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Die Heilerin des Sultans

Die Heilerin des Sultans

Titel: Die Heilerin des Sultans Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silvia Stolzenburg
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ein
Grafengericht anrufen?«, höhnte er, wohl wissend, dass das
für den Bürger einer freien Reichsstadt kaum möglich
war. Als Adeliger war er für Lutz Metzler so gut wie
unangreifbar. Zu seinem Erstaunen kräuselte der grauhaarige Mann
allerdings die Lippen und verzog das Gesicht. »Nein«,
erwiderte er rau. » Ich werde mich ganz gewiss nicht
gegen Euch stellen.« Otto hob die Brauen und wollte seinem
Gegenüber gerade zu seiner weisen Entscheidung gratulieren, als
Lutz beißend hinzusetzte: »Aber bevor ich zulasse, dass
Ihr auch nur einen einzigen Strohhalm in Besitz nehmt, wende ich mich
an den Grafen von Württemberg!« Etwas an Ottos
Gesichtsausdruck musste ihn erheitern, da er zwar freudlos, aber
schallend lachte. »Ich weiß alles«, spuckte er aus
und stach Otto den Zeigefinger in die Brust. »Wenn Falk
wirklich tot ist – was ich Euch nicht glaube – spielt es
keine Rolle mehr, ob jemand davon erfährt, dass sein Vater der
Bastard der Gräfin von Württemberg war.« Seine Augen
nahmen einen seltsamen Glanz an. »Ein Vermögen von solchen
Ausmaßen käme dem Grafen ganz sicher gelegen.« Er
zog scheinbar grübelnd die Wangen ein. »Und für den
Fall, dass es ihn entgegen aller Wahrscheinlichkeit nicht
interessieren sollte, gibt es auch noch den Grafen von Helfenstein.«
Ottos Blut erkaltete. Meinte der Mistkerl die Drohung ernst?
»Verschwindet und kommt nie wieder!«, stieß Lutz
durch die Zähne hervor. »Ansonsten könnt Ihr
versuchen, Eure Forderungen gegen zwei der mächtigsten Männer
des Landes durchzusetzen!«

Kapitel 42
     
    Die
Küste des Marmarameers, Bucht von Bandirma, Hochsommer 1400
     
    Die
Erbitterung, die in Bayezid kochte, ließ ihn alle Umsicht in
den Wind schlagen. Ungeschützt trabte er an der Spitze seiner
Leibgarde – weithin sichtbar für jedermann, der ihm aus
dem Hinterhalt auflauern wollte. » Padischah «,
drängte Ali Pasha, der dicht neben ihm ritt. »Ihr fordert
das Schicksal heraus.« Bayezid schnaubte. »Das Schicksal!
Das Schicksal ist demjenigen hold, der es zu kontrollieren weiß«,
erwiderte er ohne Überzeugung, da die jüngsten Ereignisse
etwas anderes vermuten ließen. »Wer sollte es schon
wagen, mich hier anzugreifen?« Er hob die Hand und deutete auf
das Küstengebiet seiner Provinz. »Selbst wenn dieser
verwünschte Timur Sivas inzwischen eingenommen haben sollte,
wird er kaum dumm genug sein, Krieger so tief ins Feindesland zu
schicken.« Ali Pasha senkte gescholten den Kopf und schwieg –
was Bayezid Gelegenheit gab, sich wieder in seine Gedanken zu
verstricken. Sobald der Bote seines ältesten Sohnes, Suleyman,
die Bitte um Verstärkung überbracht hatte, hatte der Sultan
befohlen, die Zelte in Thessalien abzubrechen und in Gewaltmärschen
nach Anatolien zu ziehen. Wenn es stimmte, was Suleyman schrieb, dann
stand Timur bereits kurz vor der Stadt. Nachdem sein Sohn die
Befestigungsanlagen hatte ausbauen lassen, wartete er nun mit seinen
20 000 Reitern darauf, dem Tataren die Stirn zu bieten. Doch die
Berichte seiner Spione ließen ihn fürchten, dem Ansturm
nicht gewachsen zu sein. Daher hatte er seinem Vater eine Nachricht
zukommen lassen. Und da sich Theodor Palaiologos tatsächlich in
seiner uneinnehmbaren Festung verschanzt hatte, hatte Bayezid
beschlossen, das Unterfangen in Griechenland erst einmal aufzugeben.
Wenn diese Made von Theodor sich zu einem Handlanger des
Malteserordens machen wollte, bitte! Die Festigung der osmanischen
Herrschaft in der Morea konnte Bayezid auch seinen Provinztruppen
überlassen. Vielleicht gelang es seinen Sipahi – seinen
Lehensreitern – das Nest auszuräuchern und wertvolle
Geiseln zu machen. Er selbst hatte im Moment andere Sorgen. Er schob
den Kiefer nach vorn und bearbeitete seine Oberlippe mit den Zähnen.
        Blind
für die Schönheit der von Palmen und Feigenbäumen
unterbrochenen Landschaft, duckte er sich tiefer über den Hals
seines Hengstes und fegte über den steinigen Boden. Glitzernd
warf das Marmarameer zu seiner Linken das Licht der hoch am Himmel
stehenden Sonne zurück, und zu einem anderen Zeitpunkt hätte
Bayezid die Armee in einer der Buchten Rast machen lassen. Da jedoch
jede Minute zählte, trieb er sein Reittier erbarmungslos weiter
an, indem er mit einer kurzen Peitsche auf es eindrosch. Zur Rechten
des Zuges blitzte der Manyas
Kuş Gölü
– der Manyas-Vogel-See
– durch das hohe Gras, und das rosarote Gefieder einer Schar
Flamingos zog für einen kurzen Moment den Blick des

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