Die haessliche Herzogin
Bürgerkrieg stürzten und verelendeten. In solchen jäh wechselnden Gefühlen, ihrem Gatten bald ekstatisch anhangend, bald ihn wild hassend und verfluchend, erzog sie auch den kleinen Johann. Er konnte sich mit seinem Vater kaum verständigen; der sprach kein Böhmisch, er kein Französisch; sie mußten Deutsch miteinander reden, das sie beide nur schlecht beherrschten. Auch sah der Knabe den Vater nur selten, wenn der für eine kurze Zeit rauschender Feste in sein Königreich zurückbrauste, das er nicht leiden mochte, dem er nur Geld ausquetschte, dem er sein Luxemburg, seine schönen rheinischen Besitzungen weit vorzog. Die Mutter zwang ihn dann, dem Vater je nach ihrer Laune Haß oder Liebe vorzuheucheln. So wurde das Kind sehr früh hinterhältig, verdrückt, trotzig, scheu.
Das helle, bergige Land Tirol, in dem alles so klar und scharf im Licht stand, war ihm unangenehm. Er sehnte sich zurück in sein wolkiges, dunstiges Böhmen. Er blinzelte, er fühlte sich satt. Der Wein regte ihn auf, er wollte jetzt etwas tun, befehlen, quälen.
Sein Kämmerling stand hinter ihm, goß ihm aus goldenem Krug Wasser über die Hände. Johann herrschte ihn an, er solle besser achthaben, er gieße ihm das Wasser über die Ärmel. Der Kämmerling rötete sich, zuckte mit den kurzen Lippen, wollte erwidern, bezwang sich, schwieg.
Margarete wandte den Kopf, ließ ihre klugen, raschen Augen über den Kämmerling gehen. Der Knabe war drei, vier Jahre älter als Johann, schlank, kühnes, mageres, gebräuntes Gesicht mit starker Nase und kurzen, vollen Lippen; langes, unbekümmertes, kastanienfarbenes Haar.
»Wie heißt Ihr Knabe Kämmerling, Liebden ?« sagte sie mit ihrer warmen, klaren Stimme.
Johann sah schräg zu ihr herüber, mißtrauisch.
»Chretien de Laferte«, erwiderte er mürrisch.
Chretien war ihm seit etwa einem Jahr vom Hof seines Vaters beigegeben worden als älterer Spielgefährte und Kamerad, der ihm höfische Dienste leisten und vornehmlich französische und burgundische Sitte beibringen sollte.
»Geben Sie mir von dem Konfekt, Chretien !« sagte langsam, gleichmütig Margarete und sah ihn an.
Chretien, beflissen, reichte ihr die Schale mit Süßigkeiten. Sie brach mit großer Selbstverständlichkeit ein Stück in drei Teile, behielt den einen, reichte Johann den zweiten, den dritten dem befangenen Chretien.
Am Tisch der Herren beobachtete man den Vorgang, scherzte über die kindliche Nachahmung erwachsener Galanterie. Allmählich wurden die Scherze bösartiger. Man spöttelte über die ungewöhnliche Häßlichkeit der Braut. »Armer Junge !« sagte einer der Böhmen. »Der muß sich seine Länder sauer verdienen .« – »Da erobere ich lieber mit dem Schwert als so«, sagte ein anderer. – »Bis so ein Maul einem schmackhaft wird«, sagte ein dritter, »muß es dick geschmiert sein .« Die tirolischen Barone hielten sich zuerst zurück; aber schließlich, halb widerwillig, stimmten auch sie ein. Das Kind Margarete schaute herüber. Sie konnte unmöglich gehört haben; doch ihre großen, ernsthaften Augen schienen so wissend, daß die Herren fast betreten abbrachen.
Jakob von Schenna saß unter ihnen, der jüngste unter den Räten und Vertrauten König Heinrichs. Er war oft zu Gast auf den Schlössern des Königs. Das Kind Margarete sah ihn häufig. Er war der einzige, den sie mochte, dem sie vertraute. Er sprach nicht zu ihr mit jener törichten Herablassung, mit jener krampfigen Kindlichkeit, die sonst wohl Erwachsene annahmen, wenn sie mit ihr sprachen, und die sie bitter verdroß.
Er nahm sie und behandelte sie wie eine Große.
Er sah, wie sie prunkvoll feierlich dasaß, er sah den kleinen rohen, bösen böhmischen Prinzen, von dem kein Weg zu ihr führte, er sah, wie sie mit dem Kämmerling Chretien anzuknüpfen versuchte. Er hörte die schlimmen, verständnislosen Witzeleien über ihren armen Körper. Da stand er auf, schlenderte hinüber, stand vor ihr in seiner schlechten, nachlässigen Haltung, schaute sie höflich an aus seinen grauen, wohlwollenden, sehr alten Augen, machte gelassene, ernsthafte Konversation mit ihr. Wie ihr Herr Schwiegervater, die böhmische Majestät, glänzend aussehe, und wie man ihm die vielen Strapazen so gar nicht anmerke. Und daß der geplante Aufenthalt des Königs in Südtirol ihr selber, Margarete, wohl auch viele Mühe machen werde; denn der König werde wohl alle ihre Schlösser mit Gefolge und Mannschaft belegen. Und wieviel Geld ein allenfallsiger
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