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Die großen Seefahrer des 18. Jahrhunderts

Die großen Seefahrer des 18. Jahrhunderts

Titel: Die großen Seefahrer des 18. Jahrhunderts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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auch die Bevölkerung, was man bald gewahr wurde. Gleichzeitig vermehrte sich die Zahl der Tataren und verwischten sich die Unterschiede in den Sitten der Chinesen und ihrer Besieger mehr und mehr.
    Am fünften Reisetage bekamen die Engländer die schon fast sagenhaft gewordene große Mauer zu Gesicht.
    »Alles, was mein Auge von dieser befestigten Mauer erblickt, schreibt Macartney, wie sie das Gebirge und dessen höchste Gipfel übersteigt, in die tiefsten Thäler hinabreicht, die Flüsse in schönen Bogen überspannt, wie sie sich zur Erschwerung des Uebersteigens da und dort verdoppelt, verdreifacht und von hundert zu hundert Schritten noch mit Thürmen oder wirklichen Bastionen besetzt ist, alles das, sage ich, macht den Eindruck eines über alle Maßen großartigen Unternehmens.
    Erstaunen und Bewunderung erregt es vorzüglich, wenn man die unendlichen Schwierigkeiten bedenkt, welche die Herbeischaffung von Material verursachen mußte, um eine Mauer an Stellen aufzubauen, die an und für sich kaum zugänglich erscheinen. Einer der höchsten Berge z.B., welche die große Mauer überschreitet, hat nach meiner Messung eine Höhe von 5225 Fuß.
    Dieses eigenthümliche Festungswerk, denn der einfache Name Mauer giebt keine rechte Vorstellung von dessen Construction, diese Befestigung hat, sage ich, eine Längenausdehnung von tausendfünfhundert Meilen; freilich ist sie nicht überall gleichmäßig stark. Diese tausendfünfhundert Meilen bezeichnen die Ausdehnung der Grenzen, welche die civilisirteren Chinesen von den umherschweifenden Tatarenstämmen trennen. Heutzutage hängt freilich das Los der Völker welche mit einander in Krieg gerathen, von derartigen Hindernissen nicht im Geringsten mehr ab.
    Einige der kleineren Werke inmitten dieses ungeheuren Gürtels erliegen schon jetzt dem Zahne der Zeit und zerfallen in Ruinen; andere sind wieder ausgebessert worden, die Hauptmauer scheint aber fast überall mit solcher Sorgfalt und Geschicklichkeit hergestellt zu sein, daß sie sich, ohne weiter Hand daran zu legen, schon zweitausend Jahre erhalten konnte und ebensowenig einem baldigen Untergange entgegensieht wie die Felsenscheide, welche die Natur selbst zwischen China und der Tatarei errichtet hat.«
    Jenseits der Mauer verrieth es selbst die Natur schon, daß man ein anderes Land betrat. Die Temperatur ist daselbst niedriger, die Wege werden unebener, die Berge entbehren des reichen Baumschmuckes. Die Anzahl der Kropfkranken wuchs in den Thälern der Tatarei und erreichte, nach Doctor Gillan, dem Arzte der Gesandtschaft, wohl den sechsten Theil der Bevölkerung. Derjenige Theil der Tatarei, in dem diese Krankheit allgemein ist, bietet eine auffallende Aehnlichkeit mit einigen Cantons der Schweiz und Savoyens.
    Endlich erreichte man das Thal von Zhe-Hol, wo der Kaiser einen Sommerpalast mit prächtigem Garten besitzt. Die Residenz heißt: »Heimat der angenehmen Frische« und der Park »der Garten der unzähligen Bäume«.
    Die Gesandtschaft wurde mit militärischen Ehren empfangen inmitten einer gewaltigen Volksmenge, unter der man viel gelb gekleidete Leute erblickte. Es waren das niedere Lamas oder Mönche von der Secte Fo’s, zu der auch der Kaiser selbst gehört.
    Die schon in Peking beliebten Verhandlungen wegen des Niederwerfens des Gesandten vor dem Kaiser begannen hier auf’s Neue. Endlich geruhte Tchien-Lung, sich mit der Ehrenbezeugung zu begnügen, welche die Engländer ihrem Herrscher gegenüber beobachten. Der Empfang geschah darauf mit allem Pompe, unter ganz unglaublichen Ceremonien und dem Beitritt unzähliger Höflinge und Beamter.
    »Bald nach Anbruch des Tages, heißt es in dem Berichte, verkündete der Ton verschiedener Instrumente und ein verworrenes Getöse aus der Ferne die Annäherung des Kaisers. Bald darauf kam er zum Vorschein, und zwar von der Rückseite eines hohen, baumbekrönten Berges her, als trete er aus einem heiligen Haine, vor ihm aber eine Menge Menschen, welche mit lauter Stimme seine Tugenden und seine Macht priesen. Er selbst saß auf einem offenen, thronähnlichen Stuhle, den sechzehn Männer trugen. Seine Leibgarde, die Officiere des Hauses, Fahnenträger, Sonnenschirmträger und Musikanten bildeten sein unmittelbares Gefolge. Er war mit dunkelseidenem Rocke bekleidet und trug eine Sammetmütze, welche ihrer Form nach sehr an die der Bergschotten erinnerte. Auf seiner Stirn sah man eine große Perle, den einzigen Schmuck, den er an sich hatte.«
    Beim Eintritt in das

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