Die gute Stadt Paris: Roman (German Edition)
schmeichelhaftes Bild zu malen, daß man hätte glauben können, Seine Hoheit habe im Morgengrauen des 24sten August wenigstens die Hälfte seiner Wachen in ihren roten Umhängen geschickt, mich in meiner Behausung vor den Umtrieben der Volksmenge zu schützen.
Ich übergab Monsieur de la Porte eigenhändig meinen Gnadenbrief, welcher – so unnütz er geworden war – noch ein wenig Farbe zu dem Bilde hinzufügte, welches Quéribus von mir zu geben bemüht war. Kurz gesagt, der Baron machte seine Sache so gut und die Waage der öffentlichen Meinung neigte sich so stark zu meinen Gunsten, daß sich, selbst wenn Dame deFontenac ihre Klage nicht zurückgezogen, kein einziger Richter am Provinzialgericht gefunden hätte, mich zu verurteilen: noch der widerstrebendste hätte sich damit begnügt, hinter vorgehaltener Hand dem Seneschall von Sarlat den Ausspruch der Medici zu wiederholen:
Eure Hugenotten sind wie die Katzen, sie fallen immer wieder auf die Füße.
Nachdem Quéribus abgereist, ward ich in den Erzählungen der Leute von Sarlat alsbald zu demjenigen, welchem der Bruder des Königs sein Wams verehrt, und es war kaum zu glauben, welcher Abglanz von diesem Satin auf mich fiel, so daß man alle guten Seiten meines Charakters plötzlich in den höchsten Tönen lobte und sich schließlich auch der schon halbvergessenen löblichen Taten in meinem Leben (welche im Falle meiner Enthauptung gänzlich der Vergessenheit anheimgefallen wären) wieder erinnerte, als nämlich daß ich an der Seite meines Vaters den Schlächterbaron zu Lendrevie besiegt und kraft meines Degens den unglücklichen Bischof von Nismes gerettet sowie Monsieur de Montcalm, dessen Geschichte hier jedoch weniger bekannt war. So daß ich, ein Hugenott (der freilich für noch weniger glaubenseifrig galt, als er in Wirklichkeit war), dank meinem neuen Rufe jetzt gar viele hübsche Adelstöchter aus dem Sarladischen hätte heiraten können, deren Mütter schon andeuteten, daß die Hochzeit zwischen Margot und Navarra, so verabscheuungswürdig sie auch galt, einen Präzedenzfall geschaffen habe.
Mir jedoch stand der Sinn nur nach meiner Angelina, welcher ich bereits von Saint-Cloud geschrieben, ohne indes – eingedenk Quéribus’ Ratschlag – meine Abenteuer auch nur mit einem Sterbenswörtchen zu erwähnen, denn auch auf dieser Seite sollte man glauben, ich stünde in hoher Gunst. Ich hatte von Anfang an wenig Hoffnung in meinen Brief gesetzt, mußte ich doch befürchten, daß die väterliche Tyrannei ihn nicht passieren ließe, aber das Glück war mir hold, und er gelangte ungehindert in die Hände seiner Empfängerin, welche ungesäumt ein Antwortschreiben verfaßte und es dem Überbringer meines Briefes mitgab. Ich will es dem Leser nicht vorenthalten:
Monsieur,
ich war aufs allerhöchste erfreut und erleichtert, von Eurer Hand zu erfahren, daß Ihr gesund und munter dem großenBlutbad zu Paris entkommen seid, doch offen gesagt, ich wähnte Euch nicht in Todesgefahr, andernfalls hätte mein Herz es mir gesagt, welches mich merkwürdigerweise glauben ließ, Ihr befändet Euch schon in Sicherheit hinter den starken Mauern von Mespech.
Da der Bote allhier nicht lange verweilen darf, muß ich in allergrößter Eile schreiben und kann Euch aus dieser Ursach nur einen gar kurzen Bericht darüber geben, was sich seit der Minute, da ich Euch neben jener vermaledeiten Kutsche herlaufen sah, zugetragen.
Die Geschichte mit Monsieur de la Condomine ist nun endgültig aus und vorbei. Mit unerbittlichem Schweigen, abweisender Miene, finsterer Stirn und unendlich verachtenden Blicken machte ich diesem großen Laffen auf unserer Reise so sehr die Hölle heiß, daß er es schließlich leid ward und uns zu Lyon verließ, wohl um sich im Rhône-Fluß ein wenig abzukühlen. Möge er sich darin ertränken und die Heilige Jungfrau mir vergeben – aber ich konnte ihn nicht mehr anblicken, ohne daß sich mir der Magen im Leibe umdrehte, so wenig ansehnlich fand ich ihn im Vergleich mit Euch.
Ihr werdet Euch vorstellen können, wie groß Monsieur de Montcalms Grimm darüber war und daß er erneut mit dem Kloster drohte. Doch das sind leere Worte, denn – Gott sei Dank – mein Vater liebt mich viel zu sehr. Und auch ich habe ihn trotz seines Widerstandes gegen meine Zukunftspläne von Herzen gern, weil er mir so herzlich zugetan. Und wiewohl gegenwärtig Euer Name im Hause nicht erwähnt werden darf, möget Ihr nicht allzu schlecht von ihm denken, denn er
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