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Die Hallen der Unendlichkeit (German Edition)

Die Hallen der Unendlichkeit (German Edition)

Titel: Die Hallen der Unendlichkeit (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H. H. T. Osenger
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Stiefvater. Aber das änderte nichts an dem mir vorbestimmten Schicksal.“
    In diesem Augenblick gab es auf der Tanzfläche einen Tumult. Die Musik verstummte, die Tänzer aus Ober- und Unterstadt räumten schleunigst das Feld, jeder strebte seiner Seite zu. Zurück blieben nur ein älterer Mann aus Oberstadt, der die prächtige Kleidung eines Kaufmannes trug, und ein Arbeiter aus Unterstadt, der offensichtlich stark angetrunken war. Er hatte den Kaufmann mit der Rechten an der Jacke gepackt, schwankte leicht vor und zurück und brüllte: „Du bist mir auf den Fuß getreten und nennst mich auch noch Tölpel? Du kraftloses Kaufmännchen, dich habe ich gleich windelweich geschlagen!“
    Im Nu war Brutus auf den Beinen und hatte seinen Stock gegriffen. Ein kurzer Wink, und mit einem Knurren und Grollen fuhren die Hunde aus der Ecke auf. Mit einigen schnellen Schritten war der Henker auf der Tanzfläche. Die Hunde blieben bei ihm, hielten sich aber zurück.
    Der angegriffene Kaufmann blickte dem Schwarzgewandeten Hilfe suchend entgegen, der Betrunkene hatte ihn noch nicht bemerkt. Brutus legte dem Mann aus Unterstadt den silbernen Knauf seines Stocks auf die Schulter. Darauf wendete dieser langsam und schwerfällig den Kopf, erkannte den Mann, der sich ihm genähert hatte, und ließ die Jacke des Mannes aus Oberstadt los. Für einen Augenblick kämpften Wut und Angst auf seinem Gesicht um die Oberhand.
    „Gib Ruhe und setze dich auf deinen mageren Hintern“, sagte Brutus gerade so laut, dass die Gefährten am Tisch es noch verstehen konnten. „Dann will ich vergessen, dass du Streit gesucht hast.“
    Sah es erst so aus, als würde der Mann aus Unterstadt sich besinnen, da kochte auf einmal der Zorn wieder in ihm hoch. Mit seiner Hand wischte er den Stock von seiner Schulter und schrie: „Verflucht sollst du sein, Henker, dass du es wagst, einem ehrlich arbeitenden Mann zu drohen.“
    Obwohl er schwankte, versuchte er Brutus anzugreifen. Dieser wich geschickt aus, stellte dem Betrunkenen ein Bein und hielt gleichzeitig die knurrenden Hunde zurück, die fast schon dabei waren, mit gefletschten Zähnen über den Unglücklichen herzufallen. Der Mann aus Unterstadt fiel, versuchte wieder auf die Beine zu kommen und wurde von zwei halbwegs nüchternen Arbeitern aus Unterstadt gepackt und von der Tanzfläche gezogen. Brutus verzichtete darauf, ihm nachzusetzen. Stattdessen wandte er sich dem Kaufmann zu, der immer noch, gelähmt vor Schreck, da stand und glotzte.
    „Nun, lieber Onkel, erinnert Ihr Euch meiner noch?“
    Hatte der Mann aus Oberstadt eben noch den Henker mit seinen Augen um Hilfe angefleht, so wandte er jetzt nur noch den Blick ab und verschwand. Zurück blieb Brutus, umringt von seinen Höllenhunden, sah verächtlich in die Runde und lachte. Niemand sah ihn an, alle taten so, als existiere er nicht. Eisige Stille herrschte auf dem Platz.
    „Musiker, spielt!“, rief Brutus und kehrte an seinen Tisch zurück.
    Die Männer und Frauen auf der Bühne sahen sich einen Augenblick unentschlossen an, dann nickte der mit dem Dudelsack und begann einen Melodie zu spielen. Zögernd nahm ein Musiker nach dem anderen die Melodie auf.
    Als Brutus sich setzte, schickte er die Hunde mit einer herrischen Handbewegung in ihre Ecke zurück. Dann musterte er der Reihe nach seine Gäste. „Ich bin wirklich überrascht, Euch immer noch hier zu sehen. Ich hätte mich nicht gewundert, wenn Ihr den kleinen Zwischenfall genutzt hättet, Euch unauffällig zu verdrücken.“
    Hans erwiderte den Blick und auch das spöttische Lächeln des Henkers. „Sehen wir so aus, als wären wir dermaßen feige?“
    Brutus sah Hans lange und nachdenklich an. „Nein. Ihr seid von anderer Art, mein Herr. Nicht so feige und kleinherzig wie die Kaufleute, nicht so dumm und primitiv wie das Volk aus Unterstadt. So mutig und couragiert wie die Grafen und Freiherren, die manchmal hier durchreisen, möchte ich sagen, aber nicht so arrogant und selbstgefällig. Nein, Euch weiß ich nicht einzuordnen.“
    „Und was denkt Ihr von meinen Gefährten?“, fragte Hans weiter.
    „Zu denen habe ich noch keine Meinung“, antwortete Brutus ebenso offen.
    Nach dem Zwischenfall auf der Tanzfläche war die Stimmung dahin. Mehr und mehr Leute aus Oberstadt verließen ihre Tische und verschwanden. Vermutlich gingen sie heim. Der Betrunkene aus Unterstadt wankte, auf eine Frau und einen großen Jungen gestützt, ebenfalls davon. Mehr und mehr Tische wurden von den

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