Die Halidon-Verfolgung - Ludlum, R: Halidon-Verfolgung - THE CRY OF THE HALIDON
in die Stadt zu Fuß gelaufen.
Vor zehn Jahren war St. Anne’s ein Treffpunkt für die Anhänger der Bewegung in Falmouth und Ocho Rios gewesen. Die >reichen Nigger<, so hatten sie sich genannt, besaßen ansehnliche Felder in Drax Hall, Chalky Hill und Davis Town. Männer mit Landbesitz und einem bescheidenen Reichtum, den sie der Erde abgerungen hatten und auf keinen Fall den Speichelleckern des Commonwealth in Kingston überlassen wollten. Whitehall konnte sich noch an die Namen erinnern, so wie er sich an fast alles erinnern konnte — eine notwendige Eigenschaft -, und innerhalb von fünfzehn Minuten nach seiner Ankunft in St. Anne wurde er von einem Mann in einem neuen Pontiac abgeholt, der anfing zu weinen, als er ihn sah.
Nachdem er ihm gesagt hatte, was er brauchte, führte man ihn zum Haus eines anderen Mannes in Drax Hall, dessen Hobby Maschinenbau war. Die Vorstellung war kurz. Der zweite Mann umarmte ihn und hielt ihn so lange fest — ohne ein Wort zu sagen -, daß Charles sich schließlich von ihm losmachen mußte.
Sie brachten ihn zu einem Geräteschuppen an der Seite des Hauses, wo alles, was er verlangt hatte, auf einem langen, schmalen Tisch an der Wand ausgebreitet war, der ein Spülbecken in der Mitte aufwies. Zusätzlich zu der Lampe an der Decke gab es noch eine schwenkbare Leuchte, deren helles Licht auf eine kleine Fläche gerichtet werden konnte. Charles schmunzelte, als er neben all diesen Gerätschaften eine Schale mit Früchten und einen großen Zinnkrug mit Eis erblickte.
Ein Messias war zurückgekehrt.
Und jetzt war die Archivkassette offen. Er starrte auf das abgetrennte Ende, dessen metallische Ränder immer noch in einem dunkler werdenden Orange und dann längere Zeit gelb glühten. Bald würden sie wieder schwarz sein. Im Inneren konnte er die braunen Falten einer Dokumentenrolle sehen — die Hülle, in der gefaltete Papierseiten normalerweise aufbewahrt wurden, jedes Blatt von einer kaum merklich angefeuchteten Schutzhülle umgeben.
Ein Tresor in der Erde. Genau für tausend Jahre.
Walter Piersall hatte einen Stein vergraben — für viele Jahrhunderte, falls sein eigenes Jahrhundert diesen Stein übersehen sollte. Er war ein Profi gewesen.
Wie ein Arzt bei einer schwierigen Geburt griff Charles hinein und zog das heißersehnte Kind aus dem Leib der Mutter heraus. Er löste die Seiten voneinander und begann zu lesen.
Akaba.
Der Stamm Akabas.
Walter Piersall hatte die Archive auf Jamaika durchforstet und den kurzen Hinweis in den Aufzeichnungen gefunden, in denen die Maroon-Kriege erwähnt wurden.
»Am 2. Januar 1739 führte ein Nachkomme der Häuptlinge
der Coromantees, ein gewisser Akaba, seine Anhänger in die Berge. Der Stamm von Akaba wollte dem Cudjoe-Vertrag mit den Briten nicht zustimmen, da besagter Vertrag von den Afrikanern verlangte, im Auftrag der weißen Garnisonen entflohene Sklaven einzufangen ...«
Ein geheimnisvoller Offizier der Armee hatte dies dem Chronisten Seiner Majestät in Spanish Town, der Hauptstadt der Kolonie, gemeldet.
»Middlejohn, Robt., Maj. W.I. Reg. 641.«
Der Name >Middlejohn, Robt.< war deshalb so wichtig, weil Piersall noch etwas herausgefunden hatte.
»Der Chronist Seiner Majestät. Spanish Town. 9. Februar 1739. [Dokumente eingezogen. Middlejohn. W.I. Reg. 641.]«
Und ...
»Der Chronist Seiner Majestät. Spanish Town. 20. April 1739. [Dokumente eingezogen. R.M. W.I. Reg. 641.]«
Jemand hatte sich für »Robert Middlejohn, Major, West Indian Regiment 641«, interessiert — im Jahre des Herrn 1739.
Wer?
Warum?
Walter Piersall hatte Wochen gebraucht, um den nächsten Hinweis im Institut zu finden. Einen zweiten Namen.
Aber nicht im achtzehnten Jahrhundert. 144 Jahre später, im Jahr 1883.
»Fowler, Jeremy. Schreiber. Auswärtiger Dienst.«
Ein gewisser Jeremy Fowler hatte mehrere Dokumente aus den Archiven in der neuen Hauptstadt Kingston entfernt, und zwar »auf Anweisung des Außenministeriums Ihrer Majestät, 7. Juni 1883. Victoria Regina.«
Die Kolonialdokumente, um die es ging, wurden einfach ›Middlejohn-Papiere, 1739< genannt.
Walter Piersall stellte verschiedene Vermutungen an. War es denkbar, daß die Middlejohn-Papiere noch mehr über den Stamm Akabas berichteten, wie dies das erste Dokument getan hatte? War das Verbleiben dieses ersten Dokuments in den Archiven ein Versehen? Das Versäumnis eines gewissen Jeremy Fowler, geschehen am 7. Juni 1883?
Piersall flog nach London und benutzte seinen
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