Die Günstlinge der Unterwelt - 5
stehen. Sie blickte finster in das wirbelnde Wasser und stemmte ihre Fäuste in die Hüften.
»Eins schwöre ich, wäre diese aufdringliche alte Frau nicht tot, ich würde sie mit bloßen Händen erwürgen.«
»Wovon redet Ihr?« fragte Warren.
»Von der Prälatin. Wäre sie in diesem Augenblick nicht in den Händen des Schöpfers, ich würde ihr meine um den Hals legen.«
Warren lachte stillvergnügt in sich hinein. »Das wäre ein recht seltsamer Anblick, Prälatin.«
»Nenne mich nicht so!«
Waren runzelte die Stirn. »Aber das seid Ihr doch jetzt: die Prälatin.«
Sie packte sein Gewand mit beiden Fäusten an den Schultern. »Warren, du mußt mir helfen. Du mußt mich aus dieser Geschichte rausholen.«
»Was! Aber das ist doch wunderbar! Verna, Ihr seid nun Prälatin!«
»Nein. Das kann ich nicht. Warren, du kennst alle Bücher in den Gewölbekellern unten, du hast die Gesetze des Palastes studiert – du mußt etwas finden, um mich aus dieser Lage zu befreien. Es muß einen Weg geben. Es gibt in den Büchern bestimmt etwas, wodurch dies verhindert werden kann.«
»Verhindert? Es ist bereits geschehen. Und davon abgesehen, etwas Besseres hätte gar nicht passieren können.« Er neigte den Kopf fragend zur Seite. »Warum habt Ihr mich den weiten Weg hierhergebracht?«
Sie ließ sein Gewand los. »Denk nach, Warren. Warum wurde die Prälatin umgebracht?«
»Sie wurde von Schwester Ulicia getötet, einer der Schwestern der Finsternis. Sie wurde getötet, weil sie gegen deren Bosheit gekämpft hat.«
»Nein, Warren, ich sagte, denk nach. Sie wurde umgebracht, weil sie mir eines Tages in ihrem Büro erklärte, sie wisse über die Schwestern der Finsternis Bescheid. Schwester Ulicia war eine ihrer Verwalterinnen und hat gelauscht, als die Prälatin ihr Wissen preisgegeben hat.« Sie beugte sich zu ihm vor. »Der Raum war abgeschirmt, dafür hatte ich gesorgt. Aber damals war mir nicht klar, daß die Schwestern der Finsternis möglicherweise Subtraktive Magie anwenden können. Schwester Ulicia lauschte durch den Schild hindurch, kam zurück und tötete die Prälatin. Hier draußen können wir sehen, ob jemand nah genug ist, um uns sprechen zu hören, hier gibt es keine Ecke, hinter der man sich verstecken könnte.« Sie deutete mit dem Kopf auf das plätschernde Wasser. »Und das Wasser übertönt den Klang unserer Stimmen.«
Warren sah sich nervös um. »Ich verstehe, was Ihr meint. Aber Prälatin, manchmal trägt das Wasser Geräusche ziemlich weit.«
»Ich sagte, hör auf, mich so zu nennen. Bei all den Geräuschen ringsum, und wenn wir leise sprechen, wird das Wasser unsere Stimmen übertönen. Wir dürfen nicht riskieren, im Palast ein einziges Wort darüber zu verlieren. Wenn wir darüber sprechen müssen, dann werden wir stets nach draußen aufs Land gehen, wo wir sehen können, ob jemand in der Nähe ist. So, und jetzt wirst du einen Weg finden, wie ich aus dem Amt der Prälatin entlassen werden kann.«
Warren stieß einen verzweifelten Seufzer aus. »Hört doch endlich auf damit. Ihr seid für die Stellung als Prälatin qualifiziert, vielleicht mehr als irgendeine der anderen Schwestern. Die Prälatin muß, abgesehen von Erfahrung, über außergewöhnliche Kraft verfügen.« Er wandte den Blick ab, als sie eine Braue hochzog. »Ich habe uneingeschränkten Zugang zu allem, was in den Gewölbekellern lagert. Ich habe die Berichte gelesen.« Er sah sie wieder an. »Als Ihr Richard gefangennahmt, sind die beiden anderen Schwestern gestorben, und dabei haben sie ihre Kraft an Euch weitergegeben. Ihr besitzt die Kraft, das Han, dreier Schwestern.«
»Das ist wohl kaum die einzige Anforderung, Warren.«
Er beugte sich vor. »Wie gesagt, ich habe uneingeschränkten Zugang zu den Büchern. Ich kenne die Anforderungen. Es gibt nichts, was Euch die Berechtigung absprechen könnte, Ihr erfüllt sämtliche Bedingungen. Ihr solltet Mut daraus schöpfen, Prälatin zu sein. Das ist das Beste, was passieren konnte.«
Schwester Verna seufzte. »Hast du mit deinem Halsring auch deinen Verstand verloren? Welchen Grund sollte ich haben, Prälatin sein zu wollen?«
»Jetzt können wir den Schwestern der Finsternis auf die Schliche kommen.« Warren setzte ein vertrauliches Lächeln auf. »Ihr werdet die Machtbefugnis haben, das zu tun, was getan werden muß.« Seine blauen Augen funkelten. »Wie gesagt, das ist das Allerbeste, was passieren konnte.«
Sie warf die Hände in die Luft. »Warren, daß ich Prälatin
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