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Die Gutachterin

Die Gutachterin

Titel: Die Gutachterin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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spür' das.«
    Längst hatte sich am Horizont der Himmel aufgehellt. Nun flogen ihnen die ersten Lichterreihen entgegen – Gebäude wuchsen rechts und links der Autobahn hoch: Salzburg – und der Grenzübergang.
    Tiefstrahler erleuchteten die Betonfurten der Durchgänge. Sie konnte nur zwei Beamte erkennen, sie standen links am Zollhauskomplex. Die bayerische Grenze war bereits passiert. Die beiden Beamten unterhielten sich und rauchten. Sie trugen graue Umhänge und dicke Kordeln um die Mützenschirme.
    Der größere von ihnen blickte herüber.
    Und winkte sie durch.
    »Na, siehst du!«
    Sie war unfähig, auch nur ein einziges Wort hervorzubringen. Ihre Knie zitterten, als sie in den nächsten Gang schaltete.
    Langsam beschleunigte sie auf die erlaubten 60 km/h, noch immer etwas zittrig, aber doch mit dem Glücksgefühl, nun schon auf der österreichischen Autobahn zu sein, die an Salzburg vorbei direkt zum Mondsee führt.
    »Salzburg«, sagte Ludwig in dieser Sekunde, »muß wohl fantastisch sein. Wenn du zurückkommst, fahren wir dann mal hin?«
    Sie gab keine Antwort. Wie so oft in der letzten Zeit hatte er zur selben Sekunde ihre Gedanken getroffen. Vielleicht vermochte er nicht alle Gefühle nachzuvollziehen, zumindest was sie anging, schien er aber eine geradezu magische Intuition zu besitzen.
    »Hörst du mich?«
    »Ja.«
    »Bist du müde?«
    »Es geht … Und fang nicht schon wieder an. Es ist nicht mehr weit.«
    Nein, es war nicht mehr weit. Sie nahm die Ausfahrt Mondsee, fuhr die Umgehung um den Ort mit der durch die Trapp-Filme berühmten Hochzeitskirche, und bog dahinter nach links ab. Da lag vor ihnen schon der Mondsee, und kurz danach erreichten sie Unterach. Sie waren am Ziel, am Attersee.
    Der Himmel schien nun heller, durchsichtiger zu werden. Vielleicht kündigte sich damit bereits der Morgen an. Die Häuser am See zogen vorbei, die Straße führte direkt am Ufer, an einer schwarzen, unbewegten Wasserscheibe entlang. Sie beugte sich nach vorne: Bald mußte die Abzweigung kommen …
    Ja, da stand es schon: Lechtmoos.
    Und darunter ein schwarzes S, das Serpentinenzeichen.
    Sie schaltete in den zweiten Gang, weil sie noch wußte: Gleich zu Beginn erwartete sie eine starke Steigung.
    Und da war sie bereits.
    Ludwig hatte den Fensterheber auf seiner Seite betätigt, und die Scheibe sank nach unten. Er öffnete den Sicherheitsgurt und schob den Oberkörper so weit nach außen, wie er konnte. »Tannen!« schrie er. »Und was für Dinger! Wunderbar …«
    Ja, Tannen. Der Wind trug ihren würzigen Geruch herein und bewirkte, daß Isas Lebensgeister wieder mobil wurden.
    Sie sah die Stämme, dann auf der rechten Seite die Holzstapel und ein Stück Wiese – jetzt würde gleich die Hütte des Straßenwarts auftauchen … Da war sie schon, eine neue Kurve und wieder eine, dann trat der Wald zurück und gab den Blick frei auf die sanfte, große Kuppe, auf der der Kofler-Hof lag. Der Hügel ließ sich ganz deutlich erkennen, eine graue, geschwungene Linie … Mein Gott, wie oft hatte sie dort oben gesessen und hinunter zum See gesehen … Der Hof mit seinen Stallungen blieb ein Schatten, doch weiß holte jetzt das Licht der Scheinwerfer die breite Mauer aus dem Dunkel, die den Hof zum Tal abgrenzte.
    An der Einfahrt brannten zwei Lichter. Und weiter rechts, auf dem zweiten, nur durch eine Mulde getrennten Hügel, noch ein weiteres.
    Ludwig Ladowsky hob die Hand: »Ist das dort das Schafbach-Haus?«
    »Nein. Das liegt hinter dem Kofler-Hof. Das Licht dort drüben gehört zum Messener-Hof. Der Jakob Messener ist Holzarbeiter oder Holzwart oder so was Ähnliches, und außerdem Mesner drunten in der Kirche von Nußdorf. Er lebt allein mit seiner kleinen Tochter. Ein ganz prima Mann. Mit dem wirst du dich gut verstehen …«
    Er nickte.
    Sie fuhr nun ganz langsam. Die beiden Flügel des Tores zum Kofler-Hof standen weit offen.
    »Kannst du nicht mal anhalten, Isa?«
    Sie hielt.
    Er blickte hinaus in diese schweigende Welt, auf die dunklen Baumschatten und die drei kleinen, goldblitzenden Lichter; sie schienen das einzig Lebendige in dieser Nacht.
    »Und was soll ich hier?« Seine Stimme war leise und verängstigt. »Ganz allein …? Ich kenn' die Leute doch gar nicht.«
    »Du wirst sie kennenlernen.«
    »Gibt es Tiere?«
    »Und ob! Der Messener hat Kühe und Schafe, und der Kofler noch viel mehr. Und Hunde gibt's und alles mögliche …« Sie sprach leise und sanft wie zu einem Kind. »Glaub mir, langweilen wirst

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