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Die Haie vom Lotus-Garten

Die Haie vom Lotus-Garten

Titel: Die Haie vom Lotus-Garten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Wolf
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Beute.
Vielleicht hat sich die Frau in das Bürohaus geflüchtet. Sind dort Wohnungen?“
    Glockner wußte es nicht, hob
die Schultern und schaltete die Sirene ein, denn vor ihnen war die Fahrbahn
verstopft. Drei oder vier Sonntagsfahrer pennten in ihren Blechkutschen. Jetzt
rückten alle nach rechts, und der polizeiliche Privatwagen preschte vorbei.
    Noch ein kurzes Stück zur
Boraner Straße. Hier wuchsen die vielstöckigen Bürobauten wie Pilze. Aber das
gesuchte Gebäude war sofort auszumachen, der rote BMW davor war nämlich nicht
zu übersehen.
    Tim spähte umher. Doch da war
keine Menschenseele, abgesehen von einem Schatten dort hinter der Litfaßsäule.
    Glockner hielt neben dem BMW,
alle sprangen ins Freie, und der Schatten verdichtete sich zur Gestalt eines ältlichen
Mannes, der jetzt eiligst herankam.
    „Sind Sie von der Polizei?“
    Glockner bestätigte das.
    Aber der Oldie — er mochte
siebzig sein und stützte sich auf einen Spazierstock — beäugte mit deutlichem
Mißtrauen das TKKG-Team. Für Polizisten — auch für kriminalistische Azubis —
schienen die reichlich jung zu sein.
    „Ich bin Kommissar Glockner“,
erklärte Gabys Vater und zeigte seine Marke. „Warten Sie bitte, bis ich zurück
bin.“
    Er lief schon zum Eingang, denn
vielleicht kam es auf jede Sekunde an. Über die Schulter rief er, alle sollten
beim Wagen bleiben. Logo! Denn Gabys Vater trug die Verantwortung, falls was
passieren würde — was durchaus möglich war bis hin zur Schießerei.
    Allerdings fühlte Tim sich
nicht angesprochen.
    „Ihr habt’s gehört“, meinte er
cool. „Hierbleiben!“ Damit folgte er seinem künftigen Schwiegervater im
Laufschritt.
    Die Eingangstür bestand nur
noch aus dem Stahlrahmen und Glasresten. Sie war abgeschlossen.
    Glockner war durch das
mannshohe, von Splittern eingefaßte Loch gestiegen, und Tim tat es ihm nach.
Die Eingangshalle war erleuchtet.
    Glockner drehte sich um. „Was
ich sagte, Tim, gilt auch für dich.“
    „Ich weiß, Herr Glockner. Aber
ich kann Ihnen notfalls den Rücken decken. Außerdem habe ich ja genug Erfahrung
gesammelt. Ich mache mit auf eigene Verantwortung; und letztlich bin ich ja
schuld an allem — indirekt. Ohne die Verfolgungsjagd im Parkhaus wäre die
BMW-Fahrerin nicht in Gefahr geraten.“
    Der Kommissar erwiderte nichts,
sondern spähte in den Flur, der nach hinten führte. Dort stand eine Bürotür
offen. Sie gehörte zu den Geschäftsräumen eines gewissen Erwin S. Polluk und
war ebenfalls gewaltsam geöffnet worden. Jedenfalls hing das Türschloß in
Fransen.
    Im Büro brannte Licht.
    Glockner hielt seine Waffe in
der Hand und äugte um die Türfüllung herum.
    „Polizei! Ist hier jemand?“
    Keine Antwort.
    Tim spürte: Das Büro war
menschenleer. Aber ein kalter Wind pustete heraus, produzierte sogenannten
Durchzug. Denn in dem gemütlichen Büro stand ein hofseitiges Fenster offen. Der
Vorhang war in Eile zur Seite gerafft, der Hof dunkel, die Atmosphäre düster
und bedrohlich.
    Tim und der Kommissar traten
ein.
    Der TKKG-Häuptling sah sofort:
Der Telefonhörer lag neben dem Apparat und auf einem der Sessel eine typische
Hundedecke mit Spuren kurzen Stichelhaares, was auf einen Rauhhaardackel
hindeutete.
    Glockner hatte sich zum Fenster
hinausgebeugt und offenbar Spuren im Schnee entdeckt.
    „Da!“ Er wies Tim daraufhin.
„Kleine Füße. Die gehören vermutlich der Frau. Und solche von Größe 44 oder 45.
Die gehören dem Einbrecher.“
    „Hat er die Frau entführt?“
    „Dann hätte er sicherlich nicht
den Weg durchs Fenster gewählt.“
    „Also ist sie vor ihm
geflohen?“
    „Das nehme ich an. Sie hatte
sich hier eingeschlossen. Aber sie hörte natürlich, wie die Eingangstür
zerschmettert wurde, und ist getürmt.“
    Tim nahm den Hörer ans Ohr,
aber da war nur das Freizeichen. Entweder hatte der Gesprächsteilnehmer
aufgelegt, oder die Verbindung war gar nicht zustande gekommen.
    „Jetzt fragt es sich“, sagte
Glockner, „wie dicht ihr der Kerl auf den Fersen ist. Hier sehen wir uns noch
gründlich um. Aber erst befragen wir den Zeugen.“
    Er hieß Ewald Speichensplitter,
war 72 und Rentner, pflegte hier seinen Abendspaziergang zu machen und hatte
lediglich beobachtet, wie ein hünenhafter Mann die Glastür in Stücke trat. Den
Mann beschrieb er als blond, in mittleren Jahren und mit einem aus dem Gesicht
hängenden, mongolischen Bart. Der Einbrecher hätte eine grüne, braune, graue
oder blaue Joppe getragen — mit

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