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Die Haie vom Lotus-Garten

Die Haie vom Lotus-Garten

Titel: Die Haie vom Lotus-Garten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Wolf
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tiefliegende Augen. Er verzog nie eine Miene
und wirkte im ganzen wie ein Trauerkloß. Man hätte ihn für einen
Beerdigungsunternehmer halten können, dem die Kunden wegbleiben, weil die
Lebenserwartung in Mitteleuropa immer besser wird und auch die Seuchen nicht mehr
so sind wie in alter Zeit. Tatsächlich war Blazen ein gemeiner Saukerl,
rücksichtslos und gierig.
    Ling Sing Ti, der gebürtige
Chinese, war von allen der Kleinste, nämlich nur 160cm groß, verteilte trotzdem
gern Wangenbussis an hochgewachsene Frauen, wobei er dann hüpfte. Ti war der
Verbindungsmann zu der „Haie-Connection“ in Frankreich, England, Schweiz,
Italien und Österreich.
    „Guten Abend“, sagte Traugott
mit schüchterner Stimme. „Wir haben wieder vier.“

    Niemand erwiderte den Gruß.
Grünert streckte die Hand aus. Blazen zischte, als er sich aus Versehen in die
Haut schnitt. Unter dem Daumennagel quoll ein Blutstropfen hervor. Blazen
begann, am Daumen zu lutschen.
    Michi hatte ihre Umhängetasche
geöffnet. Die kopierten Kreditkarten-Unterlagen wurden Grünert ausgeliefert. Er
warf einen Blick darauf.
    „Seid ihr blöd?“ fuhr er die
beiden an.
    Gotti und Michi zuckten
zusammen.
    „Ob ihr blöd seid?!“
    „Ich verstehe nicht“, flüsterte
Traugott.
    „Das sind nicht vier
Unterlagen. Das ist eine.“
    „Aber... es sind doch vier.“
    „Vier? Vier! Alle Kreditkarten
von einer Person. Von... wie heißt er? Rath-Stubenfrey. Was? Der? Das ist doch
ein Beamter. Benjamin Rath-Stubenfrey. Richtig. Über den habe ich mich mal
schrecklich geärgert. Na, jetzt kriegt er’s. Den machen wir pleite. Trotzdem,
ihr Armleuchter, es sind vier Karten von einer Person.“
    „Ich dachte…“, begann Traugott.
    „Du sollst nicht denken,
sondern Unterlagen ranschaffen“, wurde er von Grünert unterbrochen. „Es sind
vier Karten von einem Konto! Von einem ! Uns steht also nur ein Konto zur Verfügung, das wir abräumen können. Dafür genügt eine Karte. Die andern sind überflüssig. Das macht uns nur Arbeit. Klar?“
    „Ja.“ Traugott nickte.
    Michi kämpfte mit den Tränen.
„Aber können Sie uns nicht vier anrechnen? Ich meine, unsere Schulden um 1000
Mark verringern?“
    Grünert sah sie an, als hätte
sie ihn um sein linkes Bein gebeten als Fleischbeilage zur Gemüsesuppe.
    „Du spinnst wohl, Michaela von
Kante. Hast wohl nicht alle auf der Kante, hähäh! Sowas fangen wir gar nicht
erst an. Ihr habt unserer Organisation gewaltigen Schaden zugefügt. Nicht
absichtlich, ich weiß, aber aus himmelschreiender Dummheit. Normalerweise
machen wir mit Idioten wie euch kurzen Prozeß. Ihr könnt von Glück reden, daß
ihr noch gesund seid. Aber den Schaden, den erstattet ihr. Und weil ihr nichts
habt, werdet ihr ihn abarbeiten, wie es vereinbart ist. Nein, ich berechne nur
eine Karte! Nur 250,- Mark. Und nun haut ab, ehe mir der Kragen platzt.“
    Beide hatten die Köpfe
eingezogen, daß die Hälse völlig im Mantel verschwanden.
    Traugott ergriff die Hand
seiner Freundin, und beide wandten sich zur Tür. Doch sie wußten — es kam noch
was. Wie immer.
    „Heh“, sagte Grünert, „ihr wißt
doch, wie ihr euch im Falle eines Falles verhaltet? Ich meine, falls ihr
erwischt werdet.“
    „Ja“, sagte Traugott, „wir
erklären, es wäre das erste Mal, daß wir sowas machen. Wir täten es auf eigene
Rechnung und wollten selbst versuchen, Kreditkarten zu fälschen mit den Daten
der Bestohlenen, damit wir dann rasch mit den gefälschten Karten einkaufen
können — zu Lasten der Bestohlenen. Den Lotus-Garten kennen wir nicht. Wir
kennen weder Sie noch Herrn Blazen oder Herrn Ti.“
    „Haltet euch daran“, warnte
Grünert, „sonst trifft euch die fürchterliche Rache der Haie. Selbst im
Gefängnis kommen wir an euch ran.“

7. Radio-Durchsage
     
    „Nein“, sagte Klößchen, „das
Kennzeichen habe ich mir nicht gemerkt. Aber natürlich habe ich gesehen, daß
ein Wagen aus dem Parkhaus kam. Ganz recht! Ein roter BMW war’s, ein älteres
Baujahr. Eine Frau saß am Lenkrad, ein... äh... jüngeres Baujahr. Blond, glaube
ich. Aber ich habe mehr auf den Dackel geachtet. Der saß nämlich hinten, ist
aber in dem Moment nach vorn gesprungen — auf den Beifahrersitz. Das hat die
Frau abgelenkt, und sie wäre beinahe gegen das geparkte Motorrad geprallt —
dort bei der Ausfahrt.“
    „Danke, Klößchen!“ sagte
Kommissar Glockner.
    Er war eingetroffen — mit Gaby
und Karl.
    Zu fünft standen sie jetzt auf
der Berliner Straße,

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