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Die Hand von drüben

Die Hand von drüben

Titel: Die Hand von drüben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Gallico
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glaube ich, ungefähr gleichaltrig mit mir. Er hat an Professor Constable geschrieben, ihn um eine Unterredung gebeten, mit der Behauptung, er habe eine Botschaft von großer Bedeutung für ihn, und hat ihn dann aufgesucht.»
    «Wie hat sich Constable verhalten?» fragte Hero.
    «Er war höflich und hat ihn hinauskomplimentiert. Aber das zweite Mal — Woodmanston hat es nämlich fertiggebracht, Constable noch einmal aufzusuchen — hat er ihm gesagt, die Botschaft betreffe seine Tochter Mary und sie enthalte einen Kindervers, von dem Constable glaube, daß er nur seiner Familie bekannt sei. Seine Neugier wurde ebenso geweckt, wie der Schmerz über den Verlust seines Kindes wieder in ihm aufbrach. Und so erklärte er sich bereit, zu einer Séance zu kommen. Seine Frau weigerte sich mitzukommen und ist standhaft bei dieser Weigerung geblieben. Dennoch ging Professor Constable in Begleitung Mr. Woodmanstons dorthin und erhielt eine Botschaft. Immer noch halb skeptisch, nahm er an einer zweiten und einer dritten Séance teil, weil Mrs. Bessmer, trotz der Kontrolle, unter der sie vermutlich stand, fähig war, zu bewirken, daß die Stimme des toten Kindes unmittelbar zu ihm sprach. Constable wurde jetzt unsicher, und kurz darauf erhielt er in einer Séance, der auch Mr. Woodmanston beiwohnte, den endgültigen überzeugenden und positiven Beweis der Wiederkehr seiner Tochter.»
    «Was war der Beweis?» fragte Hero.
    Dr. Ferguson blickte von seinen Papieren auf und seufzte.
    «Die Hand Mary Constables», sagte er.
    «Was?» rief Hero und fuhr in seinem Sessel auf, als ob der Sitz plötzlich elektrisch geladen sei. «Doch nicht die lebende Hand...?»
    «Nein. Aber ich fürchte, was Professor Constable betrifft, das Nächstbeste. Die Hand seiner Tochter aus Wachs und in jeder Einzelheit vollkommen. Während der Séance wurde die Person des toten Kindes angeblich materialisiert. Eine Schüssel mit flüssigem Wachs und eine andere mit kaltem Wasser standen bereit. Der materialisierte Geist sagte: Der materialisierte Geist tauchte dann seine Hand in die Schüssel mit Wachs und danach in das kalte Wasser. Professor Constable spürte gleich darauf, daß seine Stirn von einem Kuß berührt wurde, und alle hörten die Worte, die eine Kinderstimme wisperte: Als in dem Raum die Lampen wieder angingen, lag auf dem Tisch zwischen den beiden Schüsseln die noch von dem kalten Wasser feuchte durchsichtige Hand eines Kindes, die Finger wie flehend gekrümmt, als ob sie nach ihrem Vater greifen wollte. Professor Constable brach zusammen und weinte.»
    «Brannte während dieser Manifestation Licht», fragte Hero scharf, «oder fand sie in völligem Dunkel statt?»
    «In völligem Dunkel.»
    «Aus wessen Notizen zitieren Sie?»
    «Aus Mr. Woodmanstons.»
    «Ist er zuverlässig?»
    «In dem Sinn, daß er alles, was er hört und sieht, aufschreibt, ja.»
    «Zu hören und sehen glaubt», sagte Hero. Er dachte über die Herstellung eines Wachsabgusses nach. Vor sechzig Jahren, zur Jahrhundertwende, hatte niemand Geringerer als Sir Arthur Conan Doyle daran geglaubt. Das wesentliche Problem dabei war, daß, wenn man eine Menschenhand in Wachs tauchte und es dann hart werden ließ, es unmöglich wäre, die Hand von dem Abguß zu befreien, ohne ihn zu zerbrechen. Aber eine Geisterhand, die man dematerialisieren könnte...? Hero wußte, daß Sir Arthur Conan Doyle mit einer frechen Unterschiebung eines schon bereits hergestellten Abgusses an der Nase herumgeführt worden war, aber das würde Dr. Frank Ferguson natürlich auch wissen. Nicht deswegen war er gerufen worden. Die Geschichte war damit noch nicht zu Ende, und die Aufmerksamkeit der drei anderen und ihre erwartungsvollen Mienen bestätigten ihm, daß dem so war.
    «Haben Sie eine Fotografie der Hand?» fragte Hero und spürte eine gewisse Kühle in dem gewichtigen Ernst, mit dem Dr. Ferguson vier Glanzabzüge aus der Akte zog und sie ihm reichte.
    Man sah darauf einen erlesenen Wachsabguß der Hand eines Kindes, der aus vier verschiedenen Blickwinkeln aufgenommen war, das schmale Ende des Handgelenks, den Handrücken, die Handfläche und die halb gekrümmten Finger, was tatsächlich, wie Mr. Woodmanston es beschrieben hatte, fast einer flehenden

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