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Die Hand von drüben

Die Hand von drüben

Titel: Die Hand von drüben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Gallico
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Fehler damit, daß er Constable den Willen tat? Bestärkte er nicht mit der Bestätigung seines eigenen angeblichen Erlebnisses Constables Glauben an das Phänomen, das für ihn hervorgezaubert worden war? War dies nicht gerade der Grund, warum Constable ihm nachgegangen war und ihn in sein Haus gebeten hatte, weil irgendwo in seinem Inneren ein kleiner Zweifel nagte, der ihn noch daran hinderte, den letzten verhängnisvollen Schritt in das zu tun, in das man ihn lockte?
    Es war ein großes und zudem mit einer furchtbaren Gefahr verbundenes Dilemma. Dennoch wußte er, daß, wenn er den Kontakt leugnete und skeptisch blieb, er bald vor die Tür gesetzt werden würde, denn nicht das wollte Constable hören. Und schließlich war es seine Aufgabe, so lange wie möglich hierzubleiben, den Mann näher kennenzulernen und alles, was er konnte, über ihn zu erfahren.
    «Wie Fleisch und Blut», wiederholte Fairweather.
    «Was ist geschehen?» fragte Constable neugierig. «Mir hat man noch nie gestattet, mit ihr in dem Kabinett zu sein, wie Sie es gewesen sind. Sie sagt mir, ich dürfe sie nicht berühren. Sind Sie geliebkost worden? Haben Sie gespürt, daß ihre Lippen Ihre Wangen berührten? Hat sie Ihnen intime Geheimnisse aus der Vergangenheit zugeflüstert, von denen nur Sie beide etwas wissen konnten?»
    Fairweather dachte, es sei jetzt nicht der geeignete Augenblick, Constable dadurch eifersüchtig zu machen, daß er ihm das volle Ausmaß seines «Kontakts» offenbarte. «Ja», sagte er. «Ich bin noch ganz mitgenommen davon. Ich weiß nicht, was ich denken oder glauben soll.»
    «Das kann ich mir denken. Ich wußte es im Anfang auch nicht, aber glauben Sie mir, Sir, ich wünschte es mir ebenso wie Sie. Brauchen Sie einen unbestreitbaren Beweis, ehe Sie dessen sicher sein können? Dann blicken Sie hinter sich.»
    Fairweather drehte sich in dem tiefen Sessel um, wobei er es sorgfältig vermied, seinen Blick auf etwas Bestimmtes fallen zu lassen, und ein Gesicht machte, als erwarte er, eine Erscheinung zu sehen.
    «Sehen Sie auf den Glaskasten», sagte Constable und erhob sich. Fairweather erhob sich ebenfalls, und die beiden stellten sich zu jeder Seite des Glaskastens. «Das», sagte der Professor, «ist die rechte Hand meiner einzigen Tochter Mary. Sie war zehn Jahre alt, als sie vor etwas mehr als einem Jahr starb. Ich habe um einen Beweis ihrer Wiederkehr gebeten. Sie hat mir dies hinterlassen.»
    Fairweather sagte nichts, sondern betrachtete die dünne Hülle der Wachshand mit einer geradezu pathologischen Faszination. Sie war transparent, hatte die Farbe einer Perle und schien auf dem schwarzen Samt zu leuchten. Sie war unschuldig und rührend und dennoch ein übles Geheimnis, ein Problem, von dem er nicht wußte, wie er es lösen sollte, eine Herausforderung und ein Rätsel. Es war, als ob er bei jeder Untersuchung von einem Phänomen verfolgt würde, das unerklärlich zu sein und ihm vorzugaukeln schien, daß er endlich das lange Gesuchte gefunden habe, das die Welt verändern würde, wenn es unwiderlegbar bewiesen werden konnte. Was bewies dies hier als daß er, der selber zaubern konnte und sich in Illusionen jeder Art auskannte, keine Möglichkeit sah, diese Hand herzustellen oder ein Duplikat von ihr anzufertigen?
    «Sie hatten alles dafür vorbereitet. Eine Schüssel mit geschmolzenem Wachs und eine andere mit kaltem Wasser standen bereit. Sie kam. Ich sah ihre Gestalt. Sie tauchte ihre kleine Hand in das Wachs...»
    «Brannte Licht?»
    «Wie?» sagte Constable. «Als sie kam, brannte Licht. Später vielleicht nicht mehr. Aber ich hörte das Spritzen von Wasser, und sie lachte und sagte: Das war ein kleines Geheimnis zwischen uns, als sie noch ein Baby war und ich sie in der Badewanne bespritzte. Nachdem sie sich verabschiedet hatte, gingen die Lampen fast sofort wieder an, und da lag die Hand auf dem Tisch, von der noch das Wasser tropfte, als ob der Geist sie eben dorthin gelegt hätte.»
    Hero blickte weiter auf die Hand, ohne etwas zu sagen. «Möchten Sie sie gern genauer betrachten?» fragte Constable. Mit einem kleinen Schlüssel, den er an seiner Kette trug, schloß er den Kasten auf und hob die schwarze Samtunterlage mit der Hand darauf heraus. Er reichte sie Fairweather, der ehrlich ihre Vollkommenheit bewunderte, die Schlankheit des Handgelenks, die feingezeichneten Linien auf der Handfläche und die Anmut der so natürlich gekrümmten Finger.
    «Die Fingerabdrücke sind

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