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Die Haie vom Lotus-Garten

Die Haie vom Lotus-Garten

Titel: Die Haie vom Lotus-Garten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Wolf
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dir, ich habe die Tasche in den Wagen
geworfen. So — als Reflex. Gedacht habe ich mir eigentlich nichts dabei. Aber
ich weiß, wo der Wagen steht. Nämlich kurz vor der Ausfahrt-Rampe. Der vierte
oder fünfte Wagen davor.“
    „Los, wir sehen nach.“
    Frank seufzte, als wäre das
nicht zumutbar, war aber nur mit seinem seelischen Latein am Ende, hatte
nämlich Bammel vor den Folgen seines kriminellen Handelns und war wohl auch
frustriert, weil er Tim — der bekanntlich jede action durchzieht, cool und
überlegt — total unterschätzt hatte.
    Wehe, du willst mich reinlegen!
dachte der TKKG-Häuptling und ließ den Schulsprecher nicht aus den Augen, als
sie die Ausfahrt-Rampe hochstiegen.
    Tim federte dabei in Knien und
Sprunggelenken, fühlte sich als Gewinner und hatte es nicht mehr nötig, den
niedergeschlagenen Kümmerer zu spielen — wie vorhin, als er mit Gang und
Haltung Mutlosigkeit hatte ausdrücken wollen.
    Frank schlurfte mit hängenden
Schultern. Und jeder Schritt wurde mit einem Seufzer begleitet. Außerdem
quietschte seine linke Schuhsohle, was sich ziemlich nervend anhörte.
    Sie gelangten in den dritten
Stock.
    Frank steuerte auf die Stelle
zu, wo vorhin der Wagen gestartet worden war.
    Fehlt nur noch, daß er weg ist,
dachte Tim.
    Dann hätte er beinahe
aufgelacht. Denn der Schulsprecher verharrte vor einer leeren Parktasche — der
einzigen, auf der kein Fahrzeug stand.
    Verzweifelt sah er Tim an.
    „Ich glaube, hier... hier war
es.“
    Tim stemmte die Fäuste in die
Hüften. „So, das glaubst du.“
    „Ehrlich! Hier... stand der
Wagen. Bei allen andern sind doch die Fenster geschlossen.“
    Ich glaub’s nicht! dachte der
TKKG-Häuptling. Diese Doppelnull hat die Beute weggeworfen. Entweder zu einem
Komplizen in den Wagen — dann war alles verabredet — oder bei einem Fremden
rein, der sich sehr freuen wird, wenn er merkt, was ihm da zugeflogen ist.
    „Dein Komplize“, sagte Tim,
„ist damit abgehauen. Und mir willst du das plumpe Märchen vom unglücklichen
Zufall erzählen, was? Aber jetzt ist meine Geduld am Ende.“ Tim schob sich die
Ärmel der Windjacke hoch.
    „Nein!“ quäkte der
Schulsprecher entsetzt. „Rühr mich nicht an! Ich sage die Wahrheit. Ich habe
keinen Komplizen. Ich habe die Tasche einfach nur weggeworfen. In einen... Ich
glaube, ein roter Wagen war’s. Ein... Vielleicht ein BMW. Ein älteres Modell.“
    Das könnte zutreffen, dachte
Tim. Der Motor klang so.

6. Kriminelles Trio
     
    Traugott Brigg schlotterte
nicht mehr. Die Aufregung hatte sich gelegt. Auch in Michaelas Gemüt war die
Ruhe eingekehrt als wäre schon Weihnachten.
    Sie, pummelig und hellhäutig,
fuhr den ältlichen Kastenwagen, der den nächsten TÜV in zwei Monaten nicht
überstehen würde. Auch die Wintertauglichkeit dieser Rostlaube war sehr in
Frage gestellt. Eisig pfiff der Wind durch undichte Stellen herein, außerdem klapperten
etliche Teile.
    Michaela ließ keinen Blick von
der Fahrbahn, wo der Schnee dünn lag, aber festgefahren und vereist war. Im
Magen der jungen Kindergärtnerin gluckste noch die heiße Schokolade. Aber es
konnte auch die Aufregung sein. Oder eine Verdauungsstörung.
    „Mit den Infos über die vier
Kreditkarten“, sagte sie, „verringern wir unsere Schulden um viermal 250 Mark,
also um einen Tausender. Ist das nicht wunderbar.“
    „Kacke!“ erwiderte Traugott. Er
fühlte sich grämlich und hatte am Daumennagel genagt. „Es sind immer noch 209
000 DM, die wir diesen Verbrechern schulden. Nicht einen Pfennig lassen sie uns
nach.“
    „Eines Tages“, erwiderte
Michaela frohgemut, „ist auch das vorbei.“
    „Eines Tages sitzen wir im
Knast.“
    „Du siehst alles zu schwarz.
Wir schaffen es, Gotti.“
    Er mochte diese verniedlichende
Abkürzung nicht. Aber seine Freundin hielt sich nicht daran. Er revanchierte
sich dafür, indem er sie Michi nannte.
    „209 000!“ sagte er langsam.
„Ein Vermögen. Wir schaffen es nie! Es ist einfach nicht zu schaffen. Wir
sollten auswandern. Nach Mexiko. Du könntest als Kindergärtnerin arbeiten. Und
ich... ich lege mich in die Sonne.“
    Beide lachten. Aber bei
Traugott klang es wie der Galgenhumor eines Deliquenten im Angesicht des
Galgens.
    „209 000“, sagte er wieder.
„Das bedeutet, wir müssen noch viermal 209 000 Daten über Kreditkarten
abliefern — bei den Haien. Das sind... äh... 836 000 Kreditkarten-Infos. Gibt
es überhaupt soviele Kärtchen in unserem Land?“
    „Millionen gibt es!“
    „Aber nicht

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