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Die großen Seefahrer des 18. Jahrhunderts

Die großen Seefahrer des 18. Jahrhunderts

Titel: Die großen Seefahrer des 18. Jahrhunderts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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Stücken eingepackt worden waren. Der Gesandte wollte nicht zugeben, daß diese Geschenke einstweilen an einem Orte niedergelegt würden, von wo sie vielleicht nicht wieder zum Vorschein gekommen wären. Es bedurfte des Eingreifens des Vicekönigs, um »diese Denkmäler des Geistes und der Kenntnisse Europas« zu retten. Die Flottille, welche Macartney und sein Gefolge trug, berührte Tien-Tsing. Diese Stadt erschien fast ebenso ausgedehnt wie London und zählte nicht weniger als siebenhunderttausend Seelen. Am Ufer drängte sich eine große Menschenmenge, um die Gesandtschaft vorüberkommen zu sehen, und auf dem Strome tummelte sich die ganze Wasserbewohnerschaft der Dschonken auf die Gefahr hin, in den Fluß zu fallen. Die Häuser sind aus blauen Backsteinen gebaut – rothe trifft man nur selten – und einzelne haben zwei Stockwerke, entgegen der allgemeinen Gewohnheit. Die Gesandtschaft sah hier auch zum ersten Male jene Karren mit Segeln in Thätigkeit, deren Vorhandensein lange Zeit geleugnet wurde. Es sind Doppelkarren aus Rohrgeflecht mit einem großen Rade in der Mitte.
    »Fehlt es an dem nöthigen Wind, um den Karren fortzubewegen, heißt es in dem Berichte, so zieht ihn ein richtig daran gespannter Mann vorwärts, während ein zweiter ihn im Gleichgewicht hält und mit fortschiebt. Bei günstigem Winde wird diese Arbeit überflüssig. Das Segel besteht übrigens aus einer an zwei Stöcken befestigten Matte.«
     

    Der Colao (Premier Minister.) [Facsimile. Alter Kupferstich.]
     
    Die Ufer des Pei-Ho sind an manchen Stellen mit Schutzmauern aus Granit eingefaßt, um den Ueberschwemmungen vorzubeugen; in denselben sieht man da und dort auch mit Schleusenthoren geschlossene Durchlässe, mittelst derer man die auf der Rückseite der Steindämme gelegenen Felder bewässern kann.
    Obwohl diese Gegend sehr sorgsam angebaut erschien, wird sie doch in Folge von Ueberschwemmungen zuweilen von grausamer Hungersnoth heimgesucht, welche auch nicht selten durch die Verheerungen von Heuschrecken erzeugt wird.
    Bis jetzt segelte die Gesandtschaft inmitten der ungeheuren Alluvionsebenen von Pe-Tche-Li. Erst am fünften Tage nach der Abfahrt aus Tien-Tsing bemerkte man am fernen Horizont eine blaue Linie von Bergen. Man näherte sich nun Peking. Am 6. August 1793 warfen die Yachten zwei Meilen von dieser Hauptstadt und eine halbe Meile von Tong-Chu-Fu Anker.
    Hier mußte man an’s Land gehen, um in einem Palaste mit dem Namen »der Garten des ewigen Grün«, die Geschenke niederzulegen, welche nicht ohne Gefahr bis Zhe-Hol geschafft werden konnten. Das schon durch den Anblick der Engländer erweckte Erstaunen der Bewohner von Tong-Chu-Fu erreichte seinen Gipfel durch das Erscheinen eines schwarzen Dieners.
    »Seine kohlschwarze Haut, das Wollhaar, der seiner Race eigenthümliche Gesichtsausdruck waren in diesem Theile Chinas etwas bisher ganz Unbekanntes. Man erinnerte sich nicht, jemals etwas Aehnliches gesehen zu haben. Einige Zuschauer sprachen ihre Zweifel aus, ob ein solches Wesen überhaupt zum Geschlechte der Menschen gehöre, und die Kinder schrieen jederzeit ›ein Fanker‹, das ist ein schwarzer Teufel. Die Gutmüthigkeit des Mannes versöhnte die Leute jedoch bald mit seiner fremdartigen Erscheinung, so daß sie ihn später ohne Furcht und Abscheu betrachteten.«
    Am meisten fiel den Engländern an einer Mauer die Abbildung einer Mondfinsterniß auf, welche in den nächsten Tagen eintreten sollte. Sie bemerkten auch, daß das Gold für die Chinesen eine Handelswaare sei, denn sie haben keine geschlagenen Münzen und bedienen sich nur kleiner Zaine mit einem, das Gewicht derselben bezeichnenden Stempel. Die auffallende Aehnlichkeit zwischen den Ceremonien des Fo-Cultus und der christlichen Religion konnte den Engländern natürlich nicht entgehen. Macartney erinnert daran, daß einige Schriftsteller behaupten, der Apostel Thomas sei nach China gekommen, während der Missionär Premore die Ansicht ausspricht, das sei nur ein Possen, den der Teufel den Jesuiten gespielt habe.
    Man brauchte neunzig kleine Karren, vierundvierzig jener Segelkarren, über zweihundert Pferde und mehr als dreitausend Menschen, um die Geschenke der britischen Regierung fortzuschaffen.
    Der Gesandte und drei andere Engländer folgten dem Zuge in einem Palankin; die anderen Gesandtschafts-Mitglieder, ebenso wie die Mandarinen, begleiteten die letzteren zu Pferde. Ueberall, wo dieser Aufzug vorüberkam, lief eine zahllose Menge zusammen.

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