Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Heilerin des Kaisers

Die Heilerin des Kaisers

Titel: Die Heilerin des Kaisers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karla Weigand
Vom Netzwerk:
Herr. Sie haben mich förmlich dazu aufgefordert«, protestierte der Hohensteiner in kläglichem Tonfall.
    Griseldis hatte schon viel von seinen Untaten gehört und auch gesehen: Nicht selten musste sie ganz junge Dinger nach seinen angeblichen »Gunstbeweisen«, wie er es nannte, behandeln, weil er so roh vorgegangen war. Ihr kam der Mann ekelhaft, scheinheilig und verlogen vor. Dem Herzog gegenüber empfand sie eine große Dankbarkeit, da er sich von ihm nicht hinters Licht führen ließ.
    »Wollt Ihr, dass ich die Kinder, um die es hier geht, öffentlich dazu befrage, was Ihr ihnen angetan habt?«, fuhr der herzogliche Richter auf.
    »Nein, nein, Herr«, wehrte Immo von Hohenstein kleinlaut ab. »Ich gebe ja zu, dass ich manches vielleicht falsch verstanden und mich im Recht gefühlt habe. Vielleicht bin ich ja einem Missverständnis aufgesessen und habe irrtümlich die Freundlichkeiten der Dirnen als Einverständnis ausgelegt.« Dabei senkte der Freiherr zum ersten Mal den Kopf.
    »Es tut mir leid, Herr. Nie wieder will ich es tun! Ich habe mir nichts Schlimmes dabei gedacht – im Gegenteil, habe ich doch geglaubt, es gehöre zu meinem Herrenrecht.« Mittlerweile klang er sogar betroffen.
    »Herrenrecht heißt nicht, sich wie ein Rohling zu verhalten, Herr Immo«, hielt ihm der Herzog entgegen. »Sondern es bedeutet auch und vor allem die Pflicht jedes Herrn, sich gegenüber seinen Untertanen als väterlicher Beschützer zu verhalten. Und das habt Ihr wahrlich nicht getan!
    Dass Ihr es nun bedauert, will ich zu Euren Gunsten annehmen, wobei ich aber davon ausgehe, dass es Euch mehr um Euch selbst zu tun ist als um die geschändete Ehre der Mädchen und Frauen. Aber das soll Euer Beichtvater mit Euch ausfechten.«
    Herzog Heinrich lehnte sich in seinem mächtigen Richterstuhl zurück und der Baron glaubte offenbar schon, das Schlimmste hinter sich zu haben. Da richtete Heinrich plötzlich ganz scharf seinen Blick auf den Angeschuldigten.
    »Damit Ihr Euch in Zukunft Eurer Verantwortung bewusst seid und nicht mehr dem Irrtum verfallt, Ihr hättet das Recht zur Schändung und jede freundlich lächelnde Weibsperson möchte von Euch bestiegen werden, erhaltet Ihr nun eine angemessene Buße als Strafe und zur Sühne – und gleichermaßen als Stütze Eures schwachen Gedächtnisses.«
    Lammfromm und mit einem wahren Schafsgesicht stand der Hohensteiner mitten im Saal, begafft von allen Seiten, teils neugierig, teils hämisch. Er war sichtlich bemüht, nicht weiter den Unwillen seines Lehnsherrn herauszufordern.
    Wie Griseldis nicht entgangen war, befanden sich die Zuschauer, die Mitleid mit Herrn Immo empfanden, eindeutig in der Minderzahl. Auf Befehl des Herzogs hatte man ihm die Fesseln abgenommen und so wartete er wie ein armer Sünder mit gesenktem Haupt auf den Urteilsspruch.
    Ganz kurz nur hatte sich der Herzog mit seinen zwei Beisitzern beraten – die zwei recht farblosen Herren hatten während der Verhandlung übrigens kein Wort gesprochen und keine Miene verzogen. Sie gedachten offensichtlich, weitgehend Herrn Heinrich die Ahndung dieses heiklen Deliktes zu überlassen.
    Griseldis mutmaßte, dass beide Herren ihrer prächtigen Gewandung mit Samtwämsern und seidenen Hemden nach von Adel waren und es sich mit einem der Ihren wahrscheinlich nicht verderben wollten.
    ›Eine Krähe hackt der anderen kein Auge aus‹, dachte das Mädchen missmutig, ›das hat mir mein Vater schon oft gesagt.‹
    Im Saal herrschte nun knisternde Spannung und bald darauf verlas Vater Berchtold das relativ kurze und bündige Urteil. Bei der Erwähnung der Geldsumme, die der Hohensteiner an die Geschädigten beziehungsweise an deren Ehemänner oder Väter zu bezahlen hatte, verzog der Verurteilte schmerzlich das Gesicht.
    Der Richterspruch gestand ihm jedoch zu, den Gegenwert der jeweiligen Summe mit den Zehnten zu verrechnen, die die Bauern ihrem Grundherrn als Steuerabgabe jedes Jahr zu leisten hatten. Für manche der Hörigen bedeutete dies, dass sie für die nächsten zehn oder fünfzehn Jahre dem Hohensteiner nichts mehr abliefern mussten…
    Kaum hatte der Mönch Berchtold jedoch den Betrag genannt, den der Verurteilte zur Buße an die herzogliche Kasse zu entrichten hatte, entfuhr dem Freiherrn ein gequältes Stöhnen. Das verwandelte sich gar in einen Entsetzensschrei, als er die Entscheidung Heinrichs vernahm, dass ihm Teile seines Lehens aberkannt wurden, immerhin etliche Dörfer. Und prompt folgte die Androhung, ihn

Weitere Kostenlose Bücher