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Die Heilerin des Sultans

Die Heilerin des Sultans

Titel: Die Heilerin des Sultans Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silvia Stolzenburg
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Frau ins Bad zu bringen, wo Sapphira sie
behutsam in eines der Warmwasserbecken gleiten ließ. Dann
träufelte sie eine Essenz aus Fichtennadeln in das dampfende
Nass und rieb die Kranke mit einem weichen Schwamm in kreisenden
Bewegungen ab.
        Während
sich die Patientin allmählich ein wenig entspannte, schweiften
Sapphiras Gedanken gegen ihren Willen zurück zu dem jungen
Janitscharen. Wo er wohl herkam? Zwar war sein Haar schwarz und seine
Haut sonnengebräunt, aber seine Gesichtszüge wirkten
fremdländisch und seltsam eckig. Sie kaute selbstvergessen an
ihrer Lippe, während sie versuchte, behutsam die Steifheit aus
dem Körper der Hofdame zu massieren. Ob er tatsächlich so
furchtlos war, wie er ihr erschienen war? Als geschähe es in
ebendiesem Augenblick, sah sie ihn vor sich, wie er versuchte, sich
mit einer trotzigen Bewegung aus dem Griff des Eunuchen zu befreien;
sah die energische Linie seines Kinns und die unwillig gerunzelten
Brauen. Erneut breitete sich ein seltsames Gefühl in ihr aus,
das selbst ihre Fingerspitzen erreichte. Was war nur los mit ihr?
Ärgerlich über sich selbst, schüttelte sie ein
weiteres Mal den Kopf und griff nach einem weichen Badetuch. »Gebt
mir Eure Hand«, forderte sie die Kranke auf und half ihr aus
dem Becken. Dann wickelte sie die Frau in das Pestemal ein und begann, sie im Bad
auf und ab zu führen. Als sie die Patientin eine halbe Stunde
später zurück zu ihrem Lager brachte, war sie beinahe froh
über die Neuigkeiten, die sie erwarteten. »Der Sultan ist
auf dem Rückweg«, verkündete die Tabibe. »Und mit ihm viele
Verwundete. Ich fürchte, die nächsten Tage werden alles
andere als ruhig.« Ihr Blick wanderte zum Westflügel des
Hospitals. »Wir sollten zusehen, dass genug Salben und
Verbandsstoff vorhanden sind.« Sie zog die Oberlippe hoch. »Ich
bezweifle, dass diese schlechte Entschuldigung für einen Hekim ohne unsere Hilfe auskommt.«

Kapitel 45
     
    Zwischen
Ulm und Katzenstein, Hochsommer 1400
     
    Am liebsten
hätte Otto jemanden erschlagen. In gestrecktem Galopp preschte
er den festgetrampelten Pfad am Rand eines Kieferngehölzes
entlang, aber egal wie sehr er sich und sein Reittier antrieb, die
Wut in seinem Bauch blieb. Nachdem er in einem Tobsuchtsanfall den
Sohn eines Ulmer Gastwirtes verprügelt hatte, war er am Morgen
Hals über Kopf aus der Stadt aufgebrochen – um 75 Gulden
erleichtert, die inzwischen in der Truhe seines gierigen
italienischen Bancherius ruhten. Mit einem lautlosen Fluch
setzte er über einen halb vermoderten Ast hinweg, der ihm
bereits im Frühjahr auf dem Weg zum Pferdemarkt ein Dorn im Auge
gewesen war. Wenn es seine Bauern wären, hätte er
schon längst dafür gesorgt, dass das faule Gesindel dieses
Hindernis aus dem Weg räumte. Schäumend drosch er seinem
Reittier den Zügel über den Hals, und als der Apfelschimmel
protestierend den Kopf warf, rammte er ihm die Hacken in die Flanken.
Seine Bauern! Er presste grimmig die Zähne aufeinander, als er
sich fragte, wie viele von diesen treulosen Hunden in der
Zwischenzeit das Weite gesucht hatten. Es war wie verhext! Hatte er
vor dem Gespräch mit diesem vermaledeiten Lutz noch das Gefühl
gehabt, alle Trümpfe in der Hand zu halten, hatte die Drohung
des Verwalters sein Kartenhaus zum Einsturz gebracht wie ein
gewaltiges Erdbeben. Er kniff die Augen zusammen. Die Sonne, die
einem flimmernden Feuerball gleich am Himmel stand, bereitete ihm
Kopfschmerzen. Fühlte sich sein Kopf nicht ohnehin an, als ob er
zerspringen wollte?! Mit jedem Huftritt schien das Stechen in seinen
Schläfen tiefer zu dringen – beinahe als triebe ihm jemand
eine hauchdünne Klinge ins Gehirn. Ärgerlich beugte er sich
weiter über die Mähne seines Hengstes und versuchte, das
triumphierende Lächeln auf Lutz Metzlers Gesicht zu vergessen.
Doch seine Bemühungen waren vergeblich. »Ansonsten könnt
Ihr versuchen, Eure Forderungen gegen zwei der mächtigsten
Männer des Landes durchzusetzen!« Deutlich hallten die
Worte in seinem Verstand wider. Als ob er sich mit dem Grafen von
Württemberg anlegen würde! Oder gar dem Grafen von
Helfenstein, gegen dessen Gesellschafft mit Sankt Wilhelm er
so viel ausrichten konnte wie ein Kind gegen einen erprobten Kämpfer.
Er zog dem Apfelschimmel ein weiteres Mal den Zügel über
den Hals. Sobald er in Katzenstein war, würde er nach einem
Mittel suchen, wie er diesen Stachel aus seinem Fleisch entfernen
konnte, ohne sich dabei weiteren Schaden zuzufügen.

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