon das Sparbuch für die Kinder eröffnet. Ein Mitarbeiter einer renommierten Bank: »Im Filialgeschäft werden häufig Gründe konstruiert, weshalb ein Kunde X ein zusätzliches Produkt kaufen oder etwas in seinem Depot ändern sollte. Und ich bin davon überzeugt, dass unsere Kunden häufig die für sie falschen Produkte im Depot haben.«
Aber nicht nur der Kauf neuer Produkte bringt der Bank bares Geld, sondern auch jede Transaktion. Eine Möglichkeit für den
Kunden, sich vor bewusster Falschberatung und fiesen Kostenfallen zu schützen, ist das Gebührenmodell All-in-Fee (im Gegensatz zum Transaktionsmodell); denn damit sind alle Depotkosten abgedeckt.
KONSUMENTEN-NAVI
Bankprodukte kosten nicht nur den ausgewiesenen Ausgabeaufschlag (Agio) oder Transaktionskosten, sondern auch
Depotbankgebühren
Verwaltungsgebühren
Performancegebühren
Tipp: Fragen Sie detailliert nach den »weichen« Kosten; lassen Sie sich immer die Netto-Rendite der geplanten Geldanlage berechnen!
All-in-Fee-Modell: jährlich ca. 1,5 Prozent (brutto) vom Anlagevermögen. Vorteil I: Sämtliche Kosten (inklusive Ausgabeaufschlag für Fondsanlagen!) im Zusammenhang mit der Vermögens-/Depotverwaltung sind abgedeckt.
Vorteil II: Der Anleger kann 50 Prozent der All-in-Fee steuerlich geltend machen.
Wichtig: Banken sind gesetzlich dazu verpflichtet, den Kunden über Bestandsprovisionen und Kick-backs (verdeckte Provisionen an die Bank) zu informieren. Auf Antrag kann der Kunde die Auszahlung der Kick-backs verlangen, dies wird aber in der Regel vertraglich ausgeschlossen.
Nicht vergessen: Kommt der Berater seiner Beratungsleistung nicht nach, sitzen Sie am längeren Hebel; denn Sie können Ihr Depot
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