Die Halidon-Verfolgung - Ludlum, R: Halidon-Verfolgung - THE CRY OF THE HALIDON
der erste Zeuge war, der einen Kausalzusammenhang erkannte, wenn er ihn sah.
Wie bei den Baracoa-Fasern.
Er konnte eine ungeheure Fantasie entwickeln, wenn er
Form und Dichte mikroskopischer Partikel untersuchte. Ein Genie, das einhundert Millionen unendlich kleiner Objekte manipulierte. Es war eine Art Kontrolle.
Auch jetzt hatte er die Kontrolle. Über einen Mann, der nicht wußte, wie es war, wenn man sich lauthals über Nichtigkeiten beschweren mußte, weil einem niemand Beachtung schenkte. Wie es war, wenn auf dem Bankkonto immer nur ein paar Pfund lagen, weil niemand einem das zahlte, was die eigene Arbeit wert war.
Aber das würde sich alles ändern. Er sah nun klar vor Augen, was gestern noch groteske Fantasie gewesen war: sein eigenes Labor mit den teuersten Geräten — elektronisch, computerisiert, datenbankgestützt. Die kleinen Zettel, auf denen stand, von wem er sich zuletzt etwas ausgeliehen hatte, konnte er dann wegwerfen.
Ein Maserati. Er würde sich einen Maserati kaufen. Arthur Craft hatte einen, warum also sollte er keinen haben?
Arthur Craft bezahlte ja dafür.
Ferguson warf einen Blick auf seine Armbanduhr — seine viel zu billige Timex — und winkte dem Barkeeper, weil er zahlen wollte.
Als der Barkeeper nach dreißig Sekunden noch nicht gekommen war, griff Ferguson nach dem Stück Papier vor sich und drehte es um. Es war kein Kunststück, alles zusammenzuzählen — ein Dollar und fünfzig Cents mal zwei.
Und dann tat James Ferguson etwas, was er noch nie in seinem Leben getan hatte. Er zog einen Fünf-Dollar-Schein aus der Tasche, knüllte ihn in der Hand zusammen, stieg von seinem Barhocker herunter und warf die Papierkugel in Richtung der Kasse, die einige Meter von ihm entfernt stand. Der Schein prallte an den Flaschen auf dem beleuchteten Regal ab und flog in einem hohen Bogen auf den Fußboden.
Er ging auf den Eingang zu.
Es war eine betont männliche Geste gewesen. Das war das Wort, das war das Gefühl.
In zwanzig Minuten würde er den Boten von Craft dem Jüngeren treffen. Auf der Harbour Street, in der Nähe der Parish Wharf, auf Pier 6. Der Mann würde sich ihm gegenüber
unterwürfig verhalten — er hatte keine andere Wahl — und ihm einen Umschlag mit eintausend Dollar geben.
Eintausend Dollar.
In einem einzigen Umschlag. Die er sich nicht über Monate hinweg vom Munde abgespart hatte und die weder von den Fangarmen des Finanzamtes noch von alten Gläubigern halbiert werden würden. Er konnte damit machen, was er wollte. Sie aus dem Fenster werfen, für unnützen Plunder ausgeben, ein Mädchen bezahlen, damit sie sich und ihn auszog und das mit ihm machte, was bis jetzt nur Fantasien gewesen waren — bis gestern.
Er hatte sich Geld von McAuliff geliehen. Eigentlich war es ein Vorschuß auf sein Gehalt gewesen. Zweihundert Dollar. Es gab keinen Grund, es zurückzuzahlen. Nicht jetzt. Er würde einfach zu McAuliff — >Alex<, von jetzt an würde er ihn >Alex< oder vielleicht >Lex< nennen, ganz lässig, ganz selbstbewußt — sagen, daß er das dumme Geld von seinem Gehaltsscheck abziehen solle. Alles auf einmal, wenn er wolle. Es sei belanglos. Es sei eine Kleinigkeit.
Und das war es auch, dachte Ferguson.
Arthur Craft würde ihm jeden Monat einen Umschlag geben. Sie hatten tausend Dollar für jeden Umschlag vereinbart, aber das konnte sich auch ändern. Abhängig davon, wie sich seine Lebenshaltungskosten entwickelten. Mehr, wenn seine Bedürfnisse und seine Ansprüche größer wurden. Es war erst der Anfang.
Ferguson überquerte den St. James Square und ging weiter zum Hafenviertel. Die Nacht war warm, ohne einen Windhauch und schwül. Dicke Wolken, die tief am Himmel hingen und Regen ankündigten, hatten sich vor den Mond geschoben. Die veralteten Straßenlaternen warfen ein gedämpftes Licht, das gegen die grellen Leuchtreklamen in Weiß und Orange ankämpfte, mit denen die Vorzüge des Nachtlebens von Montego Bay angepriesen wurden.
Ferguson hatte die Harbour Street erreicht und wandte sich nach links. Unter einer Straßenlaterne blieb er stehen und warf wieder einen Blick auf seine Armbanduhr. Sie zeigte 0 Uhr 10. Craft hatte Viertel nach zwölf gesagt. In fünf
Minuten würde er eintausend Dollar in den Händen halten. Pier 6 befand sich direkt vor ihm, auf der rechten Seite der Straße. Kein einziges Schiff lag hier vor Anker, und in dem riesigen Verladebereich hinter dem hohen Maschendrahtzaun wurde nicht gearbeitet. Eine nackte Glühbirne in einem
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