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Die Hallen der Unendlichkeit (German Edition)

Die Hallen der Unendlichkeit (German Edition)

Titel: Die Hallen der Unendlichkeit (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H. H. T. Osenger
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Lederbeutel, den Hans sich zusätzlich zu seinem Rucksack umgehängt hatte. „Was hast du da drin?“
    „Das ist mein Tor, das mich von der Erde zu meiner Halle bringt“, antwortete Hans.
    „Ach so!“ Jonathan war offensichtlich neugierig. „Ich hatte immer angenommen, die seien alle im Laufe der Zeit verloren gegangen.“
    Hans lächelte. „Ich kann dir versichern, dass ich meines wie mein höchstes Gut bewache, denn sonst kann ich mir eine Rückkehr in meine Welt für alle Zeiten aus dem Kopf schlagen.“
    „Ich verstehe“, antwortete Jonathan. Zwischenzeitlich hatten sie das Haus des Henkers erreicht, der in der offenen Tür stand. Die Hunde waren im Hintergrund zu sehen. „Ich habe noch nie eines dieser Tore gesehen. Sag mal, könntest du es mir einmal vorführen?“
    Hans runzelte die Stirn, um anzudeuten, dass er von dieser Idee nicht viel hielt, kam aber zunächst nicht dazu, diese Meinung auch auszusprechen.
    Brutus ließ seine Gäste eintreten. Nachdem er die Haustür geschlossen hatte, öffnete er eine Hintertür, die auf einen von einer Mauer eingefriedeten Hof führte. Hierher dirigierte er seine Hunde, die sich ohne Knurren oder Murren aussperren ließen.
    „Willkommen in meinem Haus“, sagte er dann, und es klang wirklich eine Spur Herzlichkeit aus seinen Worten.
    Die Gefährten sahen sich um. Das Innere des Hauses war nur schwach durch Kerzen und Öllampen erhellt. Das Erdgeschoss schien nur aus einem Raum zu bestehen, der gleichzeitig Küche, Speisezimmer und Bibliothek war, denn mit einem hatte Brutus nicht übertrieben: Er besaß eine ganze Menge Bücher.
    An einer Wand führte eine Treppe ins Obergeschoss, eine weitere beherbergte Kamin, Herd und Spülstein, ansonsten waren die Wände mit Regalen bedeckt, auf denen sich Bücher aller Größen und Arten stapelten.
    Mike nickte anerkennend. „Coole Bude, muss ich sagen!“
    „Ja, find ich auch“, bestätigte Lars. „So würde ich mich auch gerne einrichten.“
    Brutus schien amüsiert zu sein, dass sein Haus den beiden Jungen gefiel. Sein Lächeln war eine Spur weniger spöttisch als für gewöhnlich. „Es ist noch nicht sehr spät“, wandte er sich an die beiden Männer. „Wünschen die Herren noch ein Glas Wein?“
    Jonathan sah unschlüssig drein, Hans nickte und meinte: „Wenn es nicht zu viele Umstände macht, sehr gern.“
    „Was sind wir überhaupt für die freundliche Aufnahme schuldig?“, fragte Jonathan.
    Brutus, der aus einem kleinen Fässchen einen Steingutkrug füllte, sagte mit Nachdruck: „Nichts! Ich nehme keine Bezahlung an. Zum ersten Mal in meinem Leben habe ich Gäste. Das ist für mich eine besondere Sache. Ich lasse mich dafür nicht bezahlen.“
    Er hieß die Männer und Jungen an einem Tisch Platz zu nehmen, stellte gläserne Kelche auf und füllte sie mit einem Wein, der die Farbe von dunklem Honig hatte. Auch Lars und Mike erhielten von diesem Tropfen ein Glas. Hans kostete und nickte, während ein Lächeln des Genusses über sein Gesicht zog.
    „Wenn ich nicht wüsste, dass es nicht sein könnte, hätte ich behauptet, dass ich einen ganz vorzüglichen Sherry trinke“, sagte er.
    Brutus nahm den Hut ab und hängte ihn an einen Haken. „Ihr werdet es nicht glauben“, antwortete er, „aber die Reben, aus denen dieser Wein gewonnen wird, sind vor langer Zeit aus dem Andalusien der Erde importiert worden. Es ist die Rebsorte, aus der der berühmte Amontillado gewonnen wird.“
    Jonathan war ebenfalls begeistert. „Großartiger Tropfen, muss ich zugeben.“
    Brutus setzte sich zu seinen Gästen. „Von welchem Tor spracht Ihr, als Ihr mein Haus betreten habt?“
    Diese Wendung schien Hans nicht ganz recht zu sein, denn er antwortete nur knapp: „Ich bin im Besitz eines der Tore, mit denen damals die Menschen die Erde verließen und in die Hallen der Unendlichkeit flohen.“
    „Beeindruckend!“ Brutus sah auf den ledernen Beutel, den Hans neben sich abgestellt hatte. „In den letzten Stunden hat sich in meinem Leben mehr Ungewöhnliches ereignet als je zuvor. Jetzt ist sogar eines der berühmten Tore, die damals zur Flucht vor der Inquisition benutzt wurden, in meinem Hause.“
    Hans versuchte abzuschätzen, welchen Überlegungen Brutus wohl nachhängen mochte. „Es würde Euch nicht viel nützen, denn Ihr könntet damit nur zu einem Ort nördlich der Alpen reisen. Und wir suchen den Ort, von dem aus wir die Erde betreten können, die unsere Heimat ist.“
    Der Henker zeigte ein schiefes Lächeln.

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