Die große Volksverarsche
sogenannte Mitarbeitermotivationsprogramm MAP, leuchtet auf, sobald der Bankmitarbeiter seinen PC hochgefahren hat:
Persönliche Zielerreichung im Bereich ...
Anlageprodukte
XY Prozent
Versicherungen
YZ Prozent
Privatkredit/Baufinanzierung
ZY Prozent
Konten
YX Prozent
Regelmäßig wird der Berater in diesen Bereichen überprüft und bewertet. Darüber hinaus gibt es Tagesgespräche, Wochengespräche und Monatsgespräche. Vielen geht es deshalb nicht mehr darum:
Was will der Kunde? Sondern: Wie vermeide ich Stress mit meinem Vorgesetzten? Hinkt jemand seit Monaten in der Zielerreichung hinterher, kann es passieren, dass er beim Jour fixe vor versammelter Mannschaft angezählt wird und sinngemäß zu hören bekommt: »Wie lange meinen Sie eigentlich, dass Ihre Kollegen hier für Sie mitarbeiten sollen? Vielleicht sollten Sie lieber zur Konkurrenz gehen ... Schwächen Sie die, aber nicht uns.« Tut sich danach immer noch nichts auf der »MAP-Ampel«, bekommt der Mitarbeiter einen neuen Kundenbestand. Denn womöglich hat Herr Schlapp inzwischen eine zu persönliche Bindung zu seinen Kunden. Für Skrupel oder Mitgefühl ist in der Finanzindustrie nun mal kein Platz. Unter welchem Druck viele Banker heute stehen, lässt sich auch daran ablesen, dass der Missbrauch von Psychopharmaka in der Branche deutlich zugenommen hat.
KONSUMENTEN-NAVI
Für die eigene Orientierung: Internetplattformen, auf denen sich Kunden über Finanzberatungen austauschen.
Und so funktioniert das Geschäft ...
Der Bankberater ist stets bestens informiert über alle Produkte, die sein Kunde jemals irgendwo gekauft hat. Die Übersicht über die regelmäßigen Abbuchungen macht’s möglich. So kann er sich zum Beispiel auf Knopfdruck alle Kunden in seinem Bestand anzeigen lassen, die privatversichert sind – um ihnen dann »rein zufällig« ein auf sie zugeschnittenes neues Produkt anzubieten. Doch laut Datenschutz darf er solche Informationen eigentlich
nicht für den Vertrieb nutzen. Noch interessanter wird es allerdings, wenn diese Daten einem freien Versicherungsvertreter oder Anlageberater zur Verfügung gestellt werden. Dieser hat keinen Angestellten-, sondern einen Handelsvertretervertrag mit der Bank, sprich, er agiert voll auf Provisionsbasis – tritt aber im Namen der Bank als Versicherungsspezialist auf. Vorteil für die Bank: keine Lohnkosten, 50 Prozent der Provision und den eigenen Kunden an der Hand. Vorteil für Vertreter und Versicherungsgesellschaften: Kundendaten und -kontakte samt seriöser »Visitenkarte« der Bank. So hat beispielsweise eine kleine Regionalbank zurzeit freie Handelsvertreter in ihren Reihen, die jedoch nach außen wie Bankangestellte auftreten – ohne irgendeinen Hinweis auf ihre Selbstständigkeit. Der perfekte Mitarbeiter: Kostet nichts, muss aber viel leisten, um sich über Wasser zu halten. Schließlich hat er laufende Kosten, die alle erst mal gezahlt sein wollen. Und wenn sich dann am 25. des Monats ein Loch auf dem eigenen Konto auftut, ist es verdammt schwierig, dieses nicht mal eben schnell mit einem lukrativen Verkauf an Lieschen Müller zu stopfen. Beispiel aus dem wahren Bankenalltag: Frau M. ist vor Kurzem Witwe geworden. Da sie kein Geld für die Bestattung ihres Mannes hat, wendet sie sich vertrauensvoll an ihre Hausbank und bittet um einen Kredit über 3.500 Euro. Selbstverständlich will man dort einer 78-jährigen Dame gerne helfen – und gewährt ihr den Kredit über 3.500 Euro für die Beerdigungskosten, legt ihr aber gleichzeitig nahe, noch eine Sterbegeldversicherung abzuschließen, damit sie ihren Kindern später nicht selbst zur Last fällt. Falls sie aber vorher noch schwer krank werden sollte, lohnt sich auf alle Fälle eine Seniorenunfallpolice mit Pflegeversicherung und Haushaltshilfe. Macht noch einmal 40 Euro monatlich. »Da wir Ihnen nun aber doch einen recht hohen Kredit gewähren, sollten Sie uns auch zeigen, dass
Sie sparen können. Dafür wäre ein Deka-Fonds mit 1.000 Euro Aktienanlage genau richtig.« Diese Summe wird einfach gleich über den Kredit mitfinanziert. 25 Euro fließen zusätzlich jeden Monat in den Fonds. Und weil Frau M. ein eigenes Haus hat, werden ihr gleich noch zwei Bausparverträge à 40.000 Euro für ein Modernisierungs-/Renovierungsdarlehen verkauft. Die Zuteilung würde pünktlich zu Frau M.s 128. Geburtstag fällig. Das eine Prozentchen Abschlussgebühr für die Bausparverträge (= 800 Euro) kommt ebenfalls auf die Kreditsumme drauf, womit wir
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