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Die Händlerin von Babylon

Die Händlerin von Babylon

Titel: Die Händlerin von Babylon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Suzanne Frank
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kurz auf, dann brachten sie die nächsten Minuten damit zu, die Schafe und Ziegen, und zwar alle Schafe, über den Bach auf die Weidegründe im Nordosten zu führen. »Was ist das da?« Sie schaute über die Ebene. In der Ferne erhob sich als Höcker am Horizont eine weitere Zikkurat.
    »Die Stadt Lagash.«
    »Ist sie schöner als Ur?«
    Nimrod zuckte mit den Achseln. »Wenn man Städte mag, dann ist Ur nicht schlecht. Wenn man es gern ruhiger und schlichter hat, empfiehlt sich Lagash. Dort gibt es keine Mauern, deshalb fühlt man sich nicht so . eingeengt wie in Ur manchmal.« Er kratzte sich am Bart. »Alles in allem sind beide Orte nicht so eindrucksvoll oder praktisch, wie es eine Stadt sein könnte.«
    »Ist die Stadt sicher?« Chloe beobachtete wieder die Schafe. »Ich meine, so ganz ohne Mauern.«
    »Es gibt niemanden, den man fürchten müsste, wenigstens
    zurzeit nicht.«
    »Sind wir tatsächlich die einzigen Menschen außer den Hindus auf Dilmun?«
    »Auf der ganzen Welt?« Er sah sich um.
    Sie tat es ihm gleich. Ihr Blick wanderte über endlose grüne Felder, schwarzen Schlamm und schlammiges Wasser. Im Nordwesten, wo ihr Dorf gelegen hatte, gab es nur Wasser und Palmen. Kein weiterer Überlebender war vor den Toren Urs aufgetaucht. Nimrod zufolge nahm der Lugal an, dass die anderen Überlebenden nach Nippur oder Kish weiter im Norden geflohen seien. Nimrod selbst war der Ansicht, dass sie die Überreste ihrer Herden zusammengetrieben hatten und nach Westen gezogen waren. Vom Wasser weg in Richtung Kham. »Wieso fragst du?«, erkundigte er sich.
    Die Schafe grasten zufrieden vor sich hin; selbst der Ziegenbock blieb still. Chloe ließ sich auf der feuchten Erde nieder und streckte die Beine aus. Heute war sie in ihrem Filzrock und barfuß unterwegs, so wie es einer Schafshirtin zustand. Nimrod trug einen Lendenschurz, doch sein Leib war so dicht behaart, dass es aussah, als trüge er einen schwarzen Pelz. Die Sonne schien warm und angenehm, und eine Brise wehte über die Felder und das Wasser, wobei sie abgekühlt und mit süßem Blütenduft parfümiert wurde.
    »Na ja, eigentlich kann ich es dir ruhig verraten, schließlich hältst du mich sowieso für verrückt.« Chloe klappte den mitgebrachten Korb auf. Vorsichtig wickelte sie das Päckchen darin auf und reichte Nimrod eines der runden Dinger.
    »Was ist das?«
    »Es schmeckt gut. Probier ruhig.«
    Er probierte erst eines, verspeiste dann das zweite und verschlang anschließend das dritte. Die Arme hinter dem Kopf verschränkt, blinzelte Nimrod danach in die Sonne. »Jetzt kannst du mir alles erzählen. Du kannst mich nicht mehr erschrecken.« »Warum?«
    »Weil ich eben erfahren habe, dass du kochen kannst.«
    Sie schlug mit dem Flachstuch nach ihm. »Das hat mich auch überrascht.«
    »Du hast nichts davon gewusst?«
    »Genau das, mein Freund, ist mein Problem.« Sie schaute in sein zum Himmel gewandtes Gesicht. »In mir sind zwei Menschen.«
    Er schlug ein Auge auf und musterte sie versonnen. »Sind sie gleich stark oder kämpfen sie um die Vorherrschaft?«
    »Keines von beidem.«
    »Wie ist der zweite Mensch? Welcher davon kann kochen?« Nimrod setzte sich auf. »Hast du noch mehr von diesen runden Dingern?«
    »Nur noch eines«, sagte sie und reichte es ihm. »Ich glaube, die Köchin bin ich. Aber die andere ist wie ich, fast haargenau.«
    »Warum redest du dann von zwei Menschen?« Er sah sie verwirrt an.
    »Weil es andere Gedanken sind, andere Erinnerungen und ein anderes Wissen.«
    »Will sie dich in ihre Gewalt bringen?«
    »Nein, meistens nicht. Meist kommentiert sie nur, was ich tue, aber eigentlich tue ich genau das, was sie auch tun würde. Wenn ich sie wäre.«
    Nimrod ließ sich wieder nach hinten sinken und schloss die Augen. Chloe gab auf die Schafe Acht. »Geh nicht zu weit weg«, rief sie einem zu, das eben streunen wollte. »Ja, ich rede mit dir.«
    Ich rede mit einem Tier. Zu blööööd.
    Dadi, das Schaf, blickte auf, zog eine Schafsschnute und trottete zur Herde zurück.
    »Was du mir erklären willst, ist ... lass mich mal zusammenfassen. Das hier bist du«, sagte Nimrod, wobei er eine Hand hochhielt. »Du allein.«
    »Stimmt.«
    »Dann gibt es noch diese andere Person, den anderen Verstand.« Er hob die zweite Hand.
    »Stimmt.«
    »Aber sie versucht nicht, in dich einzudringen.«
    »Nein, sie ist ja schon in mir drin.«
    »Und sie will dich nicht verletzen.«
    »Nein.«
    »Sie tut überhaupt nichts.«
    »Sie plappert oft, aber

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