Die Hand von drüben
«Ich habe gesagt, ich muß heute abend festgebunden werden. Mr. Woodmanston, würden Si6 so freundlich sein, in das Kabinett zu kommen?»
Woodmanston beugte sich zu Peter Fairweather hinüber und flüsterte stolz: «Ich bin immer derjenige, der sie fesselt. Ich weiß, wie man es macht. Sie werden es gleich sehen.»
Er erhob sich und ging zu Mrs. Bessmer in das Kabinett, wo sie hinter einem der Vorhänge einen langen dicken, wäscheleineartigen Strick von etwa sieben Meter Länge hervorzog. Sie setzte sich auf den Stuhl an dem Tisch, und der kleine Woodmanston band sie mit Beinen, Armen und Brust an ihm fest, wand immer wieder den Strick um ihre dicke Gestalt, hielt nur inne, um einen verzwickten Knoten zu knüpfen, und fuhr dann fort, bis das letzte Stück Strick aufgebraucht und sie wie eine Mumie verschnürt war. Mit vor Befriedigung und Stolz rotem Gesicht kehrte er zu seinem Platz neben Peter Fairweather zurück. «Es ist geschafft. Da kann niemand mehr zweifeln, wie?»
Alexander Hero lachte in seinem Innern und dachte: Dreißig Sekunden, und du wirst die Fesseln los sein. Wenn ich dich festgebunden hätte, liebe Mutter, würdest du darauf warten können, bis Ostern und Pfingsten auf einen Tag fallen. Hero hätte natürlich eine Garnrolle benutzt, das Anathema des betrügerischen Mediums. Denn mit dem ersten Versuch, die Fesseln zu lösen oder ihnen zu entkommen, würde der Faden reißen, und damit wäre der Beweis zunichte gemacht. Kein Medium, das Hero je gekannt hatte, hätte erlaubt, an den Handgelenken mit gewöhnlichem Nähgarn gefesselt zu werden.
Bessmer erhob sich jetzt, blickte sich in dem Halbkreis um und sagte: «Briefe? Verschlossene Briefe?»
Vier der Anwesenden griffen in ihre Taschen und zogen Um-, Schläge aus dünnem Papier heraus, wie man sie gewöhnlich für Luftpostbriefe benutzt.
Bessmer sammelte sie ein, musterte sie kurz und zeigte sie dann Fairweather. «Sie sind mit bunter Nähseide zugenäht worden, so daß sie nicht vertauscht oder geöffnet werden können. Sie werden so zurückgegeben werden, wie sie jetzt aussehen. Die Geister werden vielleicht die darin stehenden Fragen beantworten.»
Er ging in das Kabinett und legte die Umschläge auf den Tisch. Alexander Hero dachte: Lieber Gott, gib mir Kraft! Heutzutage noch solche alten Kamellen! Und die Umschläge sind natürlich alle von den Bessmers geliefert worden.
Bessmer zog die schwarzen Vorhänge sorgfältig zu, kehrte zu der Gruppe zurück und setzte sich. «Fassen Sie sich an den Händen», sagte er und griff nach Constables zu seiner Linken und Fairweathers zu seiner Rechten. Fairweather spürte, wie Woodmanstons Hand wie ein kleiner Vogel in seine noch freie kroch.
«Licht aus, Pratt», sagte Bessmer, und der Diener drehte den Schalter und tauchte sie in etwas, das zuerst wie eine völlige Finsternis wirkte.
Das ist also der Name des Boxers, dachte Hero. Von seinem Beobachtungsposten drüben an der Wand konnte er wahrscheinlich mehr von ihnen sehen als sie von ihm.
«Sitzen Sie ganz still», sagte Bessmer zu Fairweather. «Sie dürfen nicht ungeduldig sein. Manchmal dauert es eine lange Zeit, ehe etwas geschieht.»
«Ja», flüsterte Peter Fairweather. «Ich werde ganz still sitzen.» Dann fügte er hinzu: «Ich habe gebetet, daß sie kommt.» Es war nicht vollkommen finster. Irgendwo in dem Raum brannte eine kleine rote Birne, die das Dunkel ein wenig aufhellte, es einem jedoch nicht ermöglichte, mehr zu sehen als ein paar Umrisse oder Gestalten, die noch dunkler waren als die anderen. Aber andererseits war es ein Licht, das es jenen, die später berichten würden, was sie gesehen und gespürt hatten, ermöglichen würde, zu beschwören, daß es bei Licht vor sich gegangen sei.
«Musik, Pratt», sagte Bessmer.
Ein anderer Schalter klickte, ein Motor surrte; der Plattenspieler gab jene typischen Geräusche von sich, die dem Fallen einer Platte auf den Plattenteller vorausgehen und der Nadel erlauben, sich auf die Rillen zu setzen. Kirchenglocken läuteten laut. Es folgte ein Orgel Vorspiel, und dann stimmte ein Männerchor einen Choral an: «Sollen wir uns am Fluß versammeln?»
«Wir wollen alle mitsingen», flüsterte Bessmer. Nervöse, zittrige Stimmen fielen in die Melodie ein.
Im Dunkel kehrte Peter Fairweather zu dem Cambridge zurück, das er als Student und später als Dozent gekannt hatte, und dachte an die Tage und die erste Begegnung mit Ruth Lesley und wie es zu alldem gekommen, was zwischen ihnen
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