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Die Hand von drüben

Die Hand von drüben

Titel: Die Hand von drüben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Gallico
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Antworten, und dann verabschiedete sich der Häuptling: «Ich gehe jetzt. Prinzessin Devi kommt. Seid gegrüßt.»
    Man hörte zartes Bimmeln und Rasseln der Tamburinglöckchen, und dann sagte eine hohe quiekende Stimme: «Hallo allerseits. Ich bin da. Ich bin die kleine Prinzessin Devi aus dem Geisterland.» Bessmer zischte von neuem eine Erklärung: «Mutters Hindu-Kon-trolle. Sie ist erst zwölf Jahre alt. Eine Kinderbraut, wissen Sie. Als ihr Mann, der Maharadscha, starb, mußte sie auf dem Holzstoß, auf dem er verbrannt wurde, Thuggee begehen.»
    Fairweather legte einen Kranz aus Rosen auf ein frisches Grab, aber Alexandef Hero dachte, daß Saul Wiener sicherlich sehr froh sein würde, zu hören, daß jemand, der Thuggee mit Sutti verwechseln konnte, unmöglich die raffinierten und gefährlichen Botschaften an Constable verfaßt haben konnte. Es freute ihn ebenso, festzustellen, daß die kleine Hindu-Kinderbraut in einer Babysprache mit einem Akzent einer Kinderfrau aus Louisiana sprach, was wahrscheinlich das Äußerste war, was Mutter Bessmer fertigzubringen vermochte.
    Die quiekende Stimme redete weiter. Es waren viele Geister da, die von fern gekommen waren, von weit weg, um ihre Lieben zu sehen, nicht alle würden gesehen oder gespürt werden können; nur jene, die fortgeschritten waren. Prinzessin Devi sagte «fogeschritten». Hero fragte sich, warum Professor Constable sich noch nicht erbrochen hatte, und hatte das Gefühl, er sei selber nahe daran.
    Prinzessin Devi übermittelte auch mehrere Geisterbotschaften mit ihrer albernen Stimme. Eine war für das Ehepaar Rimbaud bestimmt: «Baby Bobby ist wohl und glücklich. Alle im Jenseits bewundern seine schönen großen blauen Augen.»
    Im Dunkeln hörte man ein Schluchzen, und eine Frauenstimme sagte: «Ach, es ist wahr! Alle haben gesagt, er habe so wunderbare blaue Augen. Sie hatten die herrlichste Farbe, die man sich denken kann.»
    «Es ist ein starker Geist hier. Oh, sie ist stark», quiekte Prinzessin Devi. «Sie möchte erscheinen, um jemand zu sehen. Es geht um einen Mr. Fairwever. Ach, Mr. Fairwever, sind Sie hier, um Ihre Geisterfreundin zu sehen?»
    Im ersten Augenblick bezog Peter Fairweather den Namen nicht auf sich. Er war weit weg gewesen, war in der Abenddämmerung vom Grabe des Mädchens, das kurz vor der Hochzeit gestorben war, nach Hause gestapft. Dann merkte er, daß der neben ihm sitzende Woodmanston ihn heftig an der Hand zog und flüsterte: «Das sind Sie, Fairweather. Es ist für Sie!»
    Prinzessin Devi wiederholte: «Mr. Fairwever, sind Sie hier?»
    Fairweather spürte Bessmers Atem an seinem Ohr, als dieser sagte: «Sie sind aufgerufen worden, Mr. Fairweather. Es ist ein Geist für Sie gekommen. Sie müssen antworten.»
    «Was?» sagte Peter Fairweather und dann: «Ja, ja, ich bin hier. Hier spricht Peter Fairweather.»
    Das Tamburin rasselte abermals, aber leiser, als wolle es gleich verstummen, und die gräßliche Babystimme von Prinzessin Devi klang ebenfalls gedämpfter. «Hier ist ein Geist, der Sie sehen möchte, Mr. Fairweather. Ich gehe jetzt. Hören Sie! Hören Sie! Sie möchte mit Ihnen sprechen.»
    In dem dunklen Raum lastete in den nächsten Sekunden ein Schweigen so dick wie ein Baldachin, durch den kein Laut hindurchdringen konnte. Man hörte nicht einmal das Atmen der Teilnehmer, als ob sie alle den Atem anhielten.
    Eine leise hinreißende Stimme ertönte von irgendwo: «Peter! Lieber Peter! Kannst du mich hören?»
    Peter Fairweather war entsetzt und bestürzt. Sie sprach mit dem Akzent einer Engländerin. Es war die Stimme von Ruth Lesley, wie er sie sich vorgestellt, wie er an sie gedacht, wie er sie in der Erinnerung behalten hatte.
    Alexander Hero war ebenfalls erschüttert. Dies war kein gewöhnlicher Bauchredner oder ekelhafter Schwindler, der durch einen Blechtrichter sprach. Jeder Ton, jede Silbe hatte seinen geübten Ohren vertraut geklungen.
    «Peter! Lieber Peter! Ich kann dich nicht sehen. Wo bist du? Ich bin von so weit hergekommen.»
    Peter Fairweather erhob sich von seinem Stuhl, zerriß die Kette der Hände und sagte ihren Namen: «Ruth!»
    «Peter! Komm zu mir.»
    Neben ihm sagte Bessmer leise: «Sie ruft Sie. Gehen Sie zu ihr.»
    «Wohin?» rief Fairweather. «Wohin?» Er war so verwirrt, daß er nicht mehr klar denken konnte. «Wo ist sie? Wo kann ich sie finden?»
    «Komm zu mir, Peter!» Der Ruf klang noch sanfter und süßer.
    «Im Kabinett», sagte Bessmer. «Gehen Sie ins Kabinett.»
    «Ja,

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