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Die Hand von drüben

Die Hand von drüben

Titel: Die Hand von drüben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Gallico
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ihre», sagte Professor Constable, jedes Wort betonend.
    Hero brauchte kein Vergrößerungsglas, um die Linien, die Schleifen und Wirbel auf der Innenseite des Abgusses zu sehen. Aber etwas, dessen er nicht sicher war, beunruhigte ihn. «Sind die Abdrücke der Handfläche Ihrer Tochter zur gleichen Zeit wie die Fingerabdrücke abgenommen worden?» fragte er.
    «Nein. Das macht man nie», antwortete Constable. «Und was hätte das auch geändert.» Dann fuhr er mit plötzlich vor Erregung heiserer Stimme fort: «Vielleicht sollte ich es Ihnen sagen. Das Kind ist eingeäschert worden. Ich konnte den Gedanken nicht ertragen, daß sie...» Er ließ den Satz unvollendet, aber als er die Hand Fairweather wieder abnahm und sie wieder in den Kasten legte, spiegelte sich Befriedigung in seinem Gesicht. «Ein positiver Beweis», sagte er, als er den Deckel herunterklappte und den Kasten wieder verschloß. Dann sah er Fairweather jäh scharf an und sagte: «Es hat schon vor dieser Geisterhände gegeben. Wußten Sie das?»
    Alexander Hero hätte fast geantwortet:
    «Nein», erwiderte Fairweather.
    «Kluski in Wien um 1910», sagte Constable, und seine Stimme klang zornig. «Es waren grobe Fälschungen wie die, mit denen Conan Doyle hinters Licht geführt wurde. Marjorie, das Bostoner Medium vor vierzig Jahren, war besser,» fuhr er fort. «Sie stellte Fingerabdrücke her.» Dann lachte er laut. «Es stellte sich heraus, daß es die ihres Zahnarztes waren, der damals noch lebte.»
    Hero war erstaunt, daß Constable bereits über alle früheren Fälle von Wachsgeisterhänden und den Methoden, mit denen sie hergestellt worden waren, gelesen und sie überprüft hatte. Aber das hätte jeder intelligente Mann getan. Was ihn überraschte, war, daß der Wissenschaftler das Risiko einer enttäuschenden Entdeckung auf sich genommen hatte. Und das Verdammte war natürlich, daß das Spiel geglückt war, denn, wie er selber wußte, ließ keiner der früheren Fälle sich mit der Manifestation der Hand Mary Constables vergleichen.
    Professor Constable klopfte mit den Fingerknöcheln auf den Glaskasten. «Aber dies Kind war tot und eingeäschert. Und es ist ihre lebende Hand aus einer anderen Welt.»
    Er ist gefangen, dachte Hero, benebelt, sitzt in der Falle. Die alte Geschichte des Wissenschaftlers, der einem sogenannten wissenschaftlichen Beweis auf den Leim geht. Dennoch hätte er selber, Peter Fairweather, wenn es ihn und Ruth Lesley wirklich gegeben hätte, sich nicht ebenso fangen lassen? Oder selbst Alexander Hero, trotz all seines Wissens, seines Untersuchens und Beweisens, und jäh ging ihm der seltsame, unpassende Gedanke durch den Kopf: Was wäre, wenn etwas seiner Stiefschwester Meg zustoßen würde? Würde er dann ebenso kühl, vernünftig und skeptisch sein?
    «Nun, was denken Sie?» fragte Constable.
    Fairweather klopfte Asche aus seiner Pfeife und antwortete: »Ganz offen gesagt, ich fürchte, ich bin von Häuptling Gewitterwolke und der kleinen Prinzessin Devi verwirrt worden. Ich frage mich, wie sie...»
    Professor Constable warf seinen Löwenkopf zurück und brach in schallendes Gelächter aus. «Ach», sagte er, «wir achten gar nicht auf Mutter Bessmers kleine Scherze.»
    Hero war verblüfft über die erstaunliche Ambivalenz des Mannes und seine Fähigkeit, einen Teil des Bildes so klar zu sehen. Dennoch wußte Hero, daß man am schwersten an jene zum Spiritismus Bekehrten herankam, die zwar Zugaben, daß gelegentlich dabei geschwindelt wurde, aber trotzdem standhaft und unerschütterlich in ihrem Glauben blieben. Zu ihnen gehörten Sir Arthur Conan Doyle, Flammarion und Sir Oliver Lodge, die immer wieder mit der Nase auf die Wahrheit gestoßen waren und sich dennoch weigerten, sie zu sehen. Er beschloß, dem noch mehr nachzugehen.
    «Die Spende für ihre Kirche...» sagte er und zögerte dann bedeutungsvoll.
    Constable blickte ihn unter seinen dichten Augenbrauen beinahe spöttisch an. «Haben sie Sie ausgenommen?» fragte er.
    «Sie haben mich um zweitausendfünfhundert Dollar erleichtert», erwiderte Hero.
    Ein fast befriedigter Ausdruck kam in Constables Gesicht, und er sagte: «Nun, Sie haben wahrscheinlich genug. Ich bezahle ihnen jede Woche ein paar hundert Dollar», und fast grob fügte er hinzu, als ob es ihn plötzlich ärgere, daß er sich dazu hatte hinreißen lassen, finanzielle Einzelheiten zu enthüllen: «Mensch, wie können wir um den Preis für die Wiederkehr der Toten feilschen! Wenn Sie ein Kind

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