Die Haie vom Lotus-Garten
das
abgespielt?“
„In einem Parkhaus, glaube
ich.“
Sie kreischte los. „Im Parkhaus
Berliner Straße. Dort... dort war ich. Ich bin nicht zu den Giesekes gefahren,
sondern habe Heidrun besucht.“
„Wie bitte?“
„Jaaaaa!“
„Und die Tasche?“
„Die habe ich. Ich dachte, sie
gehört dir. Reingesehen habe ich nicht. Sie war im Wagen. Daß sie reingeworfen
wurde, habe ich nicht bemerkt. Ich hatte mich geduckt. Weil die beiden am Wagen
vorbeirannten. Eine Verfolgung. Im Parkhaus. Ich allein. Nur Küßchen. Bin fast
umgekommen vor Angst. Erst hier habe ich die Tasche entdeckt.“
„Sieh nach, was drin ist!“
„Ja.“ Sie legte den Hörer auf
den Schreibtisch und lief zur Tasche.
Der Reißverschluß klemmte.
Beates Hände zitterten. Endlich konnte sie den Zip öffnen, und das Geld quoll
ihr entgegen. Ihr Herz hämmerte. Doch nur einen Augenblick weidete sie sich am
Anblick der Banknoten.
Wieder am Hörer, kippte ihre
Stimme. „Es... es ist die richtige Tasche. Voller Geld.“
„Wahnsinn! Wir haben 80 000!“
„Wir können doch das Geld nicht
behalten!“
„Wieso nicht? Moment, Beate!
Erst mal ganz ruhig! Laß uns überlegen. So ein warmer Regen kommt nur einmal.
Der Zufall will doch offensichtlich, daß wir die... die Nutznießer sind.
Immerhin ist es mein Wagen, in dem das Geld gelandet ist. Aber natürlich
beteilige ich dich. Wir machen halbe-halbe.“
„Bist du übergeschnappt?! Das
wäre Fundunterschlagung.“
„Ein dummes Wort, Schatzilein.
Es geht doch nur um die Bankraubbeute bei Schneider und Pleitzke. Hast du in
den Nachrichten gehört, ja?“
Beate hatte es gehört, aber
keine Einzelheiten im Kopf. Jetzt stürzte die Furcht auf sie ein wie eine
Lawine vom Dach. War die Polizei schon unterwegs? Hielt man die BMW-Fahrerin,
also sie, für eine Diebin? Wurde nach ihr gefahndet?
Erwin schien zu spüren, was
sich in ihr abspielte. Seine Stimme nahm einen beschwörenden Ton an.
„Beatchen! Nicht übereilt
handeln! Warte, bis ich da bin. Wir besprechen alles bei Giovanni. Denk doch
nur, was du dir kaufen könntest. Himmel! Ich spare schon zwei Jahre auf eine
Wohnung. Mit dem Kies hätten wir sie sofort — und könnten heiraten. Du brauchst
dir auch kein schlechtes Gewissen zu machen. Die Banken sind alle versichert.“
In diesem Moment hörte Beate
das Geräusch.
Es kam aus der Eingangshalle.
Glas war gesplittert. Glas? Gläsern war nur die Haustür.
„Warte mal!“ keuchte Beate,
legte wieder den Hörer ab und lief zur Tür.
„Stell die Tasche sofort in den
Safe!“ quäkte Erwins Stimme aus dem Hörer. In der Stille war das meterweit zu
verstehen. „Zwei, eins, zwei ist der Code... äh, nein, eins, zwei, eins —
verdammt! du weißt schon. Genau wie Küßchen. Unsere Eselsbrücke! Heh, Beatchen!
Wo bist du?“
Beatchen preßte ein Ohr an die
Tür und horchte.
Küßchen hatte sich auf dem
Sessel ohne Decke zusammengerollt, hob aber jetzt den Kopf, aufmerksam, leise
grummelnd aus der Tiefe der Dackelbrust.
Trotzdem hörte Beate die
Schritte.
Sie waren leise, sehr leise,
kamen heran und verharrten vor der Tür. Natürlich! Durch die Ritze fiel Licht
hinaus. Eigentlich durfte das nicht sein. Aber in diesem Bürohaus war kaum
etwas so, wie es sein sollte.
Beate meinte, sie werde
ohnmächtig. Instinktiv spürte sie: Dort draußen war ein Mann. Der aus dem
Kleinwagen. Sie war verfolgt worden von dem Kerl. Er wollte das Geld.
Mit zitternder Stimme rief sie:
„Ich habe die Polizei verständigt. Sie kommt her. Ist schon unterwegs. Gehen
Sie weg! Ich... bin auch bewaffnet. Ich habe ein...“, sie hatte keine Ahnung
von Feuerwaffen und vollendete, „eine Maschinenpistole.“
Draußen ertönte ein häßliches Lachen.
Auf die Klinke wurde vergebens gedrückt. Dann warf sich der Kerl gegen die Tür.
9. Zum Tatort
Der hat Nerven! dachte Tim.
Erst brockt er uns die Suppe ein, und jetzt tanzt er hier an, um zu sehen, wie
wir löffeln.
Der Kombi hielt vor Glockners
BMW. Die Antennen wippten dabei noch heftiger. An der Seitentür war eine
Eigenwerbung angebracht mit weißer Schrift auf dunklem Grund: Am Tag und in
der Penne — Euer Sender die STEILE ANTENNE.
An wen wendet der sich? dachte
Tim. An Gehirnamputierte mit Gehörschäden? Klingt ja schlimmer als Fernsehen.
Der Hörfunkreporter Robert
Proit stieg aus. Er grinste speckig, hatte sein Aufnahmegerät umgehängt und
hielt das Mikrofon in der Hand.
Er hatte blondes Haar, das er
vermutlich nur an hohen Feiertagen
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