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Die Heilerin des Sultans

Die Heilerin des Sultans

Titel: Die Heilerin des Sultans Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silvia Stolzenburg
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Fittiche,
der sie in die Eingeweide des Palastes scheuchte.
        Als
schließlich alle aufgeteilt waren, trat einer der Offiziere vor
die Knaben und herrschte sie in makellosem Latein an: »Ihr seid
zu alt, um in die Provinzen geschickt oder für den Palastdienst
ausgewählt zu werden. Eure militärische Ausbildung beginnt
sofort.« Damit winkte er einige Bewaffnete zu sich, welche die
jungen Männer in die Mitte nahmen und sie ebenfalls in den
nächsten Hof trieben. Von dort aus ging es durch ein weiteres
Tor, bis Falk und seine Leidensgenossen schließlich vor einem
kleinen, mit bunten Kacheln geschmückten Gebäude anlangten,
dessen Tür weit offen stand. Nichts von dem, was er auf dem Weg
sah, bestätigte Antonios Schwarzmalerei. Und allein das genügte,
dass er sich trotz aller Unsicherheit ein wenig entspannte. »Trödelt
nicht!« Die hohe Fistelstimme ließ Falk erschauern. Ein
fetter Kerl mit weibischen Gesichtszügen tauchte aus dem Gebäude
auf und wedelte ungeduldig mit den Händen. »Der Hekim wartet bereits!« Mit
diesen Worten grabschte er nach Falk und den beiden Jungen, die ihm
am nächsten waren, und beförderte sie unsanft in das
Dämmerlicht des kleinen Baus. Dort brannten Feuer in
Kohlebecken, und ein eigenartiger Geruch ließ Falk schnuppern.
Um was es sich handelte, konnte er nicht feststellen, aber als ihr
Führer eine Tür aufstieß, erstarrte er zur Salzsäure.
In der Mitte des Raumes befand sich ein Tisch, an dem Riemen
befestigt waren. Bevor Falk sich versah, hatten ihn zwei kräftige
Helfer gepackt, auf den Tisch geschnallt und ihm die Hose
heruntergezogen. Ohne auf seinen lautstarken Protest zu achten,
traten ein dunkelhäutiger Mann und eine verschleierte Frau neben
ihn und machten sich in seinem Schritt zu schaffen. In der Hand des
Mannes blitzten ein Messer und eine Art Schere, und als Falk den Mund
zu einem weiteren Ruf öffnen wollte, legte sich ein Tuch
darüber. Der Geruch, der davon ausströmte, benebelte ihm
die Sinne. Dennoch spürte er deutlich, wie sich eine raue Hand
um seine Männlichkeit legte und ihn ein stechender Schmerz
durchzuckte.

Kapitel 44
     
    Wie vom
Donner gerührt starrte Sapphira auf die Stelle, an der die erste
Gruppe der Neuankömmlinge verschwunden war. Nachdem sie der Tabibe geholfen hatte, ihre Salben und Instrumente in den
flachen Bau zu schaffen, hatte diese ihr gestattet, ins Hospital
zurückzukehren; worüber Sapphira in Anbetracht dessen, was
die jungen Männer erwartete, mehr als froh war. Doch es war
weder die überwältigende Wand der Furcht noch das Wissen
darum, was das Messer des Hekims den zukünftigen
Janitscharen antun würde, das sie auf der Stelle festnagelte.
Vielmehr war es das blasse Azurblau, welches mit einem der Gefangenen
durch die Tür verschwunden war, das ihren Atem zum Stocken
brachte. Wie Yahya umflackerte den dunkelhaarigen Knaben die Farbe, die Sapphira stets an einen wolkenlosen Sommerhimmel
erinnerte. Als ob sein Bild sich in ihre Lider eingebrannt hätte,
sah sie ihn selbst dann noch vor sich, als sie die Augen schloss, um
ihren Herzschlag zu beruhigen und die Fassung wiederzuerlangen. Von
den Grübchen in seinen Wangen bis hin zu den seltsam
bernsteinfarbenen Augen, grub sich seine Erscheinung in ihre
Erinnerung ein und fraß sich in ihre Seele. Mit einem
sichtlichen Ruck zwang sie sich dazu sich zusammenzunehmen, kehrte
den Gefangenen den Rücken und eilte zurück ins Darüssifa. Dort hastete sie den Gang zwischen den Betten entlang in das
hospitaleigene Hamam und schloss heftig atmend die Tür.
Während sich ihr Puls allmählich beruhigte, lehnte sie sich
gegen die kühle Wand und sog bewusst den Duft der Seifen und Öle
ein. Warum machte ein gewöhnlicher Militärsklave einen
solchen Eindruck auf sie? Der betörende Geruch von Pfirsich
lullte sie ein und beruhigte sie ein wenig. Vielleicht konnten die
vertrauten Gerüche die befremdliche Anziehungskraft auslöschen,
die der junge Mann auf sie ausübte. Mit geschlossenen Augen ließ
sie sich einige Momente lang von den Wohlgerüchen einhüllen
und versuchte, die Empfindung abzuschütteln. Je heftiger sie das
Gefühl jedoch in den Hintergrund drängte, desto mehr
verstärkte es sich, bis sich schließlich Ärger über
die eigene Torheit hinzugesellte. Was, in drei Teufels Namen, hatte
der Fremde an sich, dass er sie derart aus dem Gleichgewicht bringen
konnte?, fragte sie sich und schlug ungehalten die Augen wieder auf.
        Einem
Impuls folgend, löste sie sich

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