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Die Hand am Sack: schwule erotische Geschichten (German Edition)

Die Hand am Sack: schwule erotische Geschichten (German Edition)

Titel: Die Hand am Sack: schwule erotische Geschichten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: K. R. Adam
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Frank Sinatra aus seiner Zeit bei CBS. Melodie und Text dieses Liedes sind für mich zum Inbegriff von Weihnachten geworden und mehr brauche ich eigentlich nicht, um in Festtagsstimmung zu kommen.
    Einmal freilich war es mit meiner Stimmung vor dem Fest nicht so weit her. Ich war siebenundzwanzig und hatte mich kurz vor Weihnachten von Horst, einem gleichaltrigen Freund, mit dem ich fast zwei Jahre eng befreundet gewesen war, getrennt. Aus heiterem Himmel erfahren zu müssen, dass man nicht mehr geliebt wird und das wegen eines Bürschleins, das mir gegenüber den Vorzug besaß, ein paar Jahre jünger und ein Schönling zu sein, war ein gewaltiger Schlag ins Kontor. Ich versuchte es mit Fassung zu tragen, wenngleich durch die unvorhergesehene Trennung unsere Pläne für Weihnachten und Silvester ins Wasser gefallen waren. Nachdem unsere Freundschaft so unvermittelt zerbrochen war und wir uns nichts mehr zu sagen hatten, wollte ich mir wenigstens den Abschied leicht machen. Eigentlich kann ich Abschiedszenen, die notwendig werden, weil widrige Umstände ein Zusammenleben auf Dauer nicht gestatten, auf den Tod nicht ausstehen. Zu Horst sagte ich nur kühl »Leb’ wohl« und zog einen Schlussstrich unter zwei glückliche Jahre, während mir ein Buchtitel des damals populären Willi Heinrich in den Sinn kam: Schmetterlinge weinen nicht . Nun bin ich kein Schmetterling und meine zur Schau getragene Gleichgültigkeit erwies sich bald als fatale Selbsttäuschung.
    Schon am ersten Abend, den ich allein verbrachte, fiel mir die Decke auf den Kopf. In meiner Verzweiflung schaltete ich den Fernseher ein, nur um jemand reden zu hören, doch die Hiobsbotschaften der Tagesschau waren kaum geeignet mir über die Einsamkeit hinwegzuhelfen. Horst hatte immer von ganz anderen Dingen gesprochen. Erst nach ein paar Tagen fand ich mein seelisches Gleichgewicht wieder und erinnerte mich daran, dass ich vor unserer Verbindung ja auch allein zurechtgekommen war. Dennoch war die plötzliche Leere schwer zu ertragen.
    Eine Woche vor Weihnachten begann mein Urlaub, auf den ich mich lange gefreut hatte. Darum schob ich jegliche Gedanken an die Möglichkeit, das Fest allein verbringen zu müssen, beiseite. Vom ersten Tag an stand ich zeitig auf, frühstückte in Ruhe und legte den Tagesablauf fest, um dann alle Pläne über den Haufen zu werfen und spontanen Eingebungen zu folgen. Meist aß ich in meiner Stammkneipe zu Mittag, weil ich zum Kochen zu faul war, hielt anschließend ein erquickendes Schläfchen bis zum Kaffee und verbrachte die restliche Zeit mit Lesen oder Fernsehen. Abends ging ich auf Tour und das oft bis zum frühen Morgen. Manchmal blieb ich auch den ganzen Tag zuhause und bunkerte mich in meiner Wohnung ein, um abzutauchen, wie ich es nannte. Dann ging ich weder ans Telefon noch an die Tür, wenn jemand läutete, holte nur die Post vom Briefkasten und vergrub mich erneut in meiner Burg, um erst nach Einbruch der Dunkelheit wieder aktiv zu werden. Vielleicht gab es Vampire in meiner Ahnenreihe, die bei Sonnenlicht zu Staub zerfielen, witzelte ich oft über diese Lebensweise. Die Wohnanlage am Stadtrand, wo sich mein Appartement befand, bot für die gewünschte Anonymität ideale Verhältnisse.
    Am 24. Dezember besuchte ich meine Eltern in der Provinz und blieb bis zum Kaffee. Danach machte ich mich wieder auf den Weg. Natürlich hätten sie es gern gesehen, wenn ich dageblieben wäre und mit Ihnen den Weihnachtsabend verbracht hätte, doch ich band ihnen den Bären auf, bei Freunden eingeladen zu sein. Ich brauchte einfach Abstand und wollte mit meinen Gedanken allein sein. Auf der Heimfahrt begann ich loszuheulen, sodass ich alles um mich herum verschwommen sah und Mühe hatte, die fünfzig Kilometer bis nach Hause zu schaffen. Das sollte also mein Weihnachten sein.
    Daheim angelangt genehmigte ich mir einen Bourbon, ließ mich in einen Sessel fallen und dachte an Horst, worauf ein neuer Tränenstrom in meinen Bart sickerte. Fast zwei Stunden döste ich im Sessel, träumte wirres Zeug und erwachte durch den Piepston des Zeitzeichens bei AFN. »It’s nine o’clock in Central Europe«, verkündete der Sprecher in gewohnt lockerer Art. Einundzwanzig Uhr. Nach dem kurzen Schläfchen sah die Welt schon wieder anders aus. Ein Stimmungswandel hatte sich bei mir vollzogen, der weder auf den Jack Daniels noch auf sonstige äußerlich erkennbare Einflüsse zurückzuführen war. An der Börse hätte man von einer Hausse gesprochen,

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