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Die großen Seefahrer des 18. Jahrhunderts

Die großen Seefahrer des 18. Jahrhunderts

Titel: Die großen Seefahrer des 18. Jahrhunderts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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Empfangszelt begab sich der Kaiser über die nur für ihn bestimmten Stufen der Vorderseite nach dem Throne. Der Groß-Colao (etwa Premier-Minister) Ho-Choo-Taung und zwei der ersten Hausofficiere hielten sich in seiner Nähe und sprachen mit ihm nie anders, als auf den Knieen liegend. Nachdem die Prinzen des kaiserlichen Hauses, die der tributpflichtigen Länder und die hohen Staatsofficiere je nach dem Range Platz genommen hatten, führte der Groß-Ceremonienmeister Macartney bis links an die Stufen des Thrones, eine Seite, welche nach heimischer Sitte als Ehrenplatz angesehen wird. Dem Gesandten folgte sein Page und sein Dolmetscher. Ein bevollmächtigter Minister begleitete ihn.
    Macartney hielt nach Anordnung des Ceremonienmeisters mit beiden Händen das große, prachtvolle, viereckige und reich mit Diamanten verzierte Goldetui mit dem Schreiben des Königs von England über seinem Kopf empor. Dann bestieg er die wenigen Stufen bis zum Throne, neigte ein wenig das Knie und machte eine kurze Verbeugung, worauf er dasselbe seiner kaiserlichen Majestät darbot. Der Monarch nahm es gewandt aus seinen Händen, setzte es an seine Seite und sagte, »daß er eine lebhafte Befriedigung über den Beweis von Achtung und Wohlwollen empfinde, den ihm Seine britannische Majestät durch die Absendung einer Gesandtschaft mit einem eigenhändigen Schreiben und werthvollen Geschenken bezeuge; daß er seinerseits dieselben Gefühle für den Herrscher Britanniens hege und auf ein immerwährendes Einverständniß zwischen den Unterthanen beider Reiche hoffe«.
    Nach einer kurzen persönlichen Unterhaltung mit dem Gesandten machte diesem der Kaiser, ebenso wie dem bevollmächtigten Minister einige Geschenke. Darauf wurden die Würdenträger nach Kissen geleitet, die vor großen, reichlich mit Fleisch und Früchten besetzten Tischen lagen. Der Kaiser aß selbst mit und überhäufte die Gesandten mit Zeichen seiner Achtung und Werthschätzung, welche das Ansehen der englischen Regierung in den Augen der Allgemeinheit wesentlich steigerten. Ja, Macartney und sein Gefolge wurde sogar eingeladen, die Gärten von Zhe-Ho zu besuchen. Während sie das thaten, begegneten sie dem Kaiser, der sofort stehen blieb, um ihren Gruß entgegen zu nehmen, und sie durch seinen, von aller Welt als Vice-Kaiser betrachteten ersten Minister und mehrere andere Personen führen zu lassen.
    Die Chinesen unterzogen sich der Mühe, den Gesandten und sein Gefolge durch die weiten, außer dem eigentlichen Parke angelegten Lustgärten zu begleiten. Ein kleiner Theil war den weiblichen Personen der kaiserlichen Familie vorbehalten, und der Eintritt in dieselben den chinesischen Ministern ebenso wie der englischen Gesandtschaft auf’s strengste untersagt.
     

    Die große chinesische Mauer. (S. 461.)
     
    Macartney lernte dabei ein in üppigem Grün prangendes Thal mit vielen Bäumen und vorzüglich auffallend großen Weiden kennen. Zwischen den Bäumen wucherte dichtes Gras, das weder von Vieh abgeweidet, noch von einem Mäher entfernt wurde. Am Ufer eines ansehnlichen Sees angelangt, bestiegen die chinesischen Minister und die Engländer daselbst liegende Yachten und fuhren bis zu einer Brücke, die den See an seiner schmalsten Seite überspannte und auf deren anderen Seite derselbe sich in nebelgraue Fernen zu verlieren schien.
    Einige Tage später, am 17. September, wohnten Macartney und sein Gefolge der Ceremonie bei, welche bei Gelegenheit des Geburtstages des Kaisers gefeiert wurde. Am nächsten und während der folgenden Tage gab es dann öffentliche, glänzende Feste, bei denen sich der Kaiser mit seinem ganzen Hofstaate betheiligte. Da producirten sich Seiltänzer, Equilibristen, Taschenspieler, deren Geschicklichkeit lange Zeit nicht ihres Gleichen fand, und Kämpfer einer nach dem Anderen; dann traten Einwohner der verschiedenen Provinzen des Reiches in ihrem Nationalkostüme auf und brachten die mannigfachen Erzeugnisse ihrer Heimat dar. Hierauf ließen sich Musiker hören, bei deren Tönen flinke Tänzer die Menge ergötzten, und endlich machte ein Feuerwerk, obwohl man es am hellen Tage abbrannte, doch einen schönen Effect.
    »Bekamen die Engländer hierbei auch neue Erfindungen zu sehen? heißt es in dem Berichte. Nur eine einzige. Es wurde nämlich ein großer Kasten in beträchtlicher Höhe gebracht und als sich dessen Boden, wie zufällig, öffnete, entfielen demselben eine Menge Papierlaternen. Zuerst waren diese zusammengefaltet, bald aber

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