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Die Gutachterin

Die Gutachterin

Titel: Die Gutachterin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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ihren Befehl hin einsatzbereit auf seinen Knien. Er hatte sie schon einmal aufgesetzt, probeweise, im Dunkeln. »Die Brandstelle juckt nicht mehr …« Nur die Kopfhaut schien noch etwas zu schmerzen. »Ich setz' das Scheißding jetzt auf und fahr!«
    »Du hast keinen Führerschein und keinen Paß. – Mach mich nicht verrückt. Du weißt doch …«
    Ihre Fantasie hatte die Szene hundertmal durchgespielt.
    »Der Herr ist ein Patient von mir. Er muß dringend in ein Krankenhaus …«
    Sie mußten schon sehr viel Glück haben – doch warum auch nicht? In ihr verstärkte sich das Gefühl, eine unsichtbare Hand schütze sie, irgendeine Instanz, die sie durch alle Gefahren hindurch sicher geleiten würde …
    Isabella dachte es in dem Augenblick, als Ludwig sich plötzlich nach vorne beugte und rief: »Dort!«
    Auch sie hatte es gesehen: zunächst das auf und ab flammende Blaulichtsignal, dann die grünweiße Lackierung des Streifenwagens.
    »Und jetzt?« Seine Hand packte so heftig ihren Arm, daß es weh tat: »Und jetzt?«
    Sie schüttelte ihn ab. »Herrgott noch mal, bleib doch vernünftig!«
    »Vernünftig, vernünftig! – Die schnappen mich, siehst du das nicht?«
    »Ruhe! Halt deine Klappe.«
    »So 'n Scheiß«, schluchzte er, »so ein verdammter Scheiß«, und schlug sich die Hände vors Gesicht.
    »Nimm die Hände runter! Sitz gerade. Ist doch gar nichts.«
    »Die Perücke?«
    »Brauchst du nicht.«
    Sie hatte erkannt: Ein zweiter Wagen stand schräg auf dem Sicherheitsstreifen. Schon konnte sie die grünen Mützen der Beamten erkennen und einen Zivilisten, der heftig gestikulierend auf sie einsprach.
    Nichts als ein Unfall anscheinend …
    Sie zwang sich, weiter ihr Tempo beizubehalten, nur nicht auffallen jetzt … Und da waren sie schon an ihnen vorbei, ohne daß auch nur einer der Männer den Kopf nach ihnen gedreht hätte.
    Ludwig Ladowsky stieß einen leisen, unterdrückten Indianerschrei aus. »Na, wie haben wir das geschafft …? Klasse, einfach klasse, Isa!«
    »Wir?« Sie schüttelte den Kopf. Die Begegnung auf der Autobahn hatte alle Müdigkeit verscheucht. »Wir, sagst du?«
    »Überleg doch, was die mit mir …«
    So überreizt war sie, daß sie fast nach ihm geschlagen hätte. »Du denkst nur an dich. Was hattest du schon zu erwarten? Das, was zuvor schon war: Knast … Aber ich – hast du daran schon mal gedacht?«
    Sie wandte den Kopf und starrte ihn an. Er hatte die Augen geschlossen. »Entschuldige, Isa«, sagte er leise.
    »Entschuldige? Darum geht es nicht … Es geht um das andere – und du weißt das.«
    »Daß ich kein Gefühl für meine Mitmenschen habe? Ist es das?«
    Sie nickte.
    »Isa …« Ganz plötzlich war er bei ihr, drängte sich gegen sie, lehnte seinen Kopf an ihre Schulter. »Oh, Isa, vielleicht bin ich tatsächlich verrückt …? Muß ich wohl sein … Und Mitmensch? Du bist ja kein Mitmensch, du bist alles, was ich habe. Und noch mehr, du bist das Wertvollste, was mir je begegnet ist.«
    Sie schob ihn auf seinen Sitz zurück. »Mach die Innenbeleuchtung an.«
    »Aber warum denn?«
    »Warum? Damit ich sehen kann, wie du mit Perücke aussiehst. Setz sie auf.«
    Er schaltete das Licht ein, sie drehte den Kopf und hatte Mühe, schnell wieder geradeaus auf die Fahrbahn zu sehen.
    Auch er schob sich jetzt vor den Spiegel.
    »Doll«, sagte er, »einfach klasse, oder?«
    Sie schwieg. Er hatte ja recht. Der Kontrast der dunklen Haare zum Blau seiner Augen – unglaublich, die Locken, die das schmale, abgemagerte Gesicht einrahmten und es männlicher, ausdrucksvoller erscheinen ließen.
    »Die nehm' ich nie mehr ab. Erst wenn mir das eigene Kraut nachgewachsen ist. Und was meinst du, wenn ich erst richtig braun bin … An 'nem See, da wird man immer braun.«
    »Wenn's nicht regnet«, sagte sie. »Außerdem habe ich jetzt andere Sorgen.«
    »Die Grenze?«
    Sie schwieg.
    »Angst vor der Grenze? Aber wieso denn, Isa? Warum?« Er schlug ihr aufs Knie: »Mensch, Isa, das ist Österreich, und Österreich gehört zur Europäischen Union. Haben wir ein Schwein, vor einem Jahr hätte das nicht so geklappt, aber jetzt? – Hab doch keine Angst, die lassen uns einfach durch.«
    Hab doch keine Angst … Jetzt plötzlich? – Und er lachte auch noch.
    »Sie machen Stichproben, Ludwig.«
    »Stichproben? Nicht bei uns … Du wirst sehen, Isa, ich hab' recht: Jetzt wird alles anders! Und weißt du, warum? Soll ich es dir sagen? Weil wir das Glück gepachtet haben, ja, wir haben es gepachtet. Ich

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