Die Günstlinge der Unterwelt - 5
im Kies, als das große Wesen darunter auf sie zukam. Sie bewegte ihre Hand, als kraulte sie ein Haustier.
»Was tust du?«
Kahlan kämpfte spielerisch mit dem Wesen unter dem Kies. »Das ist bloß ein Steinhund. Zauberer Giller hat ihn hervorgezaubert, um eine Frau zu vertreiben, die ständig hinter ihm her war. Sie hatte Angst, über den Kies zu laufen, und natürlich würde kein Mensch, der recht bei Verstand ist, den Pfad der Toten betreten.« Kahlan stand auf. »Soll das heißen … sag bloß, du hattest Angst vor einem Steinhund?«
»Na ja … nein, nicht ganz … aber…«
Kahlan stemmte die Hände in die Hüften. »Du hast den Pfad der Toten beschritten und bist durch diese Schilde gegangen, weil du dich vor einem Steinhund gefürchtet hast? Deshalb bist du nicht zu den anderen Türen gegangen?«
»Ich wußte nicht, was dieses Wesen unter dem Kies war, Kahlan. Ich hatte so etwas noch nie gesehen.« Er kratzte sich am Ellenbogen. »Also gut, schön, ich habe mich davor gefürchtet. Ich wollte vorsichtig sein. Ich wußte nicht, daß diese Tür so gefährlich war.«
Sie warf einen verzweifelten Blick gen Himmel. »Richard, du hättest –«
»Ich bin in der Burg nicht umgekommen, ich habe die Sliph entdeckt, und ich habe es geschafft, dich zu finden. Und jetzt los. Wir müssen hinunter in die Stadt.«
Sie legte ihm den Arm um die Hüfte. »Du hast recht. Wahrscheinlich bin ich bloß nervös wegen…« Sie zeigte auf die Tür. »Wegen allem, was da drinnen geschehen ist. Diese Mriswithkönigin hat mir angst gemacht. Ich bin nur froh, daß du es geschafft hast.«
Arm in Arm liefen sie durch den hoch aufragenden Bogen, der durch die Außenmauer führte.
Als sie unter dem gewaltigen Fallgitter durch liefen, peitschte ein mächtiger roter Schwanz um die Ecke und fällte sie beide. Richard hatte nicht einmal mehr Gelegenheit, wieder zu Atem zu kommen, als bereits rote Flügel über ihnen flatterten. Krallen rissen an ihm. Er spürte einen brennenden Schmerz in seiner linken Schulter, als eine Kralle ihn auf den Haken nahm. Kahlan wurde von dem dreschenden Schwanz über den Boden gewälzt.
Noch während er von der in seiner Schulter steckenden Klaue immer näher an den klaffenden Schlund herangehievt wurde, riß Richard sein Schwert heraus. Augenblicklich überflutete ihn der Zorn. Er schlitzte einen Flügel auf. Die Königin zuckte zurück und zog dabei die Klaue aus seiner Schulter zurück. Der Zorn der Magie half ihm, die Schmerzen zu ignorieren, als er auf die Füße sprang.
Er stach mit dem Schwert zu, als die Bestie einen Satz in seine Richtung machte und mit den Kiefern nach ihm schnappte. Sie schien nur aus Flügeln, Reißzähnen, Krallen und Schwanz zu bestehen, als sie auf ihn losging und er hastig zurückwich. Richard durchbohrte einen Arm, und die Königin fuhr unter Schmerzen zurück. Ihr Schwanz peitschte nach vorn, erwischte ihn quer über den Leib und schleuderte ihn gegen die Wand. Er hackte wild auf den Schwanz ein und kappte dessen Spitze.
Die rote Mriswithkönigin stellte sich unter dem dornenbesetzten Fallgitter auf die Hinterbeine. Richard hechtete zum Hebel und prallte mit seinem ganzen Gewicht dagegen. Mit einem scheppernden Kreischen stürzte das Gatter auf die tobende Bestie herab. Die Königin drehte sich zur Seite, als das Tor, knapp ihren Rücken verfehlend, krachend niederging, dabei aber einen Flügel erwischte und ihn auf dem Boden festspießte. Ihr Geheul wurde noch lauter.
Richard erstarrte in kaltem Schrecken, als er sah, daß Kahlan zu Boden gegangen war – auf der anderen Seite des Tores. Die Königin hatte sie ebenfalls entdeckt. Sie zerrte ihren Flügel mit übermächtiger Anstrengung unter dem Tor hervor und zerriß ihn dabei zu langen, ausgefransten Fetzen.
»Kahlan, fliehe!«
Kahlan versuchte, benommen fortzukriechen, doch die Bestie schlug zu. Sie bekam die Mutter Konfessor an einem Bein zu fassen und hielt sie fest.
Die Königin drehte sich um und spie einen fauligen Gestank in seine Richtung. Richard hatte keine Mühe zu verstehen, was sie wollte: Rache.
Mit irrwitziger Anstrengung zerrte er an dem Rad, mit dem das Tor angehoben wurde. Es hob sich mit jedem Ruck nur um wenige Zentimeter. Die Königin wand sich die Straße hinunter, Kahlan am Bein hinter sich herschleifend.
Richard ließ das Rad los und drosch, getrieben von der Raserei der Magie, mit dem Schwert auf die flachen Bandeisen des Fallgitters ein. Funken und heiße Stahlsplitter segelten
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