Die Hand von drüben
Augen von Intelligenz und Lebensfreude sprühten. Es mußte sehr schwer gewesen sein, sie zu verlieren.
Wie schwer, hatte Dr. Ferguson erklärt, und Hero hatte es nur zu gut begriffen.
Professor Constable und seine Frau Jane waren schon viele Jahre verheiratet gewesen, als sie, fast zu spät, ein Kind bekamen, denn sie war vierzig und er siebenundfünfzig, als ihre Tochter geboren wurde. Wie es so oft bei Kindern älterer Eltern der Fall ist, war Mary Constable ein reizendes, charmantes, hochbegabtes und intelligentes Kind. Man konnte sich nur allzugut vorstellen, welche Freude sie Professor Constable gemacht und wie sehr er sie geliebt hatte. Sie wurde der Brennpunkt der nächsten zehn Jahre seines Lebens. Ihre Krankheit und ihr Tod hatten ihn tief getroffen und ihn sichtlich verändert. Er hatte genügend Charakterstärke, um nicht ganz daran zu zerbrechen. Er behielt das Interesse an seiner Arbeit und dem Projekt, mit dem er befaßt war, aber im übrigen war das Leben für ihn sinnlos geworden. Dr. Ferguson schilderte dann kurz Constables Charakter und seine Beziehung zur Operation Fingerhut.
Das alles paßte zu der Bemerkung, die Dr. Ferguson vorher gemacht hatte, daß hinsichtlich der Sicherheit der Professor so etwas wie ein Problemkind gewesen sei. Constable schien sich nicht nur geweigert zu haben, sich den Forderungen der Regierung zu fügen, die verlangte, daß jemand, der an einem so geheimen und lebenswichtigen Projekt arbeitete, mit seiner Familie in einem streng bewachten Haus leben mußte, wie viele der Atomwissenschaftler und andere, sondern er hatte es sogar abgelehnt, von New York nach Washington überzusiedeln. Weit davon entfernt, einseitig oder ein in den Wolken lebender Wissenschaftler zu sein, war Constable jedenfalls vor dem Tod seines Kindes gesellig und lebenslustig gewesen. Er liebte Kunst, Musik, Theater und die Gesellschaft von Freunden und wollte einfach auf seine übliche Lebensweise nicht verzichten.
Und während Hero sich noch fragte, wie Constable es fertiggebracht hatte, das angesichts des Gewichts und des Drucks durchzusetzen, die schon allein die hier Versammelten auszuüben vermochten, ganz zu schweigen von der Priorität, die der Präsident dem Projekt gegeben hatte, sagte Dr. Ferguson:
«Constable ist ein seltener Vogel, jemand, auf den man nicht verzichten kann. Sie fraßen ihm alle aus der Hand. Wenn sie das wollten, was er ihnen geben konnte, mußten sie seine Bedingungen annehmen oder überhaupt auf ihn verzichten. Er berief sich darauf, es sei seine Aufgabe, seine Theorie so weit zu entwickeln, daß sie in der Praxis anwendbar sei, und dafür gab er seine Zeit und Kraft. Darum war Sicherheit weder sein Problem noch seine Sorge. Der Regierung blieb keine andere Wahl, als sich damit abzufinden.» Sich in seinem Sessel zurücklehnend, fragte er: «Stimmt dieser Bericht ungefähr, meine Herren?»
«Verdammt, ja», brummte Wiener, «nur allzusehr!»
General Augstadt schob seinen Sessel geräuschvoll zurück und sagte: «Wenn ich mit dem Burschen so umgehen könnte, wie...» Aber dann verstummte er.
Dr. Ferguson blickte zu dem General hinüber und lächelte ihn verbindlich an. Hero merkte, daß da eine Mißhelligkeit war, aber er vermochte nicht zu erraten, worin sie bestand.
Doch worauf wollten sie alle hinaus? Wie und in welcher Weise war diese potentiell gefährliche Situation so plötzlich entstanden, und vor allem, warum hatte man ihn hergerufen? Die von Dr. Ferguson in kurzen Worten und ruhigem Ton enthüllte Wahrheit bewies, daß heutzutage das Phantastische das Alltägliche und das Unmögliche das Wahrscheinliche wurde.
«Dies», fuhr Dr. Ferguson fort, «hat die Herren hier, um es milde auszudrücken, sehr belastet. Constable weigerte sich mitzuarbeiten, warnte sie sogar, sich in seine Angelegenheiten einzumischen, und drohte, alles hinzuschmeißen, wenn er merke, daß man ihn überwache. Das hat natürlich die verantwortlichen Behörden, das heißt den Geheimdienst der Armee und das FBI, denen in unserem Lande die Gegenspionage obliegt, nicht daran gehindert, ihn weiter scharf zu beobachten. So haben sie erfahren und mich in meiner Eigenschaft als Präsident der Gesellschaft zur Erforschung des Übersinnlichen davon in Kenntnis gesetzt, daß Professor Constable in den letzten vier Monaten an spiritistischen Sitzungen in einem gewissen Hause in der Oberen West Side teilgenommen hat, wo er zu der Überzeugung gelangt ist, er habe mit seinem toten Kind
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