Die Hallen der Unendlichkeit (German Edition)
Sache war ihnen zu unheimlich. Jonathan und Brutus wollten mitkommen. Hans, Lars und Mike waren schon in eine weitere Version der Erde eingetreten. Allerdings konnte keiner behaupten, dass ihnen das, was sie sahen, gefiel.
„Schlicherum ist zwar wieder da“, brummte Lars, „aber es ist architektonisch nicht gerade reizvoll gestaltet worden.“
„Man könnte auch sagen, dass es potthässlich ist“, ergänzte Mike.
Hans und Jonathan schwiegen, aber auch sie betrachteten die eintönig grauen Gebäude, die dort standen, wo in ihrer Realität Schlicherum war. Die Häuser erinnerten an doppelstöckige, langgezogene Mietskasernen, alle gleich groß, in Reih und Glied stehend, von geraden Straßen umgeben, mit Drahtzäunen eingesäumt. Wo die Kommunalstraße den Ort erreichte, war ein großes Tor im Drahtzaun. Ein kleineres Gebäude, einstöckig mit Flachdach, befand sich daneben. Zwei Männer in Uniformen öffneten gerade dieses Tor und ließen eine große Gruppe von Uniformierten hindurch marschieren.
„Was soll denn das?“, fragte Mike mit gerunzelter Stirn. „Haben die Schützenfest oder was soll das sein?“
Hans sah sich um. „Wo ist denn Brutus? Entweder ist er nicht mit auf die Erde übergetreten, oder er ist schon wieder zurück.“
Auch Lars warf einen Blick in die Runde. Bettikum, Norf und das Haus von Hans existierten in dieser Version der Erde nicht. Die Sportplätze und der Tennisclub fehlten ebenfalls, die Grünanlagen und Feldwege stimmten mit der Welt, die sie kannten, überein. Über einen der Feldwege näherte sich ein einzelner Jogger.
Der Trupp Uniformierter näherte sich. Mike sah ihnen mit einem gewissen Misstrauen entgegen. „Das kann doch kein Kirmeszug sein! Die marschieren eher wie echte Soldaten. Und wisst ihr was? Seht doch mal genauer hin! In den Uniformen stecken Frauen, glaube ich.“
Hans kniff die Augen zusammen. „Tatsächlich, ich glaube, du hast Recht.“
„Ich denke, eure Welt gefällt mir nicht so sehr“, teilte Jonathan seine Meinung mit. „Trübes Wetter, trübe Gebäude, trübe Kleider …“
Mike und Lars sahen mit wachsendem Unbehagen den Menschen entgegen, die da im Gleichschritt auf sie zukamen. Es gingen jeweils drei Menschen nebeneinander, dahinter folgten gewiss zwölf oder fünfzehn weitere Dreierreihen. Eine Gestalt marschierte neben dem vordersten Glied und sprach etwas mit lauter Stimme. Diese Gestalt schien nun auch auf die vier Leute am Straßenrand aufmerksam zu werden.
„Ich glaube, ich gehe schon mal zurück“, sagte Jonathan. „Ich muss unbedingt nach meinem Boot sehen.“ Damit verschwand er durch den Rahmen in die Donnersteinhalle.
„Ich habe das dumme Gefühl, dass wir uns ihm anschließen sollten“, sagte Lars.
„Das können nur Kasernen sein, diese Gebäude da vorn“, sagte Hans, wobei ihm die Ablehnung deutlich anzumerken war. „Ich hab mich einmal in meinem Leben achtzehn Monate uniformiert in einer Kaserne aufhalten müssen. Das hat mir gereicht.“
Der Trupp war nun so nahe gekommen, dass zweifelsfrei zu erkennen war, dass in den schmucklosen, grauen Uniformen Frauen steckten. Sie trugen alle die gleiche Kurzhaarfrisur unter den grauen Mützen. Die Frau, die etwas abseits neben dem ersten Glied marschierte, trug Abzeichen aus mehreren Winkeln auf den Ärmeln der Jacke. Nun war zu verstehen, was sie mit energischer Stimme rief.
„Links – zwo – drei – vier! Links - zwo – drei – vier!“
Genau im vorgezählten Takt setzen die Frauen die klobigen, schweren Schuhe auf das Pflaster der Straße.
Die Frau am Rande sah nun mit kritisch-wachsamem Blick auf Lars, Mike und Hans. Plötzlich rief sie: „Abteilung – Halt!“
Der Trupp Frauen blieb stehen. Die mit den Winkeln auf den Ärmeln ihrer Uniform schmetterte: „Sie stehen nach wie vor im Stillgestanden! Es ist keine Redeerlaubnis erteilt!“
Die in Reih und Glied stehenden Frauen rührten sich nicht, verzogen keine Miene, sprachen nicht. Man hätte glauben können, dass sich selbst die Atmung bei ihnen nicht mehr regte. Die Frau mit den Abzeichen kam nun mit forschen und flotten Schritten auf die drei Gefährten zu.
„Sie da!“, schrie sie Hans, Lars und Mike an. „Indentifizieren Sie sich! Name, Vorname, Dienstgrad, Einheit? Und was tragen Sie überhaupt für eine Uniform?“
„Los, Jungs, lasst uns abhauen!“, sagte Hans leise, aber mit drängender Stimme. Doch bevor einer von ihnen durch das Tor treten konnte, wurden sie unmissverständlich
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