Die Hallen der Unendlichkeit (German Edition)
weiter“, sagte Hans ganz einfach. „Salvatore und Pietrino sind auf der Suche nach einem neuen Heim, da die Wasserstadt, aus der sie kommen, wohl nicht mehr lange existieren wird. Jonathan ist als echter Seemann auf den Meeren aller Hallen zu Hause. Und was uns drei von der Erde angeht, so suchen wir einfach nach dem Rückweg in unsere Welt.“
„So!“ Der Schwarzgewandete sah nun wieder nachdenklich auf die Tischplatte. „Auf der Suche nach einem neuen Heim, soso! Interessant!“, murmelte er. Dann verstummte er.
Die anderen am Tisch wussten nicht so recht, wie sie die Unterhaltung fortsetzen sollten. Jeder hing vor allem der Überlegung nach, wieso dieser Mann eine Außenseiterrolle spielte. Was mochte wohl an dem Herrn in der schwarzen Kleidung so Besonderes oder vielmehr Grauen erregendes sein, dass sowohl die Leute aus Oberstadt als auch die aus Unterstadt nichts mit ihm zu tun haben wollten?
Lars hatte plötzlich eine Eingebung. Einen Moment zögerte er, dann nahm er all seinen Mut zusammen und sprach aus, was ihm durch den Kopf geschossen war. „Sagt bitte, uns ist bei unserer Ankunft aufgefallen, dass am Rand von Unterstadt ein großes und solides Haus steht, das dort gar nicht hin zu gehören scheint. Wem gehört es?“
Die Frage bewirkte, dass der Mann in Schwarz aus seinen Gedanken zurückkehrte, den Blick hob und Lars mit seinem kalten und harten Lächeln bedachte. „Du scheinst mir ein kluger Junge zu sein. Du hast richtig geraten, es ist mein Haus. Und es steht am Rande von Unterstadt, weil mich weder die Armen und schon gar nicht die Reichen in ihrer Nähe haben wollen.“
Niemand verlor ein Wort, aber aus den Augen der Gefährten sprach die Frage, wer oder was ihr Gastgeber darstellte und warum er gemieden wurde. Der Mann in Schwarz schnippte zum zweiten Mal mit den Fingern und rief: „Wein!“
Als der Mann, der sie schon einmal bedient hatte, näher trat und gut gefüllte Karaffen absetzte, sprach der Gastgeber ihn an. „Diese Leute hier wollen wissen, wer ich bin. Sag´s ihnen!“
Der Mann zögerte, blickte von einem zum anderen und wieder zurück, schwieg aber.
„Na los doch, sag´s ihnen!“
Schließlich fand der Mann doch die Sprache wieder. „Er ist Brutus, der Henker und Totengräber dieser Stadt und der umliegenden Provinzen.“ Und der Mann beeilte sich, davonzukommen.
Der Mann in Schwarz schenkte seinen Gästen sein eiskaltes Lächeln. „Versteht Ihr jetzt, warum ich gemieden werde wie ein Aussätziger?“
Ein düsterer Gastgeber
Die Gefährten schwiegen entsetzt. Einen Scharfrichter hatte allerdings noch keiner von ihnen kennen gelernt. Lars dachte an seine düstere Vorahnung, die mit der Zahl Vier verbunden war.
Die Betroffenheit seiner Gäste schien dem Henker nichts auszumachen, vermutlich war er Reaktionen dieser Art schon lange gewohnt. Daher plauderte er mit seiner dunklen, heiseren Stimme weiter, wobei erneut das spöttisch-eisige Lächeln um seine Mundwinkel spielte.
„Neben den Aufgaben, die der Kellner soeben nannte, fallen mir noch gewisse weitere zu, um die sich sonst keiner kümmern kann oder will“, sagte er leichthin. „Ist zum Beispiel jemand unter mysteriösen Umständen zu Tode gekommen, so habe ich herauszufinden, wie es geschah und ob etwa jemand dafür verantwortlich ist. So kann es also passieren, dass ich erst jemanden des Mordes überführe, dann wird er aufgrund der von mir besorgten Beweise von einem höchst ehrenwerten Richter zum Tode verurteilt, und den dreckigen Rest zu erledigen fällt dann wieder mir zu.“
Brutus bestritt die Unterhaltung immer noch allein, während die anderen am Tisch sich darauf beschränkten, seine düstere Erscheinung zu betrachten. Was passte die Farbe doch so gut zu ihm! Und erst die Hunde!
„Wenn die Gegend von Diebesbanden unsicher gemacht wird, was immer wieder mal vorkommt, habe ich auch den Nachtwächter zu spielen. Natürlich nur in Oberstadt, versteht sich! Außerhalb der Stadtmauern sind keine Reichtümer zu holen, aber bei den Kaufleuten, die teilweise schon seit Generationen durch den Donnersteinhandel Geld scheffeln, ist das etwas anders. Die Hunde sind mir dabei eine große Hilfe, wie Ihr Euch sicher denken könnt.“
„Verzeiht meine Offenheit“, sagte Hans nun behutsam, „aber unter diesen Umständen wundert es mich, dass Euch die Anwesenheit beim Patronatsfest gestattet ist.“
Ein weiteres humorloses Lachen glitt über die Züge von Brutus. „Macht Euch keine Gedanken, Ihr
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