Die haessliche Herzogin
seiner harten, herumgestoßenen Jugend kalte, harte Verschlagenheit angeeignet. Er wußte um seine Häßlichkeit; er hielt es für ganz in der Ordnung, daß alle ihn stießen. Er hätte, wäre er nur weiter oben, auch die anderen getreten. Er glaubte an nichts auf der Welt. Geld, Macht, Besitz, Lust war das Ziel aller Menschen, Geldgier, Machtgier, Geilheit ihre Motive. Es gab nicht Lohn, nicht Strafe, nicht Gerechtigkeit, nicht Tugend. Das ganze Getriebe war ohne Sinn. Es gab Geschickte und Tölpel, im übrigen Glück oder Unglück. Er hielt es mit jenem Lied, das sachlich und überzeugt sieben Dinge als erstrebens-und besingenswert preist. Fressen ist das erste, saufen das zweite, sich entleeren des Gefressenen das dritte, des Gesoffenen das vierte, bei einer Frau liegen ist das fünfte, baden das sechste, aber das siebente und schönste ist schlafen.
Als die Herzogin ihm offenkundig ihr Interesse zeigte, zweifelte er keinen Augenblick, daß dieses Interesse nichts sei als sinnlicher Kitzel. Es war im übrigen nicht weiter verwunderlich, daß die Häßliche gerade auf ihn, den Häßlichen, verfiel. Er hatte sich beschieden; er war nüchtern, sachlich. Er hatte sich gesagt, als fünfter Sohn und mit solchem Gesicht könne man unmöglich vorwärtskommen. Er hatte aber nie aufgehört, schlau, hart, sprungbereit, scharfäugig auf der Lauer zu liegen. Jetzt lohnte sich das prächtig. Es war ein Mordsglück, daß die häßliche Vettel an ihm Feuer fing. Er wird es nutzen.
Vor seinem Burschen ließ er sich gehen, jubelte wüst, unter unflätigen Lobpreisungen der Maultasch und ihrer Gier. Er schenkte, so geizig er sonst war, dem Jungen einen Sonderkrug Weines, soff mit ihm. Bei einer Kerze, einsam mit dem Jungen, soff er die ganze Nacht. Grölte sein Lied von den sieben erstrebenswerten Dingen. Quäkte, aus dieser Maultasch werde er sich zu bedienen wissen. Streckte sich dann wohlig zum Schlafen. Ja, dies war das Schönste, was es gab. Er spürte seine vor Übermüdung schmerzhaften Glieder.
Knackte mit den Gelenken. Sperrte das breite Maul auf. Wälzte sich, gähnte wollüstig. Schlief.
Schlau und vorsichtig ging er, aber nie zu bedenklich, seine Straße. Der Markgraf, das spürte er, mochte ihn nicht. Er blieb ihm aus dem Weg. Drängte sich auch sonst nicht vor. War nur immer da und packte im gegebenen Augenblick, wenn Margarete allein war, mit frecher Vertraulichkeit zu. So sackte er Schlösser, Herrschaften, Pflegen, Gerichte ein, wurde schließlich Landeshofmeister. Nie hätte ihm jemand, er sich selber nicht, einen solchen Aufstieg vorausgesagt. Er steckte, dreist grinsend und gefräßig, alles ein. Blieb als Landeshofmeister, was er als kleiner Offizier gewesen war.
Hatte vor nichts und niemand Respekt, glaubte an nichts als an Macht, Geld, Lust.
Margarete hängte nach wie vor alle ihre Träume an den Albino. Sein scheusäliges Aussehen machte ihn zum Gezeichneten, machte ihn ihr verwandt. Es mußte, mußte in diesem breiten, fleischigen, widerwärtigen Kloß eine Seele stecken. Es kam nichts von ihm zu ihr; alle Bindung war höchstens einmal ein arges, freches, gemeines Grinsen übler Vertraulichkeit. Sie sah diese Ödnis nicht, oder sie deutete seine Leere um in bittre Resignation, in gewollte Stummheit, die ihr Zartes, Edles schamhaft versteckte und verschwieg.
Mit Besorgnis schaute Herr von Schenna zu, wie eigentlich ohne tiefere Ursache, mehr durch ein Geschehenlassen, Margarete immer weiter von dem Markgrafen wegglitt und halb gegen ihren Willen zu dem Frauenberger getrieben wurde. Der war ihm tief zuwider.
Es kränkte ihn, störte ihn zumindest, daß die wählerische Margarete sich neben ihm gerade diesen Vertrauten auslas. Hatte er denn etwas gemein mit jenem?
War es möglich, daß sie seine feine, kultivierte, empfindsame Skepsis zusammenwarf mit der rohen, niedrigen Leerheit und Glaubenslosigkeit des Bayern? Es kratzte seine Eitelkeit, daß Margarete ihm diesen Genossen ihres Vertrauens gab.
Sonst ging es Herrn von Schenna jetzt sehr gut. Die Seuche war nicht an ihn herangekommen. Er hatte geerbt, hatte auch sonst die Zeit nach der Pest genutzt, seine herrlichen Besitzungen auszubauen und abzurunden. Auf seinen Schlössern lebte er fein und behaglich, zwischen Bildern, Büchern, Schmuck und Pfauen, lehnte nach wie vor jedes Amt ab, scharrte fröhlich und besinnlich über seine weiten Obstgärten, Äcker, Weinberge, wurde täglich milder, weiser, ruhte ganz in sich wie eine gepflegte, reifende
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