Die Hallen der Unendlichkeit (German Edition)
…“
„… dass Wasser das ideale Medium zum Wechseln zwischen den Hallen ist, wissen wir!“, ergänzten Lars, Mike, Salvatore und Hans im Chor. Dabei bedachten sie den Seefahrer mit ironischen Blicken. Irritiert schwieg Jonathan, sein selbstzufriedenes Lächeln verblasste.
Hallgard fuhr fort: „Ihr werdet es zwar vermutlich traurig finden, aber es ist nun die Zeit des Abschieds gekommen. Seht euch noch einmal an, meinetwegen gebt euch noch einmal die Hand oder klopft euch auf die Schulter.“
Das war nun eine unerwartete Wendung, mit der keiner gerechnet hatte. Überrascht, aber auch traurig sahen sich die Gefährten an.
„Aber warum denn?“, piepste der kleine Pietrino. „Ich will nicht von den anderen weg!“
Hallgard lachte leise. „Es geht aber nicht anders. Die Träume, die ihr habt, sind nicht die gleichen. Solange ihr nach der Halle der zerbrochenen Träume gesucht habt, wart ihr eine Gemeinschaft. Doch euer gemeinsames Ziel ist nun erreicht, und somit endet eure Zeit als Gefährten. Das ist zwar ein wenig traurig, aber das Leben ist nichts als ein ständiges Begrüßen und Abschiednehmen. Doch keine Sorge: Salvatore bleibt dir erhalten, Pietrino, denn eure Träume sind einander sehr ähnlich.“
Da sahen sich die sechs Jungen und Männer aber dumm an. Auch Andrea, die erst seit kurzer Zeit der Gemeinschaft angehörte, wusste zunächst nicht, was sie sagen sollte. Aber dann plötzlich lagen alle einander in den Armen. Fast alle vergossen Tränen. Jeder dachte an die vergangene Zeit, an die Abenteuer, die sie gemeinsam überstanden hatten. Und sie dachten auch daran, dass einer aus der Gemeinschaft fehlte, der weniger Glück gehabt hatte als die übrigen. Und dass jedem aus der Gemeinschaft vermutlich das gleiche hätte passieren können.
Irgendwann war es dann soweit, dass sie ihre Aufmerksamkeit wieder der Hüterin der Hallen zuwandten. Hallgard hatte lächelnd und geduldig zugesehen, wie die Gefährten einander Lebewohl sagten.
„Jeder von euch soll nun von mir als Geschenk erhalten, was er sich am Sehnlichsten wünscht“, sprach sie leise. „Jonathan, mit dir will ich beginnen. Wenn du an Bord deines Schiffes zurück bist, wirst du eine Karte vorfinden, die dir alle Verbindungen zwischen den Hallen der Unendlichkeit aufzeigt. Mehr noch, sie wird dir auch einen Weg zeigen, wie du die sieben Weltmeere der Erde erreichen kannst. Das heißt also, dass du – sofern du es wünschst – das Grab deines Vorfahren Sir Francis Drake aufsuchen kannst.“
Jonathan lächelte. „Das ist großartig! Das ist das Beste, was sich ein Seemann wünschen kann.“
Hallgard nickte sanft. „Dann geh!“ Aus der Wasserfläche des Teiches stiegen Nebelschwaden auf, die die Brücke und den hinteren Teil des Raumes einhüllten und der Sicht der Gefährten entzog.
Das Lächeln auf dem Gesicht des Seemannes verschwand. Er zeigte auf die Brücke und sah Hallgard fragend an. Die nickte erneut. Da machte Jonathan den ersten Schritt auf die Brücke zu, zögernd zunächst. Er blieb stehen und sah sich noch einmal kurz um, dann gab er sich einen Ruck. Entschlossen setzte er einen Fuß vor den nächsten, betrat die Brücke und verschwand im Nebel. Plötzlich ertönten die vielfältigen Rufe der Tierwelt eines Dschungels in Hallgards Halle. Die Konturen Jonathans tauchten noch einmal kurz auf und wurden wieder undeutlich, dann waren sie endgültig verschwunden.
„Alles Gute, Käptn“, murmelte Hans leise. „Und immer eine Handbreit Wasser unter dem Kiel.“
Wie von weither hauchte Jonathans Stimme durch die Luft. „Du hast vergessen, dass mein Boot auch an Land fahren kann. Auch euch alles Gute!“ Der Seemann musste das Murmeln von Hans wohl gehört haben, so leise es auch gewesen war.
Der Nebel verzog sich, die Brücke, der Teich und der Raum waren wieder voll einsehbar. Jonathan blieb verschwunden.
Pietrino war verschreckt. „Wo ist er? Wo ist Jonathan?“
Auch Lars und Mike waren ein wenig mehr als nur verblüfft, dass der Gefährte so schnell weg war.
„Er ist jetzt schon wieder an Bord seiner Unterwassergaleere“, sagte Hallgard beruhigend. „Ich habe ihn so schnell wie möglich dorthin geschickt, wo ihr alle das Boot verlassen habt. Abschiede sollten kurz sein.“ Darauf wandte sie sich an Andrea. „Die Halle, in die du gerietst, als du den Wasserfall hinab stürztest und Hans dich für tot hielt, wäre das nicht die richtige Umgebung für einen kleinen Jungen und einen großen, starken und
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