Die haessliche Herzogin
dachte bis an die Ebene, nicht weiter. Sie war die Tochter des kleinen Grafen von Tirol, eng, rechenhaft, krämerhaft. Er war der Erstgeborene des Römischen Kaisers, herrisch, weltweit, nur Gott und sich selber verantwortlich. Nein, zwischen ihm und ihr stand mehr als nur ihre Häßlichkeit.
Der feine Herr von Schenna sprach. Ludwig mochte ihn gar nicht in diesem Augenblick. Er war natürlich Margaretes Meinung, er war ja Tiroler, kein Bayer. Die Finanzen beider Länder aus eigenem großzupäppeln sei nun leider unmöglich. Da füge es sich gut, daß man den edlen Renner Bayern dem befreundeten Habsburger auf kurze Zeit zur Dickfütterung in den Stall geben könne. Bekomme man so endlich den nötigen Hafer für das gute Pferd Tirol. Wo bleibe übrigens ein anderer Ausweg?
Ja, wo blieb sonst ein Ausweg? Das war es. Es half nichts, die Gegengründe noch so hell ins Licht zu stellen. Man mußte das Angebot des Habsburgers schlucken. Der Markgraf duckte den Kopf auf den dicken, gefährlichen Nacken. Dankte den Räten, unwirsch, kurz. Sagte, er werde ihre Meinungen in Erwägung ziehen. Alle wußten, wie er entscheiden wird.
In dicker Verdrossenheit ritt Ludwig von Schloß Tirol ab, mit kleinem Gefolge, nach Norden, nach München, die letzten, nicht mehr wesentlichen Fragen zu regeln, ehe er das Land der Verwaltung des Habsburgers überstellte.
Ein trister Oktobertag. Feiner, fader, rieselnder Regen. Was hatte man vom Leben? Man regierte, man war ein großer Fürst. Aber das meiste, was man zu tun hatte, die meisten dieser feierlichen Zeremonien, Kundgebungen, Verschreibungen waren widerwärtig und beschwerten einem den Sinn. Die Verwaltung des Stammlandes dem Habsburger überlassen, ein freundlich Gesicht dazu machen, »Vergelt’s Gott !« dazu sagen. Er knirschte. Er sah die riesigen, stumpfen blauen Augen seines Vaters auf sich. Was hätte der dazu gesagt?
Zu Hause, die freuten sich. Der ekelhafte Schenna, der Neunmalkluge, der an allem seinen Spott hat, mit seinem frechen, faden, milden Lächeln. Der Frauenberger, der unverschämte Hammel, der von wittelsbachischer Würde quäkt, von der Bindung zwischen Wittelsbach und Bayern, und dabei innerlich seine höhnische Freude hat; denn der Giftpilz weiß sehr gut, er muß doch hineinbeißen. Die Maultasch, die an nichts denkt als an ihr Tirol, der sein Bayern ein Handelsobjekt ist, das sie gern hinschmeißt, kriegt sie nur die Gulden und Veroneser Mark. Die Häßliche, die ihn aller Christenheit zum Gespött macht! Wie sie ihm zuwider ist! Wie sie dasitzt und gespannt auf das Gequäk des Frauenbergers hört, des Albinos, des Mißgeschaffenen! Seine Frau! Seine Fürstin! Pfui! Die Maultasch!
Wirklich, in Christi Namen, was denn hatte man vom Leben? Konnte er nicht, auf dem Weg nach München, ehe er den sauren Trank schluckte, was tun, was weniger sauer einging? Wenn er etwa in Taufers zukehrte, sich mit eigenen Augen überzeugte, wie dort die Dinge standen? Es war nicht viel Zeit verloren; zudem, je länger er jenes hinausschob, so besser.
In Taufers war Agnes keineswegs so überrascht, als er wohl erwartet hatte. Ja, als der Pförtner ihr meldete, der Markgraf komme mit einigen Herren, da hatte sie wohl geatmet, die Arme gestreckt, ein sattes Lächeln um die sehr roten Lippen. Aber sie empfing den Fürsten mit gelassener Höflichkeit, keineswegs besonders geehrt. Auch das Mahl, das sie ihm vorsetzen ließ, die übrigen Zurüstungen waren zwar geschmackvoll und nicht unwürdig, aber weit entfernt von jenem prahlerischen Luxus, den man ihr nachsagte. Und mit dem sie auch weniger mächtige Herren, kleine italienische Barone etwa, bewirtet hatte.
Ludwig schaute sie an. Kerzen brannten, ein kleines Feuer im Kamin, wohlriechende Hölzer. Diener reichten Obst und Konfekt. Eine ziere Person, bei Gottes Marter und Tod! Kein Wunder, daß man viel über sie schwatzte. Aber leicht machte sie es einem nicht. Das Gespräch, das sie führte, war lau, ein bißchen spöttisch; sie ließ einen nicht heran. Der ernsthafte, ungewandte Markgraf machte ein paar hilflose Versuche, ihr etwas Galantes zu sagen. Sie schaute ihn ruhig und ohne Verständnis an. Nein, sie war geradezu spröde.
Um so unerwarteter kam andern Tages ihre gleichmütig vorgebrachte Bitte, sich dem Markgrafen auf der Reise nach München anschließen zu dürfen. Sie wolle ihre Schwester besuchen, habe auch sonst im Bayrischen Geschäfte.
Der Markgraf, zögernd, betreten, schwieg. Diese Bitte kam ihm ungelegen. Es
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